Frage des TagesWie gefährlich ist die Neonazi-Gruppe Combat 18?

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Combat 18 Razzia

Polizeiwagen stehen vor einem Wohnhaus im Ortsteil Vieselbach. Bundesinnenminister Seehofer (CSU) hat die rechtsextreme Gruppe «Combat 18» verboten. Die Polizei durchsuchte mehrere Objekte in verschiedenen Bundesländern.

Berlin – Bundesinnenminister Horst Seehofer hat das Verbot von „Combat 18“ (kurz: C 18) damit begründet, dass diese Gruppierung eine „Strahlkraft“ unter Rechtsextremisten bekommen habe und als „Symbol des gewaltbereiten Rechtsextremismus verehrt“ worden sei. Die zehn wichtigsten Fragen zu Verein und Verbot.

Wofür steht die Kombination aus „Combat“ und „18“?

Das englische Combat steht für Kampf und orientiert sich am militärischen Sprachgebrauch für kleinere Einheiten, die auch als Kampfgruppen bezeichnet werden. Die Ziffernfolge 18 nimmt Bezug auf den ersten und achten Buchstaben des Alphabetes, also A und H und ist in der Neonazi-Szene das weitverbreitete Zeichen für Adolf Hitler. Es handelt sich hier also um eine selbsternannte „Kampfgruppe Adolf Hitler“.

Woher stammt C 18?

Die Kampfgruppe entstand 1992 als Saalschutz der rechtradikalen British National Party. Doch schon nach kurzer Zeit galt sie als extrem gefährliche Organisation. Sie reklamierte weit über einen „Saalschutz“ hinausgehende Ziele für sich und wurde von den britischen Behörden als eine Art bewaffneter Arm der Bewegung „Blood & Honour“ („Blut und Ehre“ / „B&H“) betrachtet. Diese international agierende Organisation versucht, Neonazi-Bands und Fans rechtsextremistischer und antisemitischer Musik miteinander zu verknüpfen und zählt international Tausende Anhänger. Kanada hat „B&H“ und „Combat 18“ auf die Terrorliste gesetzt.

Folgt der deutsche Ableger dem britischen Vorbild?

Das Innenministerium wies ausdrücklich darauf hin, dass es in Deutschland keinen Hinweis darauf gebe, wonach „Combat 18“ der bewaffnete Arm von „Blood and Honour“ sein könnte. Hier wurde „B&H“ bereits im Jahr 2000 verboten. In der Folge schrieb der Verfassungsschutz der auf rund 20 Mitglieder geschätzten „Combat-18“-Organisation vor allem die Verbreitung von CDs und DVDs mit Neonazi-Musik zu. In der Szene schienen einzelne Rechtsextremisten den C-18-Löwen als Erkennungszeichen und die Bezeichnung vor allem zu verwenden, um die eigene Einstellung zu unterstreichen und sich wichtiger zu machen.

Gibt es einen Zusammenhang zu Morden und anderer Gewalt?

Es gibt Hinweise darauf, dass Stephan E., der mutmaßliche Mörder des hessischen CDU-Politikers Walter Lübcke, in Kreisen verkehrt haben könnte, zu denen auch C-18-Mitglieder gehörten. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Gruppe und dem Mord konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Es gibt sogar ein „Combat 18“ zugeschriebenes Video, in dem sich die Gruppe ausdrücklich von E. distanziert. Auch in der Begründung des Verbotes ist nicht von Gewalttaten die Rede, sondern davon, dass „Combat 18“ als Symbol für gewaltbereiten Rechtsextremismus stehe. Die „neonazistische, rassistische und fremdenfeindliche Vereinigung“ weise in ihrer Zweckrichtung „eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus“ auf.

Wie war die Struktur von C 18?

Den harten Kern bildeten offenbar die Vollmitglieder um den mutmaßlichen Rädelsführer Stanley R. Er wohnte zuletzt in Thüringen, stammt aus Nordhessen und galt dort als aktives Mitglied der Neonazi-Szene. Daneben soll es Unterstützer gegeben haben. Verschiedentlich tauchten diese oder auch Trittbrettfahrer mit Drohschreiben auf, die mit „Combat 18“ als Urheber in Verbindung gebracht werden sollten. Einen Einblick in die Aktivitäten der Gruppe erhielten die Behörden, als die Spezialkräfte der GSG 9 im September 2017 Autos deutscher Neonazis stoppten, die zuvor an Schießübungen in Tschechien teilgenommen hatten. Die C18-Mitglieder aus mehreren Bundesländern wurden wegen Munitionsfunden und Verstößen gegen das Waffenrecht vor Gericht gestellt. Die beschlagnahmten Unterlagen dürften den Behörden nähere Hinweise auf die Struktur und die Steuerung liefern und etwa die Frage beantworten, ob eine – wie wiederholt vermutet – führerlose und in voneinander getrennten Einheiten operierende Organisation angestrebt wurde.

