BGH-UrteilBäckereicafés dürfen sonntags durchgehend Brötchen verkaufen

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Nach dem Urteil dürfen Bäckereicafés sonntags über die Ladenschlusszeiten hinaus Brötchen und Brote verkaufen.

Karlsruhe – Wer sonntags gern frische Brötchen isst,  kann die beim Bäcker seines Vertrauens ganztags kaufen – so lange die Bäckerei  ihm eine Sitzgelegenheit und einen Tisch  bietet und der Kunde die Brötchen damit auch vor Ort essen kann. Der Bundesgerichtshof hat am Donnerstag entschieden, dass Bäckereien mit einem angeschlossenen Café sonntags über die Ladenschlusszeiten hinaus Brötchen und Brote verkaufen dürfen (Aktenzeichen I ZR 44/19). Als „zubereitete Speisen“ dürften Brot und Brötchen dort von früh bis spät abgegeben werden.

Bäckereien in Deutschland

Branche

Dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks gehören 10.926 Betriebe mit rund 270.400 Beschäftigten an. 

Zweigstellen

Bundesweit gibt es laut Bundesverband etwa 55.000 Bäckereifilialen.

Konsum

2018 kauften die Deutschen 1,7 Millionen Tonnen Brot.

Der BGH hat mit seiner Entscheidung die  Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauter en Wettbewerbs endgültig abgelehnt. Die Wettbewerbshüter hatten bereits  vor dem Landgericht München und dem Oberlandesgericht München verloren. Geklagt hatten sie gegen eine Münchner Bäckereikette, der sie illegalen Backwarenverkauf in mehreren Fällen vorgeworfen hatten. Testkäufer, die dem Vernehmen nach von Konkurrenten angeheuert worden waren, hatten im Februar 2016 sonntags um kurz nach elf Uhr vormittags Backwaren gekauft und und gegen 15.45 noch einmal. Dazwischen lagen dreieinhalb Stunden – aus Sicht der Wettbewerbs-Zentrale wr das illegal, weil in Bayern der Sonntagsverkauf auf drei Stunden beschränkt ist. In NRW ist dies für fünf Stunden erlaubt, in Berlin sogar für neun Stunden.

Sonntag einer der stärksten Verkaufstage

Die zeitliche Beschränkung gilt auch aus Sicht der Karlsruher Richter indes nur für reine Verkaufsbetriebe, nicht aber für Filialen, bei denen es sich um „Gaststättengewerbe im Sinne von Paragraf1 Absatz eins des Gaststättengesetzes handelt“. So l ange also  Brötchen-Verkäufer auch Cafés betreibt, in denen „Getränke und Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht“ werden, gelten die Regelungen des Gasstätten-Gesetzes. Das heißt: Er darf Brot und Brötchen jederzeit außerhalb der Sperrzeiten verkaufen.

Der Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks begrüßte die Entscheidung des Bundesgerichtshofs. „Das ist ein Riesenerfolg für die Branche“, sagte Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider unserer Redaktion. In der Vergangenheit hätten die Bäckereibetriebe hinnehmen müssen, „dass Tankstellen, Bahnhofssupermärkte und andere 365 Tage im Jahr Industriebackwaren verkaufen“.  Für viele Handwerksbäckereien seien die Sonn- und Feiertage die umsatzstärksten Tage und eine Möglichkeit, sich gegen die Konkurrenz der Tankstellen und Discounter zu behaupten“, so Verbandspräsident Michael Wippler.  Andreas Ottofülling vom „Es ist absoluter Schmarrn, dass wir jemandem di e Sonntagssemmel verbieten wollen“, stellt Andreas Ottofülling aus dem Münchner Büro der Wettbewerbsschützer auf gut Bayrisch klar. Aber der Sonntag sei im Bäckereiwesen inzwischen einer der stärksten Verkaufstage. „Umso mehr müssen hier gleiche Marktbedingungen herrschen.“

Unterschiedliche Anforderungen in den Ländern

Welche Konsequenzen das Urteil haben wird, bleibt offen. „Die Frage, ob und wie lange jemand sonntags verkaufen willl, hängt auch an anderen Faktoren –beispielsweise am Standort oder an der Frage, ob der Betreiber  höhere Feiertagszuschläge für seine Beschäftigten zahlen will“, gab Schneider zu bedenken. Außerdem gibt es in den einzelnen Bundesländern auch sehr unterschiedliche Anforderungen an Gaststätten. Manche müssen beispielsweise zusätzlich eine Toilette anbieten, andere nicht.

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