Am Bahnhof HannoverSchwangere nach gescheiterter Abschiebung allein gelassen

Lesezeit 3 Minuten
Bahnhof Hannover Symbolbild

Die schwangere Frau und ihr Sohn wurden am Bahnhof udn Hannover einfach sich selbst überlassen. (Symbolbild)

Ingelheim – Ein Polizeieinsatz zur misslungenen Abschiebung einer schwangeren Frau aus dem Iran hat ein Nachspiel. Sowohl die nächtliche Abholung aus der Uniklinik in Mainz als auch der Umgang mit der jungen Mutter in Hannover müsse überdacht werden, sagte die Landrätin des Kreises Mainz-Bingen, Dorothea Schäfer (CDU), am Montag in Ingelheim.

Das rheinland-pfälzische Integrationsministerium will nach eigenen Angaben das weitere Vorgehen mit der zuständigen Ausländerbehörde erörtern, „damit gemeinsam eine tragfähige Lösung entwickelt werden kann“.

Familie weigerte sich, die Maschiene zu betreten

Die 29-Jährige, ihr aus dem Abschiebegefängnis Ingelheim geholter Mann und ein eineinhalbjähriger Sohn wurden in der Nacht vom 17. zum 18. Oktober mit zwei Polizeibussen und einem Rettungswagen von Mainz nach Hannover gebracht. Entsprechend der Dublin-Regelung sollte die Familie nach Kroatien gebracht werden, wo sie nach ihrer Flucht aus dem Iran zuerst registriert worden war.

Auf dem Flughafen habe sich die Familie geweigert, die von der Bundespolizei in Koblenz bestellte Maschine nach Zagreb zu betreten, sagte der Leiter der Ausländerbehörde Mainz-Bingen, Bernd Mißkampf. Der Pilot lehnte es daraufhin ab, die Familie zu befördern.

Mit 100 Euro am Bahnhof stehen gelassen

Daraufhin wurde der Vater wieder ins Abschiebegefängnis Ingelheim gefahren. Die Iranerin und ihr Sohn wurden nach Angaben Mißkampfs von der Polizei zum Bahnhof in Hannover gebracht und mit einem Handgeld von 100 Euro sich selbst überlassen. Sie habe eine Jogginghose, ein Sweat-Shirt, eine leichte Winterjacke und Hausschuhe getragen, sagte der Behördenleiter. „Sie wollte keine geschlossenen Schuhe anziehen.“

Nach einem Bericht der „Allgemeinen Zeitung“ erließ ein Bahnmitarbeiter der Mutter den für die Fahrkarte noch fehlenden Betrag von fünf Euro und gab ihr zusätzlich Geld, um sich etwas zu essen zu kaufen. Die Frau folgte dann der Auflage, sich wieder in ihrer Landesunterkunft in Ingelheim (Kreis Mainz-Bingen) zu melden.

Landrätin:„Das lässt einen nicht kalt“

„Über dieses Vorgehen muss man sich unterhalten“, sagte Landrätin Schäfer. Sie traf am Montag mit Vertretern der Polizei zusammen, um über den Ablauf der gescheiterten Abschiebung zu sprechen. „Natürlich lässt einen das nicht kalt“, sagte die Landrätin und kündigte an, über den Vorgang im Kreistag zu beraten.

Dem Integrationsministerium sei es ein wichtiges Anliegen, der besonderen humanitären Situation der betroffenen Familie gerecht zu werden, erklärte am Montag ein Sprecher. „Vor allem, da die betroffene schwangere Mutter aufgrund ihrer Diabeteserkrankung auf eine gute medizinische Versorgung angewiesen ist.“

Für die Behörden im Kreis Mainz-Bingen ist die Rechtslage klar. „Wir haben die vollziehbare Ausreisepflicht, zwingende Duldungsgründe haben wir nicht“, sagte der Leiter der Ausländerbehörde Mainz-Bingen, Mißkampf. Die Ablehnung des Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erfolgte nach seinen Angaben aufgrund der Dublin-Regelung, eine mögliche Verfolgung der Familie im Iran wurde demnach nicht geprüft. (dpa)

Rundschau abonnieren