Vom Urlaub in Quarantäne?Kölner Eltern erzählen vom Chaos der neuen Einreiseregeln

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Auch in diesem Jahr war urlauben nicht so einfach. 

Köln – Als hätten es Familien im vergangenen Jahr nicht schon schwer genug gehabt, macht Corona auch in diesem Sommer die Urlaubsplanungen schwierig. Bei einigen ist der Urlaub komplett ausgefallen, weil zum Beispiel ein Kind in den Ferien in Quarantäne musste. Wer eine Reise nach Portugal, Spanien oder in die Niederlande gebucht hat, muss ebenfalls umdenken: Diese Länder sind als Hochrisikogebiet eingestuft, wer von hier zurückkehrt und nicht vollständig geimpft ist, muss in Quarantäne. Kinder unter zwölf müssen sich auf jeden Fall fünf Tage isolieren, denn: Sie können sich ja gar nicht impfen lassen. Wieder mal sind also Familien besonders hart von den Corona-Regeln getroffen. Hier erzählen Kölner Eltern, wie sie ihre Ferien den neuen Verordnungen anpassen mussten.  

Camping in Süddeutschland statt Frankreich-Tour

Susanne Schneider (Name geändert) aus Köln ist mit ihrem Mann und den zwei Kindern gerade mit dem Wohnwagen in Süddeutschland unterwegs. „Wir sind als Camper ja zum Glück recht flexibel, aber ursprünglich hatten wir verschiedene Ziele in Europa ins Auge gefasst, die wir jetzt nicht mehr riskieren wollten“, erzählt die 40-Jährige. Sie wären zum Beispiel gerne nach Frankreich gefahren, das derzeit kein Hochrisikogebiet ist, sich aber mit einer Inzidenz von über 200 mit großen Schritten in diese Richtung bewegt. Auch Dänemark wäre eine Überlegung gewesen, aber auch dort ist die Inzidenz hoch. „Wir waren uns einfach nicht sicher, ob die Länder zu Hochrisikogebieten werden und ob man dann in Quarantäne muss. Das war uns einfach zu heikel. Es beginnt schon bei der ganz einfachen Frage, ob man es dann überhaupt verantworten kann, mit den Kindern an einem Regentag Indoor-Aktivitäten zu machen“, sagt Schneider.

Die aktuellen Corona-Reiseregeln

Seit dem 1. August gibt es nur noch Hochrisikogebiete (besonders hohes Infektionsrisiko durch hohe Inzidenzen) und Virusvariantengebiete (hohes Infektionsrisiko durch verbreitetes Auftreten bestimmter Virusvarianten), die Bezeichnung Hochinzidenzgebiet fällt weg. Wer aus einem Hochrisikogebiet zurückkehrt und nicht geimpft ist, muss zehn Tage in Quarantäne. Diese Frist lässt sich mit einem Impfnachweis oder an dem fünften Tag mit einem negativen Test verkürzen. Kinder unter zwölf Jahren müssen auf jeden Fall fünf Tage in Quarantäne, daran ändert auch ein negativer Test nichts. Einen genauen Überblick finden Sie hier

In Europa zählen derzeit außer den Niederlanden Portugal, Zypern, Großbritannien und Spanien zu diesen Ländern. Welche Länder außerhalb Europas zu den Hochrisikogebieten zählen, können Sie hier nachlesen.

Diese Unsicherheit treibt viele Familien um. Manche fahren wegen der Unwägbarkeiten und ständig wechselnden Regeln lieber gar nicht in den Urlaub, um bloß keine Quarantäne zu riskieren. Andere müssen früher nach Hause kommen, damit die auferlegte Quarantäne-Zeit sich nicht mit dem Schulbeginn oder sogar der Einschulung überschneidet. Sicher waren auch einige Familien gerade losgefahren und mussten nach wenigen Tagen den Urlaub abbrechen, um vor dem 1. August wieder in Deutschland zu sein, dem Tag, an dem die neuen Regelungen in Kraft traten. Wieder einmal sind die Leidtragenden die Kinder, die anderthalb Jahre Homeschooling und in den meisten Fällen auch mindestens schon eine Quarantäne hinter sich haben und die Auszeit dringend nötig hätten. „Das soll man dann einfach so hinnehmen und auf der anderen Seite hatten wir gerade die EM mit vollen Stadien. Aber wir Eltern beschweren uns ja schon gar nicht mehr“, sagt Schneider.

