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Bundeswehr im KampfmodusNato-Prüfer loben die deutschen Soldaten

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Ein Schützenpanzer CV-90 (l) und ein Kampfpanzer Leopard 2 des norwegischen Telemark Bataillons dringen in die Militär-Übungsstadt Schnöggersburg vor.

Letzlingen – Die Speerspitze ist aus Stahl und schießt aus voller Fahrt. Zwölf Zentimeter dicke Pfeilgeschosse brechen die feindlichen Panzer in zwei Kilometern Entfernung. Schon nach 20 Minuten hat die Bundeswehr sich mit modernen Leopard-2-A6-Kampfpanzern den Zugang zu „Schnöggersburg“ gesichert. Nach weiteren 20 Minuten ist jedes Haus durchkämmt, nun kann auch der Flughafen zurückgewonnen werden.

Noch ist diese Reaktion der Nato auf die Annexion der Krim nur eine Übung. Aber ab 1. Januar stehen 5000 Soldaten der Bundeswehr bereit, in kürzestmöglicher Zeit als Nato-Speerspitze weltweit in Krisen und Kriege einzugreifen. Sie werden von 3000 Soldaten aus neun anderen Nationen unterstützt. Nach den intensiven Gefechten in der Altmark bei Magdeburg haben die Nato-Prüfer die Deutschen nun offiziell zertifiziert. Ihre Kampfbereitschaft und ihre Kriegstauglichkeit bekamen die Bestnote „Exzellent“.

Höchster Ausbildungsstand für Speerspitzen-Soldaten

Seit mehr als einem Jahr werden die künftigen Speerspitzen-Soldaten auf höchsten Ausbildungsstand gebracht. Die Zeitsoldaten freut’s. Sie haben sich schließlich nicht zum Panzerputzen verpflichtet. Sie wollen auch erleben, was kämpfen zu können bedeutet. Jeder Speerspitzen-Soldat muss an jedem der 365 Tage binnen zehn Stunden in der Kaserne sein. Die Vorhut soll zwei bis drei Tagen nach der Alarmierung aufbrechen, die Hauptkräfte nach fünf bis sieben Tagen. Weite Urlaubsreisen sind da nicht möglich. Derzeit gilt eine 45-Tage-Einsatzfähigkeit. Das Heer nutzt diese Zeitspanne, um das im ganzen Heer zusammengesuchte Material für die Speerspitzen-Truppe zu kennzeichnen und wieder zu verteilen, damit auch andere Einheiten weiter daran ausgebildet werden können.

Nächstes Jahr geht das dann nicht mehr, dann muss die deutsche Speerspitze alles griffbereit haben. Auch die Munition ist dann jederzeit verladefähig im Container. Die Schutzwesten sollen ab August verfügbar sein, im Herbst dann der besondere persönliche Kälteschutz. Nach wie vor ist die Truppe auf Kante genäht, gehört die Improvisation zur ersten Logistikerpflicht.

Im Herbst 2014 hat die Nato die Schalter umgestellt, die Bundeswehr in der Folge den Ausverkauf der Panzer gestoppt. Mühsam muss sie erst wieder die Landesverteidigung professionalisieren. Das bedeutet, Panzer auf die Schiene zu bringen, Verträge über Truppentransport mit anderen Ländern auszuarbeiten. Im Herbst soll der Nachweis gelingen, dass Land-, See- und Lufttransport im großen Stil wieder funktionieren: 40 000 Soldaten üben dann in Norwegen bei „Trident Juncture“. Natürlich ist es eine weitere Feuerprobe für die deutsche Speerspitzen-Truppe.

Wie realistisch sind Panzerkampf und Häuserschlacht?

Wie gut, dass diese Abwehrschlacht schon Monate im Voraus logistisch genau durchgeplant werden kann. Das unterscheidet sie von dem eigentlichen Speerspitzen-Anspruch, binnen weniger Tage überall auf der Welt eingreifen zu können. Auch das intensive Gefecht in der Altmark zeichnet sich dadurch aus, dass der Feind seine Rolle genau so spielt, wie es in die Abläufe passt. Wenn der deutsche Koordinator des Angriffs die feindlichen Kräfte aus der Übungsstadt locken will, dann lassen sie sich auch hinauslocken. Und wenn die Deutschen Überlegenheit an Artillerie, Infanterie und Kampfhubschraubern haben, dann setzt der Feind prompt nichts Überraschendes dagegen. So lernen die Soldaten zwar ihr Handwerk von der Panzerschlacht bis zum Häuserkampf, doch wie realistisch das ist, steht nicht auf dem Übungsblatt.

Denn da sind keine Zivilisten in der Übungsstadt, nur brav als Feinde gekennzeichnete Uniformierte. Wenn das die Antwort der Nato auf die Ukraine-Krise ist, dann hat die Nato vergessen, dass in der Ukraine „Zivilisten“ Straßensperren errichteten, dass sich russische Soldaten in ihrem „Urlaub“ mit ihren Gewehren lediglich „verlaufen“ hatten, dass Familien als menschliche Schutzschilde missbraucht wurden. Auf das alles ist die „Speerspitze“ nicht vorbereitet. Und angezettelte Unruhen sind Sache des jeweils betroffenen Staates, stellt Heeres-Inspekteur Jörg Vollmer fest. 

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