Teure Wohnanlage, hohe Steuerlast?Wie Olaf Scholz die Grundsteuer reformieren will

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Bundesfinanzminister Olaf Scholz

Bundesfinanzminister Olaf Scholz

Berlin – Das Echo auf den Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zur Reform der Grundsteuer war fast einhellig negativ: Immobilienverbände, Mieterbund und Oppositionsparteien lehnen ihn ab. Der Städte- und Gemeindebund begrüßte den Vorschlag allerdings, die meisten Länder – mit Ausnahme Bayerns – blieben still. Wichtige Teile des Scholz-Vorschlags könnten mit der Ländermehrheit tatsächlich umgesetzt werden.

Warum ist eine Neuregelung erforderlich?

Die Grundsteuer steht den Kommunen zu. Im April hatte das Bundesverfassungsgericht das bisherige Berechnungsverfahren für verfassungswidrig erklärt. Die zugrunde liegenden Einheitswerte (siehe Stichwort) für Grundstücke sind veraltet. In Westdeutschland stammen sie von 1964, in Ostdeutschland sogar von 1935. So kommt es, dass Eigentümer von teuren Grundstücken etwa an der Hamburger Elbchaussee relativ wenig zahlen, während andere eher zu hoch besteuert werden. Bis Ende 2019 muss der Gesetzgeber eine Reform beschließen, die spätestens 2025 wirksam werden muss.

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Was schlägt Finanzminister Scholz vor?

Die Steuerlast soll sich stärker nach dem Wert der Immobilie richten. Dafür zählen fünf Komponenten: Nettokaltmiete, Wohnfläche, Baujahr, Grundstücksfläche und regionaler Bodenrichtwert. Jeder Immobilienbesitzer soll Anfang 2020 eine Steuererklärung mit diesen Daten abgeben. Bei selbst genutztem Eigentum wird eine fiktive Miete errechnet.

Welche Folgen hat das für die Steuerlast?

Da die Nettokaltmiete mit einfließt, wird die Steuerbelastung in stark nachgefragten Wohnlagen steigen. Pro Wohnung soll es im Schnitt aber allenfalls um „einen niedrigen bis mittleren zweistelligen Euro-Betrag pro Jahr“ gehen. Für Mieter geht die Grundsteuer in die Nebenkostenabrechnung ein – wohl auch weiterhin, zum Ärger des Mieterbundes.

Was gibt es für alternative Ideen?

Immobilienwirtschaft, Ökonomen sowie der Freistaat Bayern trommelten erneut für ein wertunabhängiges Modell, das die Ländermehrheit aber nicht unterstützt. Dabei würde die Grundsteuer schlicht nach der Grundstücks-, Wohn- und Nutzfläche berechnet. Nachteil wäre, dass teure Immobilien genauso besteuert würden wie günstige. Der Mieterbund machte sich dagegen für das Bodenwertmodell stark. Hier würde die Grundsteuer allein nach dem Wert eines Grundstücks bemessen.

Welches Steuermodell wollen die Länder?

Die Mehrheit der Länder hatte schon 2016 ein so genanntes Kostenwertmodell favorisiert, bei dem die Herstellungskosten einer Immobilie maßgeblich sind. Es kommt dem von Scholz vorgeschlagenen Modell relativ nahe. Neu bei Scholz ist aber vor allem der Bezug auf die Nettokaltmieten. Am heutigen Mittwoch stellt Scholz sein Modell den Länderkollegen vor. Bis Jahresende will er mit den Ländern Einigkeit erzielen. Der gemeinsame Vorschlag dürfte trotz aller Kritik dem von Scholz ziemlich nahe kommen.

Frage des Tages

Für die Reform der Grundsteuer empfiehlt Finanzminister Scholz ein Modell, bei dem die Höhe der – tatsächlichen oder potenziellen – Miete berücksichtigt wird. Ist es richtig, Mieter und Besitzer teurer Innenstadtwohnungen über die Grundsteuer stärker zu belasten?

Kommunen und Grundsteuer

Kommunen regeln die Höhe der Grundsteuer wie bei der Gewerbesteuer über Hebesätze. Beide zusammen machen mehr als die Hälfte der kommunalen Steuereinnahmen aus – hinzu kommen u.a. Anteile an Lohn-, Einkommen- und Umsatzsteuer.

Rechenbeispiel für ein Einfamilienhaus in Köln: Auf den Einheitswert von 30 000 Euro wendet das Finanzamt die sogenannte Grundsteuermesszahl an, beispielsweise 3,5 Promille. Daraus ergibt sich der Grundsteuermessbetrag von in diesem Fall 105 Euro.

515 Prozentpunkte beträgt der Grundsteuer-Hebesatz der Stadt Köln. Die Multiplikation ergibt eine jährliche Grundsteuer von 540,75 Euro. (EB)

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