Frage des TagesSollte jeder automatisch Organspender werden?

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Aktuell muss sich jeder Spender noch registrieren lassen, um einen Organspendeausweis zu erhalten.

Am Donnerstag wird es ernst. Der Bundestag entscheidet über das neue Orrganspendegesetz.

Was steht zur Debattte?

Es ist zu entscheiden, ob künftig jeder Mensch in Deutschland ein Organspender ist – es sei denn er hat dem widersprochen oder seine Angehörigen tun es nach dem Tod. Sollte sich dieser Gesetzentwurf, hinter dem unter anderem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) steht, durchsetzen, würde in Deutschland – wie auch in vielen anderen Ländern – die Widerspruchslösung gelten.

Ein konkurrierender Gesetzentwurf, der unter dem Stichwort „Entscheidungsbereitschaft“ kommuniziert wird, sieht vor, dass einer Organspende auch weiter bei Lebzeiten zugestimmt werden muss. Aus beiden Gesetzentwürfen spricht der Wille, die Zahl der Organspenden in Deutschland zu erhöhen. Für den zweiten Antrag machen sich unter anderem Grünen-Chefin Annalena Baerbock sowie die früheren Gesundheitsminister, Hermann Gröhe und Ulla Schmidt (SPD), stark. Es gibt noch einen weiteren Antrag der AfD, hinter dem 91 Abgeordnete stehen. Von 205 Abgeordneten weiß man nicht, wie sie entscheiden.

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Wie wird abgestimmt?

Wie bei solchen Abstimmungen üblich wird zuerst der Antrag abgestimmt, dessen Inhalt am weitesten geht. Dies ist die Widerspruchslösung. Sollte es dafür keine Mehrheit geben, wird der nächste Antrag aufgerufen. Bei der Abstimmung am Donnerstag wird entscheidend sein, ob die Skeptiker einer Widerspruchslösung mit „Nein“ oder mit „Enthaltung“ stimmen.

Wie argumentieren die Gegner der Widerspruchslösung?

„Es wäre ein Fehler, die Widerspruchsregelung einzuführen“, sagt Kirsten Kappert-Gonther von der Grünen-Fraktion. Gemeinsam mit Abgeordneten von Union, SPD und FDP hat sie einen vierseitigen Brief an alle Abgeordneten verfasst, der am 13. Januar verschickt werden soll und unserer Redaktion vorliegt. Darin appellieren die Verfasser an die Parlamentarier, für ihren Entwurf „zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ zu stimmen. Sie warnen: „Niemand von uns kann genau wissen, welche Folgen eine Widerspruchsregelung für unsere Gesellschaft hat.

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Wir sollten aber bei all den Patienten, die sich mit der Einführung der Widerspruchsregelung mehr Spenderorgane versprechen, keine falschen Hoffnungen wecken.“ Die Abgeordneten erklären, es solle der Weg der Vertrauensschaffung, Stärkung derBeratung und Aufklärung sowie der Verbesserung der Organisation und Transparenz in den Krankenhäusern weitergegangen werden. Kappert-Gonther mahnt: „Grundsätzlich bedeutet Schweigen nicht Zustimmung.“

Was sagen die Befürworter?

Die Befürworter der Widerspruchslösung sehen Deutschland hingegen unter zunehmendem Druck der übrigen sieben Nationen, die sich zur gemeinsamen Koordinierung von Organtransplantationen zusammengefunden haben. „Deutschland ist das einzige Land im Verbund von Eurotransplant, das keine Widerspruchslösung hat“, kritisiert Volkmar Falk, Direktor der Klinik für Herz-Thorax-Gefäßchirurgie am Deutschen Herzzentrum in Berlin.

Patienten warteten in Spanien ein bis zwei Monate auf einen Herzspender, in Deutschland hätten sie nur auf der Hochdringlichkeitsliste eine reelle Chance, zeitnah transplantiert zu werden. „Auf der normalen Warteliste kann es mehrere Jahre dauern“, sagte Falk. Falk verweist zudem darauf, dass mit der Widerspruchslösung auch eine Haltung vermittelt werde: „Man kann es nicht auf später verschieben, sondern muss sich frühzeitigdamit befassen“, erläutert der Herzchirurg.

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