Was ist über regionale Aktivitäten bekannt?

Die Razzien durch mehr als 200 Polizisten richteten sich an diesem Donnerstag vorwiegend gegen Privaträume von mutmaßlichen Mitgliedern und Unterstützern in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Dabei stellten die Polizisten unter anderem Handys, Laptops, Kleidung, NS-Devotionalien, Propagandamaterial, und „waffenrechtlich relevante Gegenstände“ sicher. Die NRW-Grünen verwiesen darauf, dass die Untersuchungsausschüsse bei der Aufklärung der rechtsterroristischen NSU-Verbrechen immer wieder auch auf „Combat 18“ gestoßen seien, ohne eine Mittäterschaft konkret nachweisen zu können. In NRW hätten aber Mitglieder der Gruppierung über 80 Straftaten begangen, darunter auch Körperverletzungs- und Gewaltdelikte. 2003 gingen die Behörden gegen eine Neonazi-Zelle „Combat 18 Pinneberg“ vor, stellten Waffen und Bombenbau-Anleitungen sowie Listen mit den Namen von Politikern und Polizisten sicher.

Wie ist C 18 in Erscheinung getreten?

Vor allem auf T-Shirts von Sympathisanten, die sich des typischen Schriftzuges „Combat 18“, „C 18“ ohne oder mit einem Löwen als weiteres Erkennungszeichen bedienten. Ein offenes Auftreten von „Combat 18“ sei „bewusst nicht“ erfolgt, hält etwa der Verfassungsschutz fest. Die Mitglieder hätten sich zur Verschwiegenheit verpflichtet und seien bei der Planung von Treffen und der Kommunikation konspirativ vorgegangen. Die Verbreitung ihres Gedankengutes sei stattdessen maßgeblich durch den Vertrieb von Musik und Werbeartikeln und durch das Organisieren und Unterstützen rechtsextremistischer Konzerte erfolgt.

Warum hat sich das Innenministerium mit dem Verbot so viel Zeit gelassen?

Spätestens seit dem Lübcke-Mord im Frühsommer vergangenen Jahres erhöhten die Bundesländer den Druck auf den Bundesinnenminister, von der Möglichkeit des Vereinsverbotes Gebrauch zu machen. Horst Seehofer gab Gerüchten um ein bevorstehendes Verbot wiederholt selbst neue Nahrung, betonte jedoch, dass die Details gründlich vorbereitet werden müssten. Die Behörden fürchteten nämlich, dass ein vom Gericht wieder aufgehobenes Verbot den gegenteiligen Effekt für die Szene haben würde. Offenbar bereitete es Probleme, die Erscheinungsformen von C 18 auch eindeutig dem Verein zuordnen zu können. Bereits im Jahr 2017 hatte der Verfassungsschutz die verbalradikale Militanz der C 18 im Ausland von dem Vorgehen in Deutschland unterschieden. Szeneintern werde der Hinweis auf C 18 „in der Regel“ verwendet, um nach außen hin den Eindruck von Gefährlichkeit zu vermitteln.

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Ist der Verein damit endgültig zerschlagen?

Ihm steht zunächst das Recht zu, vor dem Bundesverwaltungsgericht Klage einzureichen. Dafür kann er sich einen ganzen Monat Zeit lassen. Nur wenn er auf Rechtsmittel verzichtet, wird das Verbot in einem Monat bestandskräftig. Dann ist es auch verboten, neue Vereine zu gründen, die erkennbar die Nachfolge von „Combat 18“ antreten sollen.

Wie wird das Verbot von der Politik bewertet?

Die meisten Politiker verweisen einerseits darauf, dass es überfällig gewesen sei, dem Rechtsextremismus dieses Symbol aus der Hand zu schlagen. Andererseits wird vor allem von den Oppositionsparteien kritisiert, dass sich das Innenministerium mit der Verbotsverfügung so viele Monate Zeit gelassen habe. Diese Zeit hätten die C-18-Mitglieder nutzen können, um Beweismittel zu beseitigen. Gleichwohl habe das Verbot zu einer Schwächung rechtsextremistischer Strukturen beigetragen.

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