NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach„Die Mietpreisbremse wirkt nicht“

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Ina Scharrenbach (CDU)

Sommerferien. Der Parkplatz vor dem Kommunalministerium ist leerer als sonst, und auch auf den Fluren im Haus ist nicht viel los. Ina Scharrenbach (CDU) nimmt am Kopfende des Besprechungstisches Platz. Mit ihr sprachen Stephan Glasmacher und Thomas Reisener.

Bundesjustizministerin Katarina Barley will die Immobilienpreise senken. Künftig sollen die Verkäufer den Makler selbst zahlen. Gute Idee?

Wer bestellt, bezahlt. Das gilt ja über alle politischen Ebenen und insofern ist das ein Ansatzpunkt, über den man nachdenken kann.

Was gehen die Immobilienpreise die Politik überhaupt an?

Die nordrhein-westfälische Landesregierung legt Wert darauf, dass junge Familien mit Kindern Wohnraum im Eigentum bilden können. Eigentum ist ein Garant für bezahlbares Wohnen. Zu hohe Immobilienpreise sind ein Indikator für knappen Wohnraum.

Gibt es nicht bessere Möglichkeiten, die Kaufpreise zu senken?

Drei Länder haben den höchsten Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer. NRW gehört mit 6,5 Prozent dazu. Wir haben uns im Koalitionsvertrag des Landes darauf verständigt, auf Bundesebene dafür einzutreten, dass es einen Freibetrag in der Grunderwerbsteuer gibt. Der Bundesratsantrag liegt vor. Das, was das Land tun kann, hat das Land bereits getan.

Nein. Sie könnten die Grunderwerbsteuer einfach im Alleingang senken...

Die Grunderwerbsteuer ist die einzige Steuerquelle des Landes. Wir haben den Bürgern zugesagt, die innere Sicherheit zu stärken, die Bildung weiter zu verbessern, die Kommunalfinanzen soweit wie möglich zu ordnen. Deshalb können wir die Grunderwerbsteuer zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht senken, aber die Landtagsperiode geht bis 2022.

Wie viele Wohnungen fehlen aktuell in NRW?

Wir bereiten gerade den aktuellen Wert auf. Die letzte Schätzung stammt aus 2015, und da wurde prognostiziert, dass bis 2020 jährlich 80 000 Wohnungen in Nordrhein-Westfalen gebaut werden müssen. Tatsächlich wurden in den vergangenen beiden Jahren insgesamt nur etwa 45 000 Wohnungen gebaut. Die Prognosen standen allerdings unter der Prämisse der hohen Zuwanderung 2015, die wir jetzt nicht mehr haben.

Wann gibt es in Nordrhein-Westfalen ausreichend Wohnraum?

Ausreichend wäre, wenn die sehr hohen Mietpreissteigerungen, die wir derzeit vor allem in einigen Großstädten erleben, sich normalisieren. Das bekommen wir nur hin, wenn in allen Segmenten mehr gebaut wird. Das geht aber nur, wenn bebaubare Grundstücke zur Verfügung stehen, Baugenehmigungen schneller erteilt und bürokratische Hürden beseitigt werden.

Wann und warum wollen Sie die Mietpreisbremse abschaffen?

Die Mietpreisbremse wirkt nicht, so wie sie hier auf den Weg gebracht wurde. In Köln steigen die Mietpreise unverändert, und es gibt noch viele andere unverändert angespannte Wohnungsmärkte in NRW. Wir sagen: Mehr Wohnungsbau in allen Segmenten. Nur dadurch bekommen wir die Preise entspannt. Ende 2018 erwarten wir ein Urteil aus Karlsruhe zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung des Bundes.

Aber Sie schaffen die Mietpreisbremse bis 2022 noch ab?

Das ist Gegenstand des Koalitionsvertrages.

Nirgendwo in Deutschland ist die kommunale Gewerbesteuer höher als in Nordrhein-Westfalen. Warum sind die Kommunen in NRW so gierig?

Die Kommunen in NRW haben im Vergleich zu anderen Ländern sehr viel mehr Aufgaben zu tragen. Dafür brauchen Sie die entsprechenden Mittel.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Es gibt nirgendwo so viele Jugendämter wie in NRW.

Sie fordern vom Bund mehr Geld für die NRW-Kommunen…

Ja, weil ein großer Teil der Belastung der Kommunen – insbesondere aus der Sozialgesetzgebung – durch den Bund veranlasst ist.

Trauen Sie sich auch, eine konkrete Summe zu fordern?

Gegen Jahresende wird ein aktueller Kommunalfinanzbericht vorliegen. Auf dieser Grundlage können wir dann Konsequenzen für die künftige finanzielle Unterstützung der Kommunen ziehen.

Wie viele Kommunen im Land dürfen derzeit noch eigenständig entscheiden?

Im vergangenen Jahr waren 167 Kommunen in der Haushaltssicherung, die sich ihre Finanzplanung also von einer Aufsichtsbehörde genehmigen lassen. Das sind zehn weniger als vor fünf Jahren. Ende Juni waren nur noch 156 Gemeinden in der Haushaltssicherung. Die Finanzlage in den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen wird deutlich besser, aber die Kommunen sind noch nicht über den Berg.

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