Frage des TagesKann es Entspannung mit Russland geben?

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Putin

Wladimir Putin, Präsident von Russland

Paris – Unmittelbar vor dem Ukraine-Russland-Gipfel in Paris steigt der Druck auf Kremlchef Wladimir Putin. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) forderte von Moskau ein stärkeres Entgegenkommen in dem jahrelangen Konflikt der beiden Nachbarn, bei dem nach UN-Schätzung bereits rund 13 000 Menschen ums Leben gekommen sind.

Aus dem Amt des französischen Präsidenten Emmanuel Macron hieß es, die Methode des ukrainischen Staatschefs Wolodymyr Selenskyj für eine Entspannung habe Ergebnisse gebracht – nun sei es Zeit für eine „russische Antwort“. Die Lage vor dem Treffen, das nach seiner Gründung in der Normandie benannt ist:

Die russische Sichtweise:

Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte, dass es Grund für vorsichtigen Optimismus gebe und sich im zerstörten russisch-ukrainischen Verhältnis etwas ändere. Schon so eine persönliche Begegnung an sich sei angesichts der schweren Konfrontation zwischen Moskau und Kiew ein Erfolg. Wichtig sei, sich über die wichtigsten Punkte des Konflikts zu verständigen. Russland besteht etwa darauf, dass die Regierung in Kiew mit den Führungen der nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk direkt in Dialog tritt, um den Konflikt zu lösen. Die Fronten hier sind aber verhärtet.

Der Blick aus Kiew:

Der ukrainische Präsident hat immer wieder betont, dass das Ende des Kriegs in den Regionen Donezk und Luhansk Vorrang habe für ihn. Selenskyj spürte nach eigenen Angaben bei einem Besuch der Regierungstruppen an der Front Widerstand gegen mögliche Zugeständnisse an die Separatisten im Donbass. Die Opfer des Krieges im Kampf um die ukrainischen Gebiete dürften nicht umsonst sein. Der Präsident will die für Herbst 2020 angesetzten Wahlen im ganzen Land abhalten – also auch in den Separatistengebieten. Ein Zeichen, das die Menschen im Land einen soll.

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Sonderstatus für den Donbass:

Bis Silvester gilt zwar noch ein Gesetz, das einen Sonderstatus mit sprachlicher, kultureller sowie wirtschaftlicher Autonomie und eigenen Justiz- und Sicherheitsorganen nach Wahlen vorsieht. Das Kiewer Parlament hat allerdings kaum noch Zeit, ein neues Gesetz zu verabschieden oder das alte zu verlängern.

Entmilitarisierung:

In Paris soll es auch um weitere Abschnitte für den Entflechtung genannten Truppenabzug von der Frontlinie gehen. In der ukrainischen Presse kursieren neun Orte. Doch strebt Selenskyj  eine Entmilitarisierung der ganzen über 400 Kilometer langen Kontaktlinie an.

Gefangenenaustausch:

Priorität hat für den ukrainischen Staatschef ein Gefangenenaustausch „aller gegen alle“. Aktuell wird ein Austausch von 250 Gefangenen aus Kiew gegen 100 aus Luhansk und Donezk diskutiert.

Grenzkontrolle und Wahlen:

Kiew beharrt auf der Rückgabe der Kontrolle des ukrainisch-russischen Grenzabschnitts vor der Abhaltung von Wahlen in den Gebieten Luhansk und Donezk. Der Minsker Friedensplan von 2015 sieht dies jedoch erst nach dem Urnengang und der Verankerung des Sonderstatus für die Separatistengebiete in der Verfassung vor.

Erdgasstreit:

Offiziell ist das zwar kein Gipfelthema, aber konfliktträchtig ist es trotzdem. Russland ist weiter auf die Ukraine als wichtigstes Transitland für seine Gaslieferungen in die EU angewiesen – auch weil die Ostseepipeline Nord Stream 2 erst Mitte 2020 voll funktionstüchtig sein soll. Die finanziell klamme Ukraine wiederum braucht die Einnahmen aus den Transitgebühren. Der Transitvertrag über Durchleitungsmengen und -gebühren läuft Ende dieses Jahres aus. Putin und Selenskyj könnten hier die Richtung vorgeben. Dass es eine rasche Lösung gibt, daran haben beide ein Interesse. (afp)

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