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Gefährliche Bewegung?Identitäre in Österreich nach Terroristen-Spende vor Verbot

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Berlin: Anhänger der rechtsradikalen «Identitären Bewegung» stehen mit Fahnen auf der Brunnenstraße.

Köln – Der Begriff ist so sperrig wie die dahinter stehende Überzeugung nebulös bleibt. Die „Identitären“ sind ins öffentliche Interesse gerückt, seit eine angebliche Verbindung zwischen dem mutmaßlich rechtsterroristischen Anschlag auf Muslime in Neuseeland und der Identitären Bewegung (IB) in Österreich entdeckt wurde und die Regierung in Wien über eine Zwangsauflösung der IB nachdenkt.

Was wollen „Identitäre“? Und warum will der Verfassungsschutz sie beobachten?

Das Wort Identität

Das Wort „Identität“ kommt aus dem Lateinischen. „Identitas“ wird auf das Wort „idem“ zurückgeführt und bezeichnet auf Deutsch „das Gleiche“. Die IB bekämpft alles, was nach Multikulti klingt. Tatsächlich macht sie die Wortherkunft „Identität“ an individuellen Erkennungszeichen einer Person oder Gruppe im Unterschied zu allen anderen fest. Also so als würde die Kripo feststellen, dass die am Tatort gefundenen Fingerabdrücke mit denen eines Tatverdächtigen identisch sind.

Es ist zu vermuten, dass die Identitären die nicht leicht verständliche Selbstbezeichnung aus zwei Gründen gewählt haben: Weil sie, wie der sächsische Verfassungsschutz herausstellte, einem Elitedenken zuneigten, um sich von klassischen rechtsextremistischen Begriffen und Gruppen abzuheben. Dadurch würden sie auch interessant für gesellschaftliche Gruppierungen, die mit Rechtsextremismus nichts zu tun haben wollen.

Völkischen und rassistischen Konzepte nicht fern

Auf der anderen Seite vermeidet sie damit, begrifflich ins Fahrwasser von völkischen und rassistischen Konzepten zu geraten, die als eher dumpf und leicht widerlegbar gelten und seit dem Ende der Naziherrschaft auf dem gesellschaftlichen Index stehen.

Doch bei genauerer Betrachtung ist das Gewässer, in dem die IB sich ideologisch tummelt, in Teilen und im Grundsatz durchaus identisch mit dem Sumpf, aus dem die Vorstellung von „minderwertigen“ Rassen kommt, die im deutschen „Volkskörper“ nichts zu suchen hätten. Die IB ist jedoch professionell im Verbergen dieser Parallelen.

Die „gesunde Identität“

Verräterisch ist gleichwohl ein Satz ihrer Stellungnahme zur Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Jedes Land brauche, heißt es darin, „ein patriotisches Selbstbewusstsein zur Herausbildung einer gesunden Identität“. Und da ist es, das Wort „gesund“, das in Nazizeiten so beliebt war, um „Schädlinge“ aus einem „gesunden“ Volk durch die Rassenlehre herauszuhalten.

Der sächsische Verfassungsschutz verweist im Zusammenhang mit der IB auf einen „Rassismus ohne Rassen“. Tatsächlich gibt es den Rassenbegriff in der IB-Theorie an keiner Stelle. Stattdessen lautet die Selbstbeschreibung: „Unser politisches Handeln orientiert sich einzig und allein an der Bewahrung sowie der geschichtlichen Fortsetzung einer gemeinsamen ethnokulturellen Identität und eines jahrtausendealten Erbes für ganz Europa“.

Der „große Austausch“

In der Konsequenz bedeutet das folglich, dass sich niemand sicher sein kann, zu dieser „ethnokulturellen Identität“ dazuzugehören, bis nicht eine wie auch immer geartete Institution anhand wie auch immer zu erstellender Erkennungszeichen geurteilt hat, ob eine aus Afrika vor 200 Jahren eingewanderte Familie zur Identität gehört. Die IB erkennt zwar an, dass es „in geringem Maße immer“ Einwanderung gegeben habe.

Ihre Hauptkritik richtet sich gegen Massenmigration. Sie hätten nichts gegen die Flüchtlinge als „individuelle Personen“, betonen die Identitären. Diese würden allerdings in Deutschland „Identitätskonflikten“ ausgesetzt, da sie „ihrer Heimat beraubt“ worden seien. Verdichtet wird der Vorwurf der IB auf die Behauptung, Politiker würden einen „großen Austausch“ betreiben, gegen den sich die Europäer verteidigen müssten. Ein Motiv, das auch der Christchurch-Attentäter in seinem Manifest in den Vordergrund stellte.

Der Christchurch-Attentäter

Keine persönlichen Beziehungen in die rechte Szene Österreichs hatte der mutmaßliche Christchurch-Attentäter nach Darstellung des österreichischen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ). „Persönliche Kontakte zu extremistischen Personen oder Organisationen sind nicht bekannt“, sagte Kickl in einer Erklärung vor dem Parlament.

Der 28 Jahre alte Australier, der vor zwei Wochen 50 Menschen in Moscheen in Christchurch in Neuseeland erschossen haben soll, war laut Kickl vom 27. November bis zum 4. Dezember 2018 durch Österreich gereist. Er sei zuvor in Ungarn, Rumänien und Bulgarien gewesen und danach nach Tallinn in Estland geflogen.

Die Behörden im Alpenland haben aufgrund einer Spende von 1500 Euro des mutmaßlichen Attentäters an die „Identitäre Bewegung“ in Österreich die rechte Gruppe ins Visier genommen. Es bestehe der Verdacht der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung. Die Organisation bestreitet dies. (mit dpa)

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