Poularde, Stubenküken oder KapaunTiefkühl-Hühner mit viel Aroma

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Gegrillt, gebraten oder gekocht: Hühner eignen sich für fast jede Zubereitungsart.

Gegrillt, gebraten oder gekocht: Hühner eignen sich für fast jede Zubereitungsart.

Da liegen sie in der Tiefkühltheke im Supermarkt: Brathähnchen, Deutsche Hähnchen, Poularden, Suppenhühner, ergänzt durch das Angebot frischer Ware, als da wären: Maishähnchen, Biohähnchen, Bauernhofhähnchen. Im Feinkostgeschäft kommen noch Bresse-Poularden dazu. Alles in allem ein Angebot von 2,50 Euro bis 25 Euro. Können die so unterschiedlich schmecken, wie ihr Preis vermuten lässt? Dabei sind das doch alles nur tote Hühner. Oder?

Gallus domesticus macht es uns nicht leicht, denn vom gemeinen Haushuhn gibt es eine verwirrende Auswahl zu kaufen. "Was sich in deutschen Supermarktkühltheken tummelt, ist eigentlich alles dasselbe", sagt der Kölner Geflügelspezialist Hans-Georg Rochow. Da würden aus kleinen Hähnchen schnell wertvolle Stubenküken.

Immerhin 18 Kilo Geflügel isst jeder Deutsche pro Jahr, Tendenz steigend. Unterschiedliche Namen, Größen und Preise resultieren generell aus der differenzierten Haltung: Wie lange hat welches Tier wie lange wo gelebt, sich wovon ernährt? Früher wurden Hühner gehalten, damit sie Eier legen, und irgendwann wanderten sie in den Topf. Heute werden Legehennen nur selten zur Fleischgewinnung verwendet, landen eher nebenbei als zwölf bis fünfzehn Monate altes Suppenhuhn im Tiefkühlregal. Eine Legehenne wiegt nach sieben Wochen schon an die zwei Kilo. Nach ihrer ersten Legeperiode und etwa einem Jahr Alter hat sie ein besonders fasriges Fleisch, das sich gut für Suppen oder Schmorgerichte eignet. Fleischhühner dagegen brauchen keine Eier zu legen - ihr einziger Daseinszweck ist es, schnell zu wachsen und möglichst gut zu schmecken. Je nach Mastart und -dauer ergeben sich in Aussehen, Geschmack und Preis recht unterschiedliche Tiere. In Intensivmast werden Turbohähnchen binnen weniger Wochen zum Schlachtgewicht gebracht, während ihre Verwandten in der extensiven Freilandhaltung bis zu drei Monate lang picken und scharren dürfen.

Kleinster und jüngster Vertreter ist das Stubenküken. Es ist drei bis fünf Wochen alt und ohne Federn etwa taubengroß bei einem Gewicht um die 250 Gramm. Im Handel sind aber heute auch größere Tiere zwischen 300 und 500 Gramm. Ihr Fleisch ist zart und etwas gelblich. Die Spezialität wird wegen ihrer geringen Größe nur kurz gebraten, gegrillt oder gebacken und idealerweise auf Wurzelgemüse gedünstet. Als Küken gelten sechs bis sieben Wochen alte und bis zu 600 Gramm schwere Tiere, die auch als Mistkratzer bezeichnet werden - aber nur dann, wenn sie im Freien aufwachsen.

Salz, Pfeffer und Paprika braucht das Brathähnchen

Brathähnchen werden etwa sechs Wochen lang gemästet und erreichen so ein Gewicht von 700 bis 1200 Gramm. Sie sind beiderlei Geschlechts und schmecken am besten gegrillt. Sie müssen vor der Geschlechtsreife geschlachtet sein, was am noch leicht biegbaren Brustbein erkennbar ist. Idealerweise werden Brathähnchen mit Salz, Pfeffer und Rosenpaprika gewürzt. Unter dem Grill wird die Haut so besonders knusprig. Brathähnchen ab einem Gewicht von 1200 Gramm nennt man auch Poulet - das ist dasselbe Tier, nur älter, hört sich mit französischem Namen besser an und ist damit automatisch teurer. Oft nennt man diese noch nicht geschlechtsreifen Tiere Poularden, und viele halten sie für kastrierte Hähne, was aber nicht stimmt - auch hier ist das Geschlecht egal.

Ein ganz besonderer Vogel ist der Kapaun, vor allem, wenn er aus der für besonders gutes und im Freiland aufgezogenes Geflügel berühmten Region Bresse in Frankreich stammt. Die Küken werden fünf Wochen im warmen Stall mit Getreide, Vitaminen und Mineralien gefüttert, im Alter von etwa zehn Wochen werden die Hähnchen, von denen sich der Züchter eine gute Fleischentwicklung verspricht, kastriert. Kamm und Bart werden entfernt. Die nächsten Monate verbringt er auf Wiesen und pickt Käfer, Würmer, Schnecken und Grassamen, aber auch Maismehl, Weizen sowie Buchweizen in sich hinein. Wegen des veränderten Hormonhaushalts verstoffwechselt der kastrierte Hahn das Futter anders und legt Fett nicht nur unter der Haut, sondern auch im Fleisch an. Es wird marmorierter, saftiger und zarter. Nach acht Monaten wird der Kapaun für mindestens vier Wochen gemästet. Ein Schnitt durch die Halsschlagader beendet sein Leben. Er wiegt zweieinhalb bis vier Kilo und hat ein sehr aromatisches Fleisch. Sind sie alle aber ihren teils hohen Preis wert? Muss etwa ein Maishähnchen, außer dass es gelb und teuer ist, auch automatisch besser schmecken als das rosafarbene Geflügel aus dem Supermarkt? Und ist Frischware besser als Tiefkühlware?

Grundsätzlich hat eingefrorene Ware kein schlechteres Aroma als frische. Zum Vergleich wurden gefrorene und frische Hähnchen auf dieselbe Art zubereitet: kein Unterschied. Auch schmeckten Biohähnchen nicht besser als normale, und Maishähnchen sahen zwar schöner aus als die üblichen Tiere, hatten aber keinen besseren Geschmack. Lediglich zwischen im Freiland aufgewachsenen Bresse-Poularden und solchen aus dem Tiefkühlregal bestand ein Unterschied. Die sechsmal teureren Bresse-Tiere waren saftiger, aromatischer und hatten festeres Fleisch. "Bei Bresse-Tieren bezahlt man zuallererst den Namen", sagt Geflügelhändler Rochow, dem deutsche Poularden genauso gut schmecken, wenn sie mit Getreide gemästet werden. Eine deutsche 1,8-Kilo-Poularde kostet bei ihm etwa zwölf Euro, aus der Bresse sind es 30 Euro .

Natürlich sei nicht immer das Teuerste das Beste, findet auch Heinz O. Wehmann, Küchenchef vom Hamburger "Landhaus Scherrer". Aber der Fachmann merke schon, ob nun ein Tier trockengerupft sei oder extensiv gehalten wurde und sich bereits im Rohzustand von billigem Massengeflügel unterscheide. "Die Qualität der Produkte ist schon sehr wichtig", sagt Wehmann, "60 Prozent" mache das Produkt aus, den Rest der Koch. So gut zubereiten, dass man einen Unterschied schmeckt, kann unsereins das aber kaum. Was man aber selbst bei bescheidenen Kochkünsten merkt: Ein frisches Bresse-Huhn oder Label-Rouge-Hühnchen schmeckt besser als der Tiefkühlklops vom Discounter. Ob einem das einen bis zehn- mal höheren Preis wert ist, muss jeder selbst entscheiden.

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