Chef bis PraktikantinWer muss eigentlich die Büroküche putzen?

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Büroküche

Kaffee-Ränder und Tellerberge: In vielen Büroküchen stapelt sich das dreckige Geschirr.

Köln/Berlin – Jeder kennt das Bild: Das dreckige Geschirr stapelt sich, die Spüle steht voller Tassen mit Kaffee-Resten, daneben liegen im besten Fall ein klitschnasses Handtuch und ein stinkiger Schwamm, den niemand mehr anfassen möchte. Die Spülmaschine müsste ausgeräumt werden, in den Schränken ist kein einziges sauberes Glas mehr zu finden.

Die Kaffeeküche ist ein ewiges Streitthema am Arbeitsplatz. Alle nutzen sie, aber niemand fühlt sich dafür verantwortlich, sie sauber zu machen. Jede Minute des Arbeitsalltags ist inzwischen durchgetaktet, da schaut jeder, dass er seine Arbeit hinbekommt und „Zusatzaufgaben“ fallen hinten über. Kurz vor Feierabend dann das Dilemma: Einerseits ärgert man sich über das Chaos, andererseits muss man los und schafft es jetzt auch nicht mehr, die Berge von dreckigem Geschirr zu bewältigen. Und zuhause wartet ja schließlich das eigene Chaos. Also wandert eine weitere dreckige Tasse in die Spüle.

Küchen-Chaos fördert Rollenklischees zutage

Die Spülmaschine wird immer von denselben drei Personen ein- und ausgeräumt, deren Ekel-Leidensgrenzen anscheinend früher überschritten sind als bei anderen. Oft kommen dabei alte Rollenklischees zum Tragen, hat Karriereberater Martin Wehrle festgestellt, Autor des Ratgebers „Der Klügere denkt nach“. „In vielen Firmen bedeutet ‚Frauenförderung‘, dass Frauen den Vortritt beim Teekochen haben.“ Männer hingegen ließen sich gern bedienen.

Dabei ist die Büroküche ein beliebter Ort für Klatsch und Tratsch. „Oft fließen die wichtigsten Informationen beim informellen Austausch“, sagt Wehrle – Chefs sollten sich also freuen, wenn die Mitarbeiter oft in der Kaffeeküche sind. „Man sollte meinen, während dieser wichtigen Tätigkeit könnte man auch gleich das Geschirr in die Maschine räumen“, stellt Autor Philipp Fischer in seiner Sammlung „111 Gründe, seine Kollegen zu hassen“ fest.

Arbeitsrecht-Expertin: In der Regel kann niemand gezwungen werden, zu putzen

Dazu verpflichtet werden, die Büroküche aufzuräumen, kann niemand – so lange es nicht zu seinen vertraglich festgelegten Aufgaben gehört. „Es kann beispielsweise zu dem vereinbarten Aufgabenbereich einer Empfangsmitarbeiterin gehören, auch für Ordnung in der Büroküche zu sorgen“, erklärt Dr. Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht.

Im Regelfall seien Reinigungsarbeiten allerdings nicht Teil der arbeitsvertraglichen Aufgaben von Büroangestellten. „In diesem Fall ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Reinigung der Büroküche zu organisieren“, erklärt Oberthür. Seine Mitarbeiter dazu verpflichten kann er also nicht.

Der Chef könne allerdings die Nutzung der Büroküche davon abhängig machen, dass die Mitarbeiter dort Ordnung halten – „zum Beispiel indem sie eigenes Geschirr in die Spülmaschine räumen und selbst verursachte Verschmutzungen entfernen.“

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Klare Regeln und Putzpläne gegen die Küchen-Krise

Etikette-Expertin Christina Tabernig rät zur einfachsten aller Lösungen: „So wie man einen Raum vorgefunden hat – nämlich sauber – so sollte man ihn auch wieder verlassen.“ Oft reicht das aber nicht, stattdessen braucht es klare Regeln und Putzpläne, sagt Rita Schilke, die als Aufräum-Coach Ordnung in Privathaushalte und Büros bringt.

„Es muss klar sein, wer für das Ein- und Ausräumen der Spülmaschine, das Zurückstellen der Tassen in den Schrank jeweils zuständig ist.“ Das könne im Turnus wechselnd immer eine andere Person oder ein anderes Team sein. „Oder es gibt eine Servicekraft, die dafür bezahlt wird.“ Allerdings muss auch jemand diese Aufgaben koordinieren, betont Schilke.

So verhindert man eventuell Schlimmeres. Denn es gibt durchaus Eskalationsstufen in der Kaffeeküche, sagt Philipp Fischer: „Vom freundlichen Ansprechen der Kollegen über das Rumgebrüll bis zur Einmischung des Abteilungsleiters habe ich da schon alles erlebt.“

Kühlschrank als Ekelfalle: Ganz neue Formen von Schimmel

Damit es gar nicht erst so weit kommt, lohnt es sich, bei allen Nutzern ein gemeinsames Sauberkeitsverständnis herzustellen. „Das muss kein großer Akt sein, schafft aber für alle Klarheit“, sagt Aufräum-Coach Schilke. So entschärft man nicht nur den Krisenherd Spülmaschine – sondern auch den eventuell noch gefährlicheren Kühlschrank

„Man lernt immer wieder neue Formen von Schimmel kennen und sieht Wesen, die man biologisch gar nicht einordnen kann“, sagt Autor Fischer. Je mehr Menschen das Gerät nutzen und ihre Lebensmittel darin vergessen, umso spannender wird es. Ausmisten, und zwar regelmäßig, ist da der Rat von Schilke. „Es sollte angekündigte Reinigungstermine geben, bei denen alle Nutzer aufgefordert werden, mal nach dem Rechten zu sehen.“ Wird in der Küche auch Essen zubereitet und im Kühlschrank aufbewahrt, sollte das einmal im Monat passieren. Sonst reicht ein vierteljährlicher Termin. (bbm/dpa)

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