Frage des TagesWie politisch ist die evangelische Kirche in Deutschland?
Einmal im Jahr kommt die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland zu ihrer Jahrestagung zusammen. Noch bis zum Mittwoch beraten 120 Delegierte aus allen 20 Landeskirchen über den weiteren Weg der evangelischen Kirche. Ein erster Schwerpunkt war am Sonntag der Bericht des Ratsvorsitzenden der EKD: Er zeigte die politischen Schwerpunkte, die die EKD gegenwärtig setzt.
Klimaschutz
Heinrich Bedford-Strohm hat die Bundesregierung zu einer Nachbesserung ihres Klimapakets aufgerufen. „Die Veränderungen des Klimas sind dramatisch“, sagte Bedford-Strohm. „Das, was die Bundesregierung dazu jetzt in ihrem Klimapaket an Vorschlägen vorgelegt hat, reicht nicht aus.“ Es wäre ein „Zeichen von Größe“, wenn die Bundesregierung „die gegenwärtige gesellschaftliche Dynamik wahrnehmen, auf sie reagieren, sie nutzen und ihr Klimapaket deutlich nachbessern würde.“
Flüchtlingsrettung
Einer der Schwerpunkte des Berichts war der Plan der EKD, zusammen mit Bündnispartnern ein Rettungsschiff für Flüchtlinge im Mittelmeer zu kaufen und der Organisation Sea-Watch zur Verfügung zu stellen. Am 3. Dezember will man dazu eine Online-Spendenkampagne starten. Dazu soll der Hashtag „#Wirschickeneinschiff“ genutzt werden. „Ich bin überzeugt davon, es ist richtig, Seenotrettung im Mittelmeer zu unterstützen“, sagte Bedford-Strom. „Denn der Satz stimmt ja nach wie vor: Man lässt keinen Menschen ertrinken. Punkt.“
Sexueller Missbrauch
Am Dienstag will sich die Synode der EKD mit der weiteren Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche beschäftigen. Dabei sollen auch Betroffene vor dem Plenum der Synode sprechen. „Jeder Fall sexualisierter Gewalt ist eine offene Wunde in der Gemeinschaft der Kirche“, sagte Bedford-Strohm. „Dass Leben zerstört wird, wo es doch geschützt und bewahrt werden sollte, ist der tiefste Widerspruch, den man sich vorstellen kann.“
Friedensethik
Die EKD-Synode tagt unter dem Schwerpunktthema „Auf dem Weg zu einer Kirche der Gerechtigkeit und des Friedens“. „Der Konsens ist groß, dass die Anwendung militärischer Gewalt nie eine zu erstrebende Option ist, sondern immer eine Niederlage“, sagte Bedford-Strohm. Gleichzeitig gebe es aber Situationen wie 1994 in Ruanda, wo es ein klares moralisches Versagen gewesen sei, dass die Weltgemeinschaft nicht eingegriffen habe.
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„Dass die Kurden im Norden Syriens, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die Mördermilizen wirksam bekämpft werden konnten, von ihrem Partner USA jetzt fallen gelassen werden und Nordsyrien Russland, der Türkei und dem syrischen Machthaber Assad überlassen wird, ist eine Niederlage einer an Recht und Ethik orientierten internationalen Politik.“
Rechtsextremismus
Überschattet wurde die Synode vom Rücktritt des sächsischen Landesbischofs Carsten Rentzing. Der Theologe hatte am Reformationstag sein Amt niedergelegt, nachdem rechtsextreme Schriften aus seiner Vergangenheit bekannt geworden waren. Schon am Donnerstag hatte der leitende Bischof der Lutheraner, Ralf Meister, Rentzing zu einer weiteren Distanzierung von diesen Schriften aufgefordert.
Bedford-Strohm betonte am Sonntag, er habe keinen Zweifel daran, dass Rentzing seine Positionen von damals heute nicht mehr teile. Aus dem Vorgang um Rentzing dürfe auch nicht geschlossen werden, dass Konservative keinen Ort mehr in der Kirche haben. Synodenpräses Irmgard Schwaetzer kündigte ein Forschungsprojekt zu rechtspopulistischen Tendenzen unter Kirchenmitgliedern an. (kr)