NSU-AusschussEntscheidende Fragen bleiben ungeklärt

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Die Terroristen zündeten 2004 auch eine Nagelbombe in der Keupstraße in Köln-Mülheim.

Die Terroristen zündeten 2004 auch eine Nagelbombe in der Keupstraße in Köln-Mülheim.

Berlin/Köln – Im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages hat sich der frühere NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) für „fatale Fehleinschätzungen“ entschuldigt. Konkrete Versäumnisse wollte Behrens aber nicht einräumen. „Ich entschuldige mich“, sagte er am Donnerstag, an Opfer und Angehörige gerichtet. Bei der Befragung ging es um den sogenannten Nagelbombenanschlag im Juni 2004 in Köln.

Damals waren vor einem türkischen Friseursalon in der Keupstraße 22 Menschen verletzt worden. Der Sprengsatz war mit über 1000, etwa zehn Zentimeter langen Nägeln bestückt. Für den Anschlag wird das NSU-Terrortrio verantwortlich gemacht. Der Ausschuss wollte von Behrens wissen, warum die Möglichkeit eines rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Hintergrunds nicht verfolgt worden sei. Es habe keine konkreten Hinweise gegeben, sagte Behrens, es sei „in alle Richtungen ermittelt“ worden. Warum aber noch am Nachmittag der Tat vom Lagezentrum der Polizei die Möglichkeit eines Terroranschlags zunächst erwähnt und dann wieder fallen gelassen wurde, blieb bei der Befragung ungeklärt.

Behrens wies den Vorwurf zurück, in die Ermittlungen eingegriffen zu haben, um deren Richtung zu beeinflussen. Die damals von ihm gestellte Frage: „Warum ist der Verfassungsschutz eingeschaltet?“ sei nicht in der Absicht erfolgt, dessen Ermittlungen zu verhindern. Behrens räumte ein, unmittelbar nach dem 9. Juni 2004 in den Urlaub gegangen zu sein und in den ersten Tagen nach dem Anschlag nur telefonisch mit den Ermittlern Kontakt gehalten zu haben. Er hatte den Tatort nicht besucht. Den Vorwurf, den Anschlag nicht ernst genug genommen zu haben, wies Behrens aber zurück.

Stand Wohlleben auf Liste von V-Leuten?

Nach Ansicht des Unions-Obmanns im Ausschuss, Clemens Binninger, wurde bei den Ermittlungen in Köln die möglicherweise größte Chance vertan, dem NSU-Terrortrio früher auf die Spur zu kommen. Ein Flugblatt und ein Video vom Tatort hätten als Indizien vorgelegen. Stattdessen konzentrierten sich die Ermittler voll auf mögliche Täter im türkischen Milieu oder in der organisierten Kriminalität.

Auch der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hatte am Tag nach der Tat - nach Rücksprache mit Behrens - betont, er gehe nicht von einem terroristischen Hintergrund aus. Dies hat Schily inzwischen als schweren Fehler bezeichnet.

Der Untersuchungsausschuss wird an diesem Donnerstag auch den heutigen Bundesanwalt Hans-Jürgen Förster hören. Er war 2003 im Innenministerium mit dem ersten NPD-Verbotsverfahren befasst. In einer früheren Aussage hatte er sich erinnert, den jetzt als Mittäter des Neonazi-Trios angeklagten Ralf Wohlleben auf einer Liste von V-Leuten gesehen zu haben. Das war aber bezweifelt worden.

Ärger über Hanning

Die ursprünglich vorgesehene Befragung des ehemaligen Innenstaatssekretärs August Hanning musste verschoben werden, weil er die Ladung angeblich zu spät erhalten hatte. Das führte bei vielen Ausschussmitgliedern zu Verärgerung. Die Terminplanung des Ausschusses musste deshalb geändert werden. Hanning wird nun am 30. November gehört, der frühere Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erst am 12. Dezember. (dpa)

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