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NRW-MinisterpräsidentLaschet will Vorreiter beim Klimaschutz sein

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Rastlos auf der Artenschutzkonferenz: Armin Laschet in Düsseldorf.

Düsseldorf – Der Ministerpräsident wirkt etwas verloren. Birgit Beckers und Britta Linnemann haben sich gut vorbereitet auf den Besuch von Armin Laschet (CDU). Mit durchgestrecktem Rücken stehen sie zwischen großformatigen Postern von seltenen Tieren, als der NRW-Regierungschef – begleitet von einer Entourage aus Fotografen und Mitarbeitern der Staatskanzlei – auf sie zuschreitet. „Und was machen Sie?“, will der Ministerpräsident wissen.

Beckers und Linnemann repräsentieren auf der Düsseldorfer Artenschutzkonferenz rund 40 Biologische Stationen des Landes. Als Scharniere zwischen ehrenamtlichen Naturschützern und Umweltbehörden betreuen sie mehr als die Hälfte aller Naturschutzgebiete in NRW. „Unter anderem helfen wir den Menschen, ihre Umwelt zu verstehen“, sagt Beckers und will zu einem Kurzreferat ansetzen. Aber dann drängen Laschets Mitarbeiter ihn auch schon zum nächsten Stand. Ein kurzer Wortwechsel, eine freundliche Verabschiedung. Dann können Beckers und Linnemann dem Ministerpräsidenten nur noch hinterherschauen. „Ich hatte den Eindruck, dass er über unsere Arbeit nicht sehr viel wusste“, sagt Linnemann später.

Union verpasst sonst ein wichtiges Thema

13 Umwelteinrichtungen haben sich an diesem Tag in Düsseldorf aufgebaut, um zu zeigen, was geht. Das NRW-Umweltministerium hatte rund 300 Teilnehmer aus Politik, Wissenschaft, Kommunen und Forstwirtschaft zu einer Artenschutz-Konferenz eingeladen. Der ersten, die es je in NRW gab. Eine Veranstaltung, die Laschet gerade recht kommt. Gretas „Fridays-for-Future“-Bewegung, der Youtuber Rezo und die dramatische Schlappe seiner Partei bei der Europawahl haben dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU vor Augen geführt, dass die Union gerade ein wichtiges Thema zu verpassen droht: Den Klima- und Umweltschutz. „Unsere Partei hat da besonderen Nachholbedarf, die Bedeutung des Themas zu erkennen“, räumt Laschet in seiner Ansprache ein.

Beim Thema Klimaschutz ist seine Landesregierung, ist seine ganze Partei in die Defensive geraten. Aber zu den größten Stärken von Laschet gehört diese: Er redet die Stärken anderer nicht klein, sondern erkennt sie an.

Noch so ein Satz an diesem Montag, der das Artenschutz-Publikum aufhorchen lässt. Mit Blick auf die rot-grüne Vorgängerregierung in NRW sagt Laschet: „Beim Naturschutz hat die Vorgängerregierung Gesetze gemacht, die weiter waren als anderswo in Deutschland.“

Von Stand zu Stand geleitet

Sein Stab dirigiert ihn durch den „Markt der Möglichkeiten“. So nennen die Veranstalter das quirlige Nebeneinander von Infoständen, an denen der Landesbetrieb „Wald und Holz“ neben dem Fischereiverband und einem zoologischen Forschungsmuseum zeigen, wo der Natur der Schuh drückt. Und was man dagegen unternehmen kann: „Ich kämpfe gegen die Lichtverschmutzung“, erklärt Harald Bardenhagen dem Ministerpräsidenten. Das weiße Licht der Städte sei für Insekten und Fledermäuse eine „Todesfalle“. Der Kölner Astronom hat eine Gelblicht-Laterne aufgebaut, die möglichst viele Strahler im öffentlichen Raum ersetzen soll. Laschet legt einen Arm auf die Laterne und sagt: „Das ist interessant.“ Und schon drängen seine Mitarbeiter ihn auch wieder zum nächsten Stand.

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„Der Deutsche Wald wird vom Borkenkäfer aufgefressen“, darf Philipp Freiherr von Heeremann dem Ministerpräsidenten gerade noch zurufen. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU), die an diesem Tag keine Minute von seiner Seite weicht, schneidet dem Freiherrn das Wort ab: „Er weiß darum“, sagt sie. Echten Austausch zwischen Laschet und den Naturschützern sehen die Organisatoren offensichtlich nicht vor. Befürchtet die Staatskanzlei, dass Laschet aus dem Bauch heraus Zusagen macht, die seine Regierung nicht einhalten kann? Oder fürchten sie einen fachlichen Disput, bei dem Laschet Wissenslücken einräumen muss?

Erstaunlicherweise nimmt dem Ministerpräsidenten an diesem Tag aber niemand die Kürze seiner Stippvisiten übel. Sein Interesse wirkt echt. Nicht er bricht die Gespräche ab, sondern seine Mitarbeiter.

Konsequenter Zuhörer

Im Wahlkampf 2017 war er auch in einer Defensiv-Position. In Umfragen lag die SPD meilenweit vorne, im Kampf um das Ministerpräsidentenamt wurden Laschet allenfalls Außenseiterchancen eingeräumt. Bei dieser Artenschutzkonferenz ist er in einer ähnlichen Situation. Speziell beim Boom-Thema Umweltschutz hinkt seine Partei hinterher. Laschet drehte die Lage damals, indem er den Zuhörer gab. Monatelang tourte er durch das Land und sammelte zunächst nur die Unzufriedenheit ein. Die der Bürger, der Parteimitglieder, der Verbände. Erst, als sich alle verstanden fühlten, präsentierte er seine Konzepte. „Zuhören. Entscheiden. Handeln“ – so hatte Laschet damals seine Wahlkampagne überschrieben. Die Reihenfolge der drei Schlagworte war zugleich seine dreistufige Strategie. In der Umweltpolitik, diesen Eindruck vermittelt Laschet an diesem Montag, ist er bei Stufe eins. Zuhören. Wer ihn kennt, ahnt, dass er noch zwei weitere Stufen plant.

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