Rundschau Frage des TagesSoll der Rundfunkbeitrag steigen?

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Rundfunkgebühren

Immer wenn die In­ten­dan­ten mehr Geld fordern, flammt die Debatte um die Art der Fi­nan­zie­rung neu auf.

Berlin – Als die Rundfunkfinanzierung in Deutschland entworfen wurde, gab es das Fernsehen noch gar nicht. Nach dem TV-Start zu Beginn der 1950er Jahre vereinte die ARD die Bundesbürger in ihren Wohnzimmern und bewies, wie angesichts knapper Sendefrequenzen eine Grundversorgung mit wichtigen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Informationen funktioniert. Doch die neuerlichen Forderungen der Intendanten nach mehr Geld hat die Frage wiederbelebt, ob das von Kritikern mit dem Begriff „Zwangsgebühren“ bezeichnete System noch zeitgemäß ist und die Dinosaurier der Fernsehzunft in einer Welt von Privat-TV, Internetsendungen und Streamingdiensten noch auf ihre Gebührenprivilegien pochen dürfen.

Was sagen die Verfassungsrichter zur Beitragspflicht?

Die Verfassungsrichter bejahen das. Für sie geht zwar die Beitragspflicht für eine Zweitwohnung nicht in Ordnung, doch das Grundprinzip akzeptiert Karlsruhe in seinem Urteil vom 18. Juli. Der neue Rundfunkbeitrag werde so wie die vormalige Rundfunkgebühr erhoben, „um die staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen“. Die Notwendigkeit dieses Angebotes leitet das Verfassungsgericht unmittelbar aus dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit ab und unterstreicht: „Der Aspekt des Auswählenkönnens ist der Grundtatbestand jeder Information.“

Wie hat sich das Fernsehen verändert?

Doch das Auswählen hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert – und mit ihm auch in großen Teilen das Angebot. Die ARD- und die ZDF-Sender haben mit den etablierten Privatsendern Konkurrenten auf Augenhöhe bekommen, die ihnen oft genug den Rang ablaufen. In manchen Sendungsformaten, wie etwa den Morgenmagazinen, mussten die Privaten ARD und ZDF erst Beine machen, bei anderen imitieren die Öffentlichen die Privaten. Da verschwindet dann der Informationsgehalt der Radiomagazine unter einem Popmusikteppich. Es gibt rühmliche Ausnahmen, die den Öffentlich-Rechtlichen zu Recht eine Millionen-Fangemeinde garantieren. Der Spartenkanal Arte und das Informations- und Dokumentationsangebot von Phoenix gehören ebenso dazu wie die Spezialkanäle für anspruchsvolle Geschichts-, Theater- und Musikfreunde.

Was passiert bei Forderungen nach mehr Geld?

Wenn Intendanten nach mehr Geld rufen, prüft nicht nur eine unabhängige Expertenkommission den Bedarf, sondern auch das Publikum will wissen, ob die Fordernden tatsächlich zu verarmen drohen. Dann kommen nicht nur die Sparzwänge in den Blick, die einen WDR-Intendanten Tom Buhrow oder einen Bayerischer-Rundfunk-Intendant Ulrich Wilhelm angeblich zu Abstrichen an der Qualität zwingen, wenn die Bürger nicht mehr zahlen. Sondern auch ihre eigenen Gehälter zwischen 367 000 und 400 000 Euro. Und es fallen Parallelinvestitionen auf.

Die Ministerpräsidenten, die mit den Landtagen über die Gelder für ARD und ZDF entscheiden, sehen sich zunehmendem Erklärungsdruck ausgesetzt. Die AfD will nur noch ein winziges Rumpfangebot erhalten. Ein anderes Modell sieht eine automatische Anpassung an die allgemeine Preisentwicklung vor. Beides setzt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter Rechtfertigungszwang: Er muss in den Monaten bis zur Entscheidung jeden Tag nachweisen, warum das viele Geld bei ihm gut angelegt ist und dass er wirklich Synergien zwischen den Sendern nutzt. Das kann alte Strukturen überfordern und die Lust wecken, neue auszuprobieren: Für ein verlässlich funktionierendes Mediensystem ist das nützlich und gut.

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Regionale Zugänge

Würde die Qualität wirklich abnehmen, wenn ein Team eines ARD-Senders für alle berichtet, statt dass viele Teams unterschiedlicher ARD-Sender nebeneinander sitzen und alle das gleiche Angebot machen? An dieser Stelle wäre es tatsächlich aus Sicht der regionalen Zuschauer und Zuhörer eine Qualitätsminderung, wenn ihre speziellen regionalen Zugänge bei bundespolitischen Vorgängen nicht mehr berücksichtigt würden.

Doch gerade der große WDR, der im vergangenen Jahr alleine 1,17 der 7,8 Milliarden Euro an Rundfunkbeiträgen beanspruchte, ist nicht immer eine Vorzeigeadresse für regionale Expertise. Nehmen wir etwa die „Aktuelle Stunde“, das tägliche regionale Fernsehmagazin. Die Themen vom Samstag: Erstens Anschlag in Ägypten, zweitens Böllerverbot, drittens Flughafen Hannover, viertens Chaos-Computer-Club in Leipzig, fünftens Jahrestag von Schumachers Skiunfall. Die Kopie des ARD-Angebotes für den Bund als spezielles regionales Angebot ist beim WDR Programm. Andere ARD-Sender zeigen, dass es besser geht. (myn)

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