BeziehungsexpertenVier Dinge, die viele beim Online-Dating falsch machen

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Online-Dating Frau Handy

Beim Online-Dating sollte man auch Pausen einlegen, sonst wiederholt man nur andauernd eine bis dahin erfolglose Strategie.

Berlin/Kröv – Es gibt die Liebe über Dating-Apps. Tinder, OkCupid, Parship und Co. verbinden Menschen, auch dauerhaft. Aber das Dating darüber hat seine ganz eigene Dynamik. Viele sind zwar rasch enttäuscht, machen aber trotzdem weiter - und werden nach und nach zum Teil des Systems. Single-Coaches analysieren vier gängige Muster beim Online-Dating und wie man sie durchbricht:

Erfahrung 1: Ein Match bedeutet noch lange nicht Interesse

Zwei Menschen gefallen sich online scheinbar, denn man matched sich. Doch beide melden sich nie beieinander. Das frustriert nicht wenige Suchende. Tinder hat ermittelt, dass 2018 bei deutschen Nutzern die Aufforderung an das Gegenüber, „wer als letzter matched, schreibt zuerst“, in der Top 3 der meist genutzten Begriffe im Profil stand. Man lehnt sich also zurück und wartet auf die Initiative anderer, obwohl man eigentlich aktiv sucht.

Wie kann das sein?

„Dating-Apps sind ein Stück weit Unterhaltung und Freizeit und in erster Linie nicht die Partnersuche fürs Leben“, sagt Eric Hegmann, Singlecoach und Berater der Dating-Plattform Parship. Er verweist auf Studien, wonach viele Tinder-Mitglieder vergeben sind oder keine Beziehung suchen – „kein Wunder, das da kein Date rauskommt“, so der Coach. „Ich vermute, dass viele Menschen gerade die schnellen Dating-Apps nutzen, um sich einen Dopamin-Schub, ein kleines Streicheln des Egos zu holen.“

Oftmals bleibe auch einfach nicht die Zeit, im Stress und in der Informationsflut im Alltag am Ball zu bleiben, vermutet Dating-Coach Nadine Kretz aus Kröv (Rheinland-Pfalz). Gerade Frauen, die noch das traditionelle Verständnis haben, dass der Mann ein Stück weit sein verbindliches Interesse zeigen müsse, warten eher ab, ergänzt Hegmann. „Das erweist sich in ganz vielen Fällen als Trugschluss.“ So schnappen die mutigen Frauen viele Männer einfach weg. Und diejenigen, die sich irgendwann melden, tun dies weniger aus echtem Interesse, sondern weil sie wissen, dass sie damit einer Frau schmeichelten.

Der Expertenrat:

Man sollte immer selber aktiv sein und Kontakt aufnehmen – egal ob Mann oder Frau. Dabei sollte man auch noch so mutig sein, eine echte Konversation zu beginnen. Die Plattform OkCupid gibt Tipps zur Kontaktaufnahme, und rät dort ausdrücklich: „Schreib nicht einfach nur ‚Hey‘. Du musst dir schon etwas mehr Mühe geben.“ Zugleich sollte man aber auch nicht sofort sein ganzes Herz ausschütten.

40 bis 90 Zeichen, also kürzer als ein Tweet, sind ein guter Auftakt. Am besten erwähnt man etwas, was im Profiltext oder am Profilfoto aufgefallen ist.

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Nadine Kretz, Beziehungsberaterin

Erfahrung 2: Swipe-Burnout

Irgendwann tritt die Ernüchterung ein. Man wischt sich so lange durch die potenziellen Lebenspartner, bis sich irgendwann die Bilder und Informationen zu einem langweiligen Gleichklang vermengen.

Wie erhält man sich die Begeisterung für die Suche?

„Online-Dating mit Pausen. Sie müssen manchmal auch einfach einen Schritt zurücktreten“, sagt Hegmann. Sonst wiederholt man andauernd eine bis dahin erfolglose Strategie und hoffe, dass diese plötzlich erfolgreich wird.

Allerdings fallen diese Pausen oft erstaunlich schwer. „Man darf nicht vergessen, unser Belohnungszentrum im Gehirn ist ein mächtiges Ding. Wenn Sie es daran gewöhnen, dass es mit Glücksgefühlen auf Likes oder ein Match reagiert, dann ist es natürlich irgendwann schwierig auf diese Highs zu verzichten“, erklärt der Coach.

Der Expertenrat:

Probieren Sie zwischendurch auch mal was Neues oder was anderes», sagt Hegmann.