Der Sechsjährige muss als einziger in der Familie für alle Aktivitäten getestet werden

Trotz der Entscheidung, in Deutschland zu bleiben, haben die Corona-Regeln Auswirkungen auf den Urlaub der Kölner Familie: „Mein Mann und ich sind doppelt geimpft und die Kleine muss mit ihren vier Jahren noch nicht getestet werden. Der Große ist aber gerade sechs geworden und muss nun als Einziger in der Familie für alle Aktivitäten getestet werden. Das ist unangenehm für das Kind und für uns ziemlich aufwändig in Planung und Recherche“, findet sie. Der große Sohn wird bald eingeschult, auch das war ein Grund für die Schneiders, nicht ins Ausland zu fahren. Die Gefahr, nach der Rückkehr in Quarantäne zu müssen und so den wichtigen Tag zu verpassen, war ihnen einfach zu groß. Familien, die in einem der Hochrisikogebiete Urlaub machen, müssen auf jeden Fall einplanen, rechtzeitig zurück zu sein, damit die Kinder ihre fünf Tage Quarantäne absitzen können. Auch das ist eine weitere Belastung für die ohnehin gestressten Eltern und Kinder. Schneider: „Reisen soll ja was Schönes sein und auch etwas zum Entspannen. Aber als Familie ist man gerade verunsichert und auch verzweifelt.“

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Auch Sebastian Kluger aus Köln (Name ebenfalls geändert) ist wütend. Mit seinem zwölfjährigen Sohn hat er in Südtirol Urlaub gemacht. Da Italien nicht zu den Hochrisikogebieten zählt und sein Sohn alt genug ist, muss keiner von ihnen in Quarantäne. „Da hatten wir als Nordrhein-Westfalen Glück, dass wie so früh Ferien hatten und uns die Inzidenzen noch keinen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Wir hatten den Urlaub schon vergangenen Sommer gebucht und dachten da noch, bis dahin wären wir mit Corona durch“, sagt er. Anschließend waren sie noch ein paar Tage in Österreich. Für die Wiedereinreise nach Deutschland musste der Sohn, der als Einziger nicht geimpft ist, einen negativen Corona-Test vorlegen. „Das war gar nicht so einfach. Man hat uns hin und her geschickt, wir haben lange gesucht, bis wir einen Ort gefunden haben, an dem man einen kostenlosen Antigen-Test machen konnte. Schließlich sind wir dafür bis nach Innsbruck gefahren. Ich verstehe nicht, warum man das nicht direkt an der Grenze anbietet“, erzählt Kluger.

Der Freund kann nicht mit ins Feriencamp – er war auf Mallorca

Für den Rest der Ferien hat er seinen Sohn in einem Camp angemeldet. Eigentlich sollte ein Freund mitkommen, der ist aber jetzt in Quarantäne, weil er mit seinen Eltern auf Mallorca war. „Die Freude bei meinem Sohn ist natürlich riesig, dass er da jetzt alleine hingehen muss“, sagt Kluger lakonisch. Außerdem befürchtet er, dass einer im Camp erkranken könnte und anschließend alle Teilnehmer in Quarantäne müssen. Noch mehr Sorgen bereitet Kluger – übrigens selbst Lehrer und Biologe – der Schulstart nach den Ferien: „Es gibt überhaupt keine Planungen, wie das neue Schuljahr ablaufen soll. Es ist als hätten wir nichts gelernt im vergangenen Jahr. Wir als Eltern stehen mal wieder doof da.“

„Das macht die Familien mürbe.“ 

Susanne Schneider glaubt, dass den Politikern und der Öffentlichkeit nicht bewusst ist, wie viel man jetzt schon wieder den Kindern zumute: „Das wird gar nicht diskutiert, da geht es nur um die Impfskeptiker. Für die versucht man jetzt, die Regeln anzuziehen, um es denen möglichst schwer zu machen. Man trifft damit aber am Ende die Kinder.“ Für sie gebe es keine Möglichkeit, sich aus der Quarantäne frei testen zu lassen. Auch über Homeschooling werde bereits wieder diskutiert, während es für viele andere Bereiche Sonderregelungen gebe. „Für ganz vieles findet man Ausflüchte. Nur bei den Kindern fehlt einfach die Lobby. Ich finde es schwer zu ertragen, was alles erlaubt ist, aber was den Kindern verboten wird. Das macht die Familien mürbe.“ 

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