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In Sachen LiebeSind Paartherapien nicht totale Geldverschwendung?

Lesezeit 3 Minuten
Paar Aachener Weiher dpa

Ein Paar genießt die romantische Stimmung am Aachener Weiher in Köln. (Symbolbild)

  • Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychologen Damaris Sander und Peter Wehr sowie Urologe Volker Wittkamp und Schauspielerin Annette Frier in der Kolumne „In Sachen Liebe” Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und alles, was Paaren begegnet.
  • In dieser Folge antwortet die Psychologin Damaris Sander einem Kollegen, der die unterschiedliche Biologie von Männern und Frauen für ein unüberwindbares Problem in Beziehungen hält – und folglich auch für nicht therapierbar.
  • Lesen Sie hier weitere Folgen der Kolumne.

Lange und zum Teil teure Beratungen und Therapien hin oder her – ist nicht die unterschiedliche Biologie der Hauptgrund für Frust und Probleme in der Liebe? Was Liebe ist und umfasst –, schon darauf können wir uns nicht einigen. Hauptzweck der Liebe ist es doch wohl, die eigene DNA weiterzuverbreiten. Ist die Brut gezeugt, haben die meisten Weibchen kein Interesse mehr an Sexualität. Die unterschiedlichen Bedürfnisse erzeugen bei Männern und Frauen Frust, Enttäuschung und in deren Folge Machtkämpfe. Die Hoffnung auf Liebe stirbt zuletzt. Und davon lebt das Heer der Psychotherapeuten. Ich bin selber einer.

Lieber Herr Kollege, offenbar sind Sie ein Psychotherapeut in einer beruflichen Krise: Für Sie hat die Psychologie ihren Sinn verloren, ist quasi „erschlagen“ worden von der Biologie. Aber Sie schreiben uns. Also möchten Sie vielleicht doch noch vom Gegenteil überzeugt werden.

Ich muss jetzt mal nachfragen: Ihre These in Bezug auf den Zweck der Liebe – die meinen Sie nicht ernst, oder? Denn dann würden Sie ja die menschliche Sexualität mit der im Tierreich gleichsetzen und wesentliche Fakten ignorieren, zum Beispiel dass Menschen im Gegensatz zu den meisten Tieren dauerhaft paarungsbereit sind, und Frauen auch nach der Menopause sexuelle Bedürfnisse haben. Davon zeugen nicht zuletzt zahlreiche Zuschriften von Leserinnen über 50, die einen Partner suchen. Und zwar nicht nur zum Reden.

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Kann es sein, dass Sie gerade Gefahr laufen, in eine historisch eingeübte, männliche Falle zu laufen? Nämlich bei Schwierigkeiten in der Beziehung zu einer Frau nicht das Beziehungsproblem zu fokussieren, sondern sich wissenschaftlich zu geben und eine Eigenart in der „Natur des Weibes“ zu vermuten?

Worin ich mit Ihnen völlig übereinstimme, ist, dass das mit der Sexualität insgesamt eine Zumutung ist. Mal ist sie eine reißende Flut, die uns erfasst. Wir werfen langjährige Beziehungen über Bord, lügen und betrügen, verschleudern Geld, machen uns zum Narren – und das alles wegen eines sexuellen Rausches. Weil es aber auch nichts Wunderbareres gibt, als sich so lebendig zu fühlen, so stark und voller Energie. Dann wiederum herrscht auf einmal Flaute. Wir haben die Flut eingedämmt, geheiratet, Kinder bekommen. Aber statt dass die Sexualität nun als munterer Bach in dem von uns gebauten Bett plätschert und unser Leben belebt, passiert – nichts. Sie hat keine Lust, oder er (ja, auch das kommt vor), was bei dem Partner, der doch gerne möchte, zu massiver Frustration und vielleicht auch Kränkung führt. Wir jonglieren mühsam mit unseren Bedürfnissen nach leidenschaftlicher Sexualität einerseits und einer sicheren Bindung andererseits, und ständig fällt uns ein Ball herunter. Das ist Mist. Soweit bin ich bei Ihnen.

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Vielleicht ist das ein guter Zeitpunkt, um mal Pause vom Jonglieren zu machen und etwas trinken zu gehen. Oder Boxen. Oder einen guten Freund zu treffen, der Verständnis dafür hat, dass Sie möglicherweise enttäuscht, verletzt oder entmutigt sind. Glauben Sie mir, das hilft mehr, als eine Theorie über Biologie aufzustellen.

Die Hoffnung, dass es einfach wird mit der Liebe, die können Sie getrost abhaken. Dafür, die Hoffnung auf Liebe aufzugeben, sehe ich aber keine Veranlassung.

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