Online-Dating Picknick

Beim ersten Date sollte man etwas unternehmen. Wenn man für etwas begeistert ist, wird es auch den anderen mitreißen. 

Erfahrung 3: Schon wieder ein Bewerbungsgespräch

Viele Kontakte führen zu vielen Dates, vielleicht sogar mehrere pro Woche. Und bei jedem Treffen erzählt oder hört man im Grunde das Gleiche – was man beruflich macht, warum man hier wohnt, wie lange man schon Single ist. Ein endloser Gleichklang.

Wie kann man sich da das Interesse erhalten?

„Das erste Date wird unglaublich überladen. Viele Menschen suchen ja auch die Liebe auf den ersten Blick – und das ist in fast allen Fällen sexuelle Anziehungskraft, eine Disney-Geschichte oder ein Märchen“, sagt Hegmann. Stellt sich das aber nicht direkt ein, gibt man das Gegenüber oft schon verloren. Vielleicht schon während des Dates.

Dazu kommt die Örtlichkeit: Ein Gespräch im Café erinnere zwangsläufig an ein Bewerbungsgespräch, findet Hegemann. Und in der Bar kommt vielleicht auch noch viel Alkohol hinzu. „Dann denkt man sich: Es war irgendwie nicht erfolgreich, aber Sex wäre jetzt noch schön. Und dann geht es natürlich schief.“

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Eric Hegmann, Paarberater

Der Expertenrat:

Hegmann empfiehlt: „Machen Sie lieber nur ein Date aus und kriegen Sie sich dazu, nach dem ersten Date ein zweites zu machen, wenn die Person sympathisch war. Schauen Sie doch, was passiert, wenn Sie diese Person zum zweiten Mal treffen: Ändert sich da was an der Wahrnehmung?“

Beim ersten Date sollte man etwas unternehmen, was man selbst toll findet. „Denn Ihre Begeisterung für die Sache wird Ihr Date mitreißen, zumindest wenn Sie gleiche Werte haben und sich symphytisch sind.“ Und wenn sich so etwas nicht anbietet: «Gehen Sie auf jeden Fall beim ersten Date raus, machen Sie einen Spaziergang“, sagt Hegmann.

Kretz betont, dass man dem anderen immer Interesse und Respekt entgegenbringen sollte, aber ohne sich zu quälen. Das geht auch über Zeitpunkt und Länge des Dates: „Nur eine Mittagspause sollte man nicht einplanen, es muss aber auch nicht der ganze Tag oder ein ganzer Samstag- oder Sonntagabend sein, der unter Umständen bei einem Treffen mit Freunden schöner verlaufen würde.“

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Erfahrung 4: Man will die Falschen abschrecken

Wer eine gewisse Zahl an Dates hatte, wäre gerne wählerischer. Aber man merkt auch: Viele Profile sagen nichts über den Menschen aus. Viele Suchende kompensieren das durch eine andere Strategie: Sie geben selbst in ihrem Profil an, was genau sie nicht suchen – teils mit einer langen Liste Ausschlusskriterien.

Ist diese Strategie sinnvoll?

Hegmann hält die Angabe von bestimmten Ausschlusskriterien in Maßen für sinnvoll. „Es ist ja gut gemeint, denn die Menschen versuchen, sich damit vor weiteren Verletzungen zu beschützen.“ Aber er schränkt ein: „Grundsätzlich glaube ich aber nicht, dass Sympathie entsteht, indem ich negativ auftrete.“ Damit vermittle man einen negativen Charaktereindruck. Hegmann sagt klar: „Wir verlieben uns in Menschen, die uns freundlich und offen erscheinen.“

Der Expertenrat:

Man sollte lieber etwas über sich erzählen, um die passenden Suchenden anzulocken. „Also nicht nur aufzählen, was man vom anderen will oder was er sein soll“, erklärt Retz. „Das Gegenüber will wissen, wer ist denn da.“ Aber wer keine feste Partnerschaft will, sollte diese Ausschlussinformation natürlich fairerweise nennen.

Umgekehrt muss man natürlich auch das Profil des Gegenübers lesen – was übrigens grundsätzlich viele nicht tun. Das schützt aber vor falschen Hoffnungen. „Erwartungen an eine Partnerschaft, die wirklich essenziell sind wie der Kinderwunsch, kann man nicht übergehen“, betont Kretz. „Viele schreiben auch, sie wollen nur One-Night-Stands.“ Wer das übergeht und selbst eine Partnerschaft sucht, wird unweigerlich enttäuscht. (dpa/tmn)

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