Hier schreibt „die wütende Frau”Lieber Heiliger Vater, ich raste aus!

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Mutter Gottes aus Sicht des Künstlers Raffael im Werk „Maria mit dem Kind, Johannes dem Täufer und einem Heiligen Knaben”

  • Frauen sollten sich darauf konzentrieren, die „Kraft und Zärtlichkeit” der Mutter Gottes weiterzugeben, scheibt Papst Franziskus. Das Priesteramt komme für sie wegen der auszuübenden Macht nicht in Frage.
  • Das Schreiben des Papstes ist eine einzige paternalistische Unverschämtheit, entgegnet unsere Autorin Claudia Lehnen.
  • In unserer neuen Serie „Die wütende Frau” kommen nur Frauen zu Wort – mit Wut und Fakten. Also Männer, zieht euch warm an!

Köln – Dass die katholische Kirche jetzt nicht die Speerspitze der Emanzipationsbewegung ist, war ja vielleicht allen schon hinreichend bekannt. Wirklich Visionäres hatte wahrscheinlich niemand erwartet. Dennoch knallen die Worte des amtierenden Papstes wie eine Ohrfeige auf all diejenigen hinab, die noch seiner Kirche angehören, obwohl sie qua Geschlecht ständig in eine der hintersten Reihen gedrängelt werden. In seinem Lehrschreiben zur Amazonas-Bischofssynode lehnt Papst Franziskus eine Weihe für Frauen kategorisch ab. Seine Begründung ist eine paternalistische Unverschämtheit.

Erlaube man Frauen, Priesterinnen zu werden, würde man laut Papst nämlich den Eindruck erwecken, Frauen könnten nur dann einen höheren Status in der Kirche erlangen, „wenn sie zu den heiligen Weihen zugelassen würden.” Es sei also sogar besser für den Status der Frau, wenn man sie von der Chef-Arbeit ausschließe. Andernfalls drohe der „Reduktionismus” der Frau.

Gehirn-Tsunami kündigt sich an

Wenn ich diesen ungerechten Unsinn versuche zu durchdenken, dann leuchten in meinem Kopf nach jedem zweiten Denkschritt die roten Lampen, die einen Gehirn-Tsunami ankündigen. Alarm! Alarm! Das ist ungefähr so, als würde man sagen: Frauen sollen nicht wählen gehen, weil man sonst den Eindruck gewinnen könnte, Frauen seien nur mit Wahlrecht was wert. Und in Wirklichkeit zu denken: Naja, Frauen sind schon was wert. Aber ihre Meinung und ihre Stimmmacht müssen wir deshalb ja noch lange nicht für voll nehmen. Reicht ja, wenn sie hübsch aussehen und entscheiden dürfen, was es mittwochs zu essen gibt. 

Die Rolle, die Franziskus den Frauen in der Kirche zuweist, spiegelt ein zutiefst diskriminierendes und völlig überholtes Frauenbild wider. Ihre Aufgabe sei es, „die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria” weiterzugeben. Sollten weibliche Wesen kirchliche Dienste übernehmen wollen, zu denen die Weihe nicht erforderlich sei, müsse ein Bischof sie überdies zu solch einem Dienst beauftragen. Nur dann sei gewährleistet, dass die Frauen dabei nicht „ihren eigenen weiblichen Stil” aufgäben.

Unterdrückung mit netten Worten

Lieber Heiliger Vater, bei allem Respekt, aber hat Ihnen jemand was in den Messwein geschüttet? Oder warum zwingen Sie ein ganzes Geschlecht mit betörend netten Worten in die Rolle derer, die demütig ertragen müssen, dass ein anderes Geschlecht die Macht über sie, die Welt und den Himmel ausübt? Ist das tatsächlich die Agenda der katholischen Kirche 2020? Frauen unterdrücken und verzweifelt festhalten an der Dominanz des Männlichen? Warum sollte es nicht auch Frauen geben, die besser Entscheidungen treffen? Oder Männer, die prima dienen? Braucht man fürs Entscheiden zwingend einen Penis, fürs Dienen eine Vagina?

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Mag ja sein, dass Mutter Maria - Gott hab sie selig - eine Ausgeburt an Langmütigkeit und Demut war. Aber selbst wenn, hätte sie sicherlich nicht gewollt, dass sich auch 2.000 Jahre später noch jede Frau jedem noch so großen Schwachsinn unterordnet, den Männer manchmal so von sich geben. Manchmal reichen ein paar Worte eines Kirchenoberhauptes jedenfalls, um in einer katholischen Frau jede „Kraft und Zärtlichkeit” einer Mutter Maria auszulöschen. Und dann lodert ein anderes kraftvolles Feuer umso heißer: das der Wut. 

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