Planerisches Muss oder Naturschändung?

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KOMMERN. Die Fronten sind geklärt. Dass die Bürgerinitiative Kontra Ostring gegen die Umgehungsstraße von Kommern nach Mechernich ist, sagt schon der Name. Doch wie stehen eigentlich die Parteien im Mechernicher Stadtrat zu der Straße? Ganz klare Antworten darauf gab es bei einer Podiumsdiskussion, zu der die Bürgerinitiative ins Kommerner Bürgerhaus eingeladen hatte.

Weit über 200 Bürger wohnten der Diskussion mit Parteivertretern, Mitgliedern der Bürgerinitiative, einem Straßenbauexperten, Vertretern der Mechernicher Verwaltung und zwei Mitgliedern von Umweltschutzorganisationen bei. Moderiert wurde die Diskussion vom Kölner Journalisten Wolfgang Meyer. Und neben den Aussagen der Politiker ging es vor allem um eine Frage: Dient der Ostring der Entlastung oder der Erschließung?

Darüber entspann sich eine Kontroverse zwischen den Vertretern der Bürgerinitiative, Nathalie Konias und Bernd Rudolph, und den beiden Vertretern der Mechernicher Verwaltung, dem Stadtplaner Thomas Schiefer und dem Beigeordneten Christian Baans.

Entlastung

oder Erschließung?

Der Vorwurf der Bürgerinitiative lautet, dass es den Verantwortlichen gar nicht um die Entlastung der geplagten Bürger gehe, sondern um die Erschließung neuer Baugebiete. „Aus irgendeinem ominösen Grund geistert immer die Zahl von 30 000 Bürgern für Mechernich in den Köpfen umher“, so Bernd Rudolph. Um diese Zahl zu erreichen, müsse der Ostring her. „Wir brauchen den Ostring für die Erschließung neuer Baugebiete. Kommt die Erschließung nicht, brauchen wir auch den Ostring nicht“, zitierte Bernd Rudolph eine angebliche Aussage des Mechernicher Stadtplaners.

Thomas Schiefer wehrte sich: „Wenn Sie mich so zitieren, dann müssen wir bei kommenden Gesprächen wohl Protokolle anfertigen.“ Natürlich sehe der 2006 beschlossene Flächennutzungsplan neue Bauflächen in Kommern und Mechernich vor. Durch Zuzug entstehe die Chance, die geschaffene Infrastruktur, bestehend aus Schulen und Kindergärten, vor allem vor dem Hintergrund des demographischen Wandels optimal auszunutzen, so Schiefer. Und: „Warum dürfen Sie das Recht haben, Herr Rudolph, im Grünen zu wohnen und anderen Menschen, die vielleicht hier hinziehen wollen, verwehren Sie dieses Recht?“

Rudolph konterte: „Warum ist denn diese Infrastruktur überhaupt geschaffen worden, wenn sie in der Zukunft nicht ausgelastet ist?“ Eine nachhaltige Stadtentwicklung müsse her. Es könne schließlich nicht sein, dass in der Fläche gebaut werde und die Innenstädte verödeten. Das Konzept der Stadt Mechernich sei antiquiert und aus den 70er Jahren. „Die moderne Politik - auch die des Landes - ist eine andere“, sagte Rudolph.

Der Beigeordnete Christian Baans konterte, die Leute stimmten eben mit den Füßen ab. „Es ist ein Bedürfnis da, hier bei uns zu bauen“, so Baans. Der Zuzug von Einwohnern komme schließlich allen zugute, weil die Fixkosten der Infrastruktur wie Schulen, Kindergärten oder Kanalnetz auf viele Schultern umgelegt werden.

Moderator Wolfgang Meyer hakte hier ein und fand ein plakatives Schlusswort für diese Diskussion: „Herr Baans, das klingt ein wenig so, als würde ich im ganzen Haus Energiesparlampen verwenden, um dann alle Lampen anzumachen, damit ich den Energiespartarif erhalte.“

Die Standpunkte

der Parteien

Unterdessen hatte Rudi Mießeler, der für die CDU an der Podiumsdiskussion teilnahm, keinen leichten Stand. Es ging um die Frage: Für oder gegen den Ostring? Als Befürworter dieser Maßnahme musste Mießler gegen zahlreiche Gegner auf dem Podium und gegen die Mehrheit im Publikum anreden.

„Diese Straße soll vor allem der Entlastung der geplagten Anwohner an Mechernicher Weg, Schimmelsweg und Weierstraße dienen“, so Mießeler. Allerdings machte er auch Einschränkungen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung, deren Ergebnisse im Herbst 2010 erwartet werden, werde zeigen, ob der Nutzen der Straße höher zu bewerten sein werde als der Eingriff in die Natur. Dann werde die CDU gegebenenfalls neu nachdenken.

Für die SPD machte Egbert Kramp erst auf Nachfragen des Moderators Meyer eine eindeutige Aussage: „Wir erteilen dem Ostring eine ganz klare Absage.“ Zuvor hatte Kramp aus einem Vorstandsbeschluss seiner Partei zitiert, wonach erst die Auswirkungen des Bahnbergdurchstichs für den Verkehr in der Stadt abgewartet werden sollten und es dann eine weitere Prüfung geben solle.

„Es gibt bessere und intelligentere Lösungen“, sagte Franz Troschke von der UWV. Seine Fraktion lehnt den Ostring vehement ab. Es sei unverantwortlich, für diese „frevelhafte Naturschändung“ Geld auszugeben. Geld, das weder Bund, Land noch Stadt in der derzeitigen Situation hätten. Hier werde auf Kosten nachfolgender Generationen eine unnötige Maßnahme geplant.

Die Grünen sind natürlich dagegen. „Das waren wir schon immer“, sagte Peter von Wilcken. Er stellte eine provokante Frage: „Welcher Schaden entsteht, wenn der Ostring nicht gebaut wird?“ Eine Antwort darauf gab es am Abend nicht. Darüber hinaus kritisierte von Wilcken die fehlende Planungsvision. In Mechernich werde immer nur an den Tag gedacht und nicht darüber hinaus. Als Ästhet sagte von Wilcken: „Wie diese Landschaft durch die Straße zerrissen wird, tut mir im Auge weh.“

Und was ist mit der FDP? „Wir sind nicht für den Ostring, aber wir möchten irgendeine Lösung, um über diesen Berg von Kommern auf die andere Seite zu gelangen“, sagte Árpád Konovaloff. Dafür müssten Lösungen - in Zusammenarbeit mit einem Verkehrsplaner - gefunden werden.

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