Interview mit Andreas Pinkwart„Auf längere Sicht auf Kohle angewiesen“

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Andreas Pinkwart (1)

Der Minister für Wirtschaft, Energie, Digitales und Innovation, Andreas Pinkwart (FDP)

  • Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart im Gespräch über den Hambacher Forst und die Versorgungssicherheit
  • Pinkwart (FDP) ist für die Rodung des Hambacher Forsts.

Die Polizei setzt die Räumung des Hambacher Forstes fort. Ist das eine gute Nachricht?

Es ist eine notwendige Maßnahme im Interesse der Menschen, da die Baumhäuser nicht sicher sind. Ich hoffe sehr, dass die Räumung friedlich abläuft und die Aktivisten von sich aus die Baumhäuser aufgeben.

Die Aktivisten fordern, dass RWE die Rodungen aussetzt, bis die Kohle-Kommission fertig ist. Was sagen Sie?

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RWE hat für Tagebau und Rodungen aufgrund der von Rot-Grün im Lichte des Pariser Klimaabkommens getroffenen Entscheidungen alle Genehmigungen. Das wissen auch die Mitglieder der Kommission, die an einer nachhaltigen Lösung für Klimaschutz und Energieversorgungssicherheit arbeiten.

Die zentrale Streitfrage der Kommission ist: Wann kann Deutschland aus der Kohle aussteigen? Der Co-Vorsitzende Ronald Pofalla sagt: bis 2038. Was halten Sie davon?

Es ist nicht hilfreich, dass Herr Pofalla mit einer Vorfestlegung die vertrauensvolle Arbeit in der Kommission erschwert. Lassen wir die Kommission doch erst mal arbeiten. Klar ist: Braunkohle hat eine wichtige Brückenfunktion. Deutschland steigt bald vollständig aus der Kernkraft aus, da können wir nicht gleichzeitig aus der Kohle aussteigen, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Im Übrigen erreicht der Stromsektor - anders als die anderen Sektoren - seine Klimaschutzziele 2020 und wohl auch 2030. Nun müssen Verkehr und Wärme ihren CO2-Minderungs-Beitrag leisten.

Welches Jahr für den Ausstieg halten Sie für machbar?

Deutschland wird noch auf längere Sicht auf Kohle angewiesen sein, allerdings in deutlich abnehmendem Maße. Selbst Kritiker wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung berücksichtigen in ihren Szenarien das Jahr 2040. Planbarkeit sind wir auch den Menschen in der Region schuldig. In der Braunkohle sind bundesweit 20 000 Menschen unmittelbar beschäftigt, insgesamt hängen mehr als doppelt so viele Arbeitsplätze daran. Zudem brauchen wir bezahlbaren Strom für die energieintensive Industrie wie etwa die Stahl- und Aluhütten und die chemische Industrie.

Nun hat das Rheinische Revier Eckpunkte für ein Wirtschafts- und Strukturprogramm beschlossen. Was bringt das konkret?

Städte, Kreise und das Land wollen das Rheinische Revier als Energie- und Industrieregion in eine neue Zukunft führen. Das Rheinische Revier soll Vorzeigeregion für modernes und klimafreundliches Wirtschaften werden, wir wollen hier etwa erneuerbare Energien, Speichertechnologien und neue klimaneutrale Produktionsformen voranbringen sowie Hochschulausgründungen fördern.

Und konkret: Was trägt das Land bei?

Das Land unterstützt die Projekte der Region durch eigene Programme wie durch Gemeinschaftsprojekte. Zur Förderung von Sprunginnovationen in der energieintensiven Wirtschaft haben wir gerade mit der Wirtschaft die Initiative „In4Climate.NRW“ an den Start gebracht, die wir mit 16 Millionen Euro unterstützen. Darüber hinaus sehe ich den Bund in der Pflicht, im Falle einer früheren Beendigung der Braunkohle die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Braunkohle aus NRW ist seit Jahrzehnten eine wichtige Säule für die deutsche Wirtschaft, und anders als Steinkohle war sie nie subventioniert. Jetzt darf Deutschland das Rheinische Revier nicht hängen lassen.

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