SorgerechtsverfügungWas passiert mit den Kindern, wenn die Eltern sterben?

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Hand in Hand. Sterben die Eltern unerwartet, bestimmt das Familiengericht über die weitere Sorge.

Die wenigsten Eltern wollen sich mit der Frage beschäftigen, wer nach ihrem Tod für ihre Kinder sorgen soll. Dabei ist die Wahl des Vormunds entscheidend für die Zukunft des Nachwuchses. Diese wichtige Frage können und sollten Eltern deshalb mit einer Sorgerechtsverfügung klären.

„Mit einer Sorgerechtsverfügung können Eltern für den Fall ihres Todes einen Vormund für ihre minderjährigen Kinder benennen“, sagt Dominik Hüren von der Bundesnotarkammer. Solange ein Elternteil noch lebt, kommt die Verfügung jedoch grundsätzlich nicht zum Tragen. Dann erhält der lebende Elternteil das alleinige Sorgerecht.

Wenn aber der lebende Elternteil nicht sorgeberechtigt war und die Übertragung des Sorgerechts auf diesen dem Wohl des Kindes widerspricht oder beide Eltern verstorben sind, müsse das Familiengericht einen Vormund benennen, erklärt Hüren. Übrigens: Auf den Taufpaten geht das Sorgerecht nicht automatisch über – entgegen der weit verbreiteten Annahme.

Wenn die Eltern sterben – Familienangehörige werden bevorzugt

„Das Familiengericht muss einen Vormund auswählen, der insbesondere nach seiner Vermögenslage und seinen persönlichen Verhältnissen geeignet ist“, sagt Hüren. Dabei sind der mutmaßliche Wille der Eltern, die persönliche Bindung des Kindes zum Vormund, die Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit dem Kind sowie das religiöse Bekenntnis des Kindes zu berücksichtigen. „Daraus folgt, dass Familienangehörige bevorzugt werden“, erklärt Hüren.

Mit der Sorgerechtsverfügung können Eltern auch bestimmte Menschen von der Vormundschaft ausschließen. „Eltern können etwa verhindern, dass die bärbeißige Schwiegermutter die Macht über das Kind bekommt“, sagt Eva Becker, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Aber wenn beispielsweise der Onkel hervorragend mit Kindern umgehen kann und ein schönes Haus im Grünen hat, können Eltern mit der Sorgerechtsverfügung sicherstellen, dass dieser später auch für das Kind sorgt.

Minderjährige dürfen übrigens keine Vormundschaft übernehmen. Das gleiche gilt für Personen, die selbst betreut werden. „Das Erbe müssen Eltern nicht direkt dem Vormund überlassen. Sie können einen separaten Testamentsvollstrecker benennen“, erklärt Jan Bittler, Geschäftsführer der Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge.

Der Vollstrecker verwaltet das Erbe dann im Sinne der Eltern – zum Beispiel, um die Kinder im Rahmen ihrer Ausbildung zu unterstützen oder auch die Kosten der allgemeinen Lebensführung zu übernehmen. „Sind die Kinder dann volljährig, gibt der Testamentsvollstrecker das Erbe an diese heraus“, sagt Bittler.

Testament: Eltern sollten früh ihren Nachlass regeln

„Bevor Eltern jemanden benennen, sollten sie sich mit dem angedachten Vormund zusammensetzen und alle Fragen klären“, sagt Bittler. Zwar verpflichtet das Gesetz grundsätzlich zur Übernahme einer Vormundschaft, aber es gibt auch Ausnahmen – etwa für Menschen, die 60 Jahre oder älter sind. „Ab dem 14. Lebensjahr müssen Kinder außerdem eingebunden werden, da sie einem Vormund dann auch widersprechen können“, erklärt Bittler. Die Verfügung können Eltern im Rahmen eines Testaments erstellen.

Wird das Testament bei einem Notar aufgesetzt, verwahrt es das Amt. „Handschriftliche Testamente sollten Eltern ebenfalls beim Nachlassgericht in Verwahrung geben“, sagt Bittler. Das koste einmalig 90 Euro. So stellen die Eltern sicher, dass das Testament nach ihrem Tod auch gefunden wird. Die Sorgerechtsverfügung kann aber auch privat aufbewahrt werden, zum Beispiel beim Vormund.

Der Vormund wird circa sechs Wochen nach einem Erbfall informiert. Ist die Sorgerechtsverfügung auf den Weg gebracht, sollten Eltern das Dokument aktuell halten. „Nachdem die Verfügung geschrieben ist, wollen sie sich viele gar nicht mehr ansehen. Das ist fatal“, sagt Becker. Denn über die Jahre kann sich vieles ändern: Die ausgewählten Großeltern können mittlerweile pflegebedürftig sein oder der prosperierende Unternehmer pleite. Außerdem können sich die Eltern und der zukünftige Vormund zerstritten haben.

Auch eine Sorgerechtsvollmacht kommt in Frage

Deshalb sollten sich Eltern eine „Wiedervorlage-Frist“ von höchstens fünf Jahren setzen, empfiehlt Becker. „Allerdings werden Kinder auch ziemlich schnell volljährig. Dann ist die Sorgerechtsverfügung nicht mehr nötig“, sagt die Expertin. Eine weitere Möglichkeit für Eltern, die etwa wegen einer Krankheit nicht mehr für ihr Kind sorgen können, ist die Sorgerechtsvollmacht. Damit können Eltern ihr Sorgerecht auf eine dritte Person übertragen.

Trotz der Bevollmächtigung bleibt der Elternteil dann sorgeberechtigt. Die Sorgerechtsvollmacht würden zudem auch Eltern nutzen, die getrennt leben. Dann bevollmächtigt ein Elternteil den Elternteil, der das Kind betreut, ihn in allen Angelegenheiten zu vertreten, die das Kind betreffen. (dpa)

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