Kommentar zum MindestlohnEin zu hoher Mindestlohn zerstört Jobs im Niedriglohnsektor

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olaf scholz finanzminister

25.10.2018, Berlin: Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen.

Berlin – Der 2015 eingeführte gesetzliche Mindestlohn hat bisher wenig Schaden angerichtet: Er hat nicht, wie vielfach befürchtet, die Arbeitslosigkeit Geringqualifizierter schlagartig erhöht. Lediglich bei den Minijobs ließen sich negative Wirkungen erkennen, diese waren aber teils sogar erwünscht. Selbst frühere Mindestlohn-Gegner sind deshalb verstummt. Allerdings werden wir nie wissen, ob der immer noch viel zu hohe Sockel der Langzeitarbeitslosen ohne den Mindestlohn leichter hätte abgebaut werden können.

Die reibungslose Einführung hatte zwei Gründe: Sie kam erstens zu einem günstigen Zeitpunkt. Deutschland hatte noch viele Aufschwungjahre vor sich. Mit 8,50 Euro pro Stunde lag der Mindestlohn zweitens auf einem arbeitsmarktpolitisch vertretbaren Niveau. Er war nicht zu hoch, um massenweise reguläre Jobs am unteren Ende der Skala zu verhindern.

Mindestlohn soll der Tariflohnentwicklung folgen

Die große Koalition einigte sich zudem auf eine Mindestlohn-Kommission aus Vertretern der Sozialpartner, die unabhängig von der Regierung alle zwei Jahre die Lohnuntergrenze neu festsetzen sollte. Wie die Kommission vorgehen sollte, ließ der Gesetzgeber auch nicht ungeregelt: Der Mindestlohn soll vor allem der Tariflohnentwicklung folgen. Das Verfahren hat sich bewährt. Der Mindestlohn ist bisher – anders als in Frankreich oder Großbritannien – noch kein Spielball der Politik geworden. Wäre er es, würden sich die Parteien mit Forderungen nach Erhöhung gegenseitig übertreffen. Die Lohnuntergrenze in Deutschland läge wie in den Nachbarländern bereits deutlich höher – mit allen negativen Folgen, die insbesondere in Frankreich am Arbeitsmarkt zu beobachten sind.

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Die Kommission ist dennoch großem politischen Druck ausgesetzt. Dieser zeigte sich im Sommer, als sie überraschend von ihrem üblichen Verfahren abgewichen ist. Hätte sie sich nur an das normale Verfahren gehalten, hätte sie den Mindestlohn ab 2019 für zwei Jahre auf 9,19 Euro festgelegt. Wegen des Drucks von Gewerkschaften und SPD legte sie für 2020 eine zweite Erhöhungsstufe fest. Sie bezog gegen die bisherige Regel auch Tariflohnsteigerungen im öffentlichen Dienst aus dem laufenden Jahr mit ein.

Die Kommission hat sich mit dieser Regelabweichung verletzlicher für künftige Einflussnahme gemacht. Schon bekräftigt Olaf Scholz, SPD-Vizekanzler, der Mindestlohn müsse auf zwölf Euro steigen. Scholz liegt damit aber doppelt falsch: Nicht nur würde ein so hoher Mindestlohn Zehntausende Jobs im Niedriglohnsektor zerstören, zumal die Wirtschaftsentwicklung schwächer wird. Er akzeptiert auch nicht das bewährte Verfahren. Die Mindestlohn-Kommission muss unabhängig bleiben. Alles andere würde die Zahl der Verlierer am Arbeitsmarkt auf Dauer wieder erhöhen.

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