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Fragen und Antworten zur DarmgesundheitSchaden Medikamente wie Antibiotika dem Darm?

Lesezeit 5 Minuten
Antibiotika-Symbolbild

Durch Antibiotikatherapien kann der Darm Schaden nehmen. Betroffene können selbst etwas dafür tun, dass der Darm sich davon wieder erholt.

  • In unserer Serie „Gesund durchs Jahr” widmen wir uns in jedem Monat einem anderen Themenbereich.
  • Im Monat September dreht sich alles um unseren Darm.
  • In dieser Folge erklären wir, wie man den Darm gesund erhalten kann und welche Medikamente und Behandlungen ihm schaden.

Köln – Der Darm ist grundsätzlich ein sehr robustes Organ, erklärt Dr. med. Julia Morgenstern, Gastroenterologin und Oberärztin der Inneren Medizin am Evangelischen Krankenhaus Kalk (EVKK). Nach der Einnahme von Medikamenten oder wenn schädliche Bakterien in den Darm gelangt sind, kann es aber sein, dass das Mikrobiom – die Ansammlung unzähliger Viren und Bakterien im Darm – wieder ins Gleichgewicht gebracht werden muss. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Darmgesundheit.

Was schadet dem Darm?

Neben einer ungesunden Ernährung schaden dem Darm vor allem Medikamente und Behandlungen, durch die die Zusammensetzung der Darmbakterien in Ungleichgewicht gebracht wird.

Zum Beispiel Schmerzmittel, Antidepressiva oder auch Antibiotika. „Es gibt im Mikrobiom ein Gleichgewicht zwischen Bakterien, Viren und Pilzen. Durch Antibiotika kann ein Teil dieser Keime abgetötet werden“, so Dr. Julia Morgenstern. Grundsätzlich seien diese „sehr gute“ Therapeutika. Ein Nebeneffekt können aber z. B. Durchfälle sein. Besonders Ältere und Menschen, die sich schlecht ernähren, sind anfälliger dafür, nach einer Antibiotikatherapie Darmprobleme zu entwickeln.

Bei der Einnahme von Antibiotika werden nicht nur die „schlechten“ Darmbakterien, sondern auch „gute“ Darmbakterien abgetötet. Darum wird  bei jeder Therapie mit einem Antibiotikum – bereits bei einer Ein-Tages-Kur – unser Mikrobiom angegriffen. Bis zu einem halben Jahr kann es dauern, bis das Mikrobiom sich danach regeneriert.

Wie kann ich nachhelfen, damit mein Darm gesund bleibt?

Entscheidend für die Darmgesundheit sind die Genetik, aber auch die Ernährung. Die Einnahme von Probiotika nach oder während einer Antibiotikatherapie kann helfen, das Mikrobiom wieder aufzubauen. Probiotika sind Medikamente oder Arzneimittel, die nützliche Bakterien enthalten.

Empfohlen werden auch fermentierte Lebensmittel. Nicht nur, um dem Darm nach der Einnahme von Medikamenten zu helfen, das Mikrobiom wieder ins Gleichgewicht zu bringen, sondern vor allem präventiv. Fermentierte Lebensmittel säuern den Darm an. Gute Bakterien mögen diese Säure – schlechte Bakterien gar nicht.

Achtung: Wer am Reizdarmsyndrom leidet, dem helfen Probiotika möglicherweise nur unzureichend. Betroffene müssen zuerst die Darmschleimhaut wieder aufbauen, bevor der Darm beispielsweise Probiotika wirksam aufnehmen kann.

Welche Wirkung hat Stress auf den Darm?

„Grundsätzlich ist Stress nicht gut für den Darm. Das kann jeder verstehen, der vor einer Prüfung schon einmal Durchfall bekommen hat. Und umgekehrt: Verstopfungen oder ähnliches sind belastend und tun auch der Psyche nicht gut“, so Julia Morgenstern.

Weil Hirn und Darm über den Vagusnerv eng verknüpft sind, senden beide Signale an den jeweils anderen. So sendet auch das Hirn bei emotionalem Stress ein Zeichen an den Darm – und der reagiert. Dazu kommt, dass die Darmschleimhaut ein hochempfindliches Nervensystem hat. Das „Darmgehirn“ sitzt in der Darmwand und hat über 100 Millionen Nervenzellen. Auch dieses spürt Stress.

Studien lassen vermuten, dass Stress auch das Mikrobiom verändert. Die Folge kann beispielsweise ein Reizdarmsyndrom sein. Dabei reagieren die Nerven in der Darmwand sozusagen überempfindsam. Beim Reizdarmsyndrom führt nachweislich Psychotherapie eher zu Verbesserungen, als etwa Magen-Darm-Medikamente.

Wie kann ich mit meiner Ernährung den Darm beeinflussen?

Jede Nahrung und Flüssigkeit, die wir zu uns nehmen, durchwandert einmal den Darm. Das verdeutlicht, wieso eine gute Ernährung für den Darm so wichtig ist. Dr. Morgenstern rät zu frischem unverarbeiteten Gemüse und Obst und probiotischem Joghurt. „Beispielsweise mit Joghurt kann man seine Darmgesundheit verbessern. Das klappt nicht bei jedem. Aber es ist einen Versuch wert und leicht umsetzbar. Auf teure Therapien kann man verzichten“, sagt sie. Häufiger Verzehr von rotem Fleisch hingegen führt vermehrt zu Polypen im Darm, aus denen sich Darmkrebs entwickeln kann.

Wie wirkt sich eine Spiegelung auf den Darm aus?

Bei der Reinigung des Darms vor der Spiegelung wird ein großer Teil des Mikrobioms herausgespült. „Manchen Patienten geht es hinterher sogar besser, weil sie Keime losgeworden sind, die ihnen vorher zu schaffen gemacht haben“, so Julia Morgenstern. „Man trinkt sozusagen einmal alles leer und baut es dann wieder auf. Man macht einmal alles, was auch in vielen Kuren geraten wird“. Nach sechs bis acht Wochen stellt sich das Darmmilieu – bei gewohnter Ernährung – wieder so ein, wie es war. Gesunde Ernährung und probiotischer Joghurt können den Prozess positiv beeinflussen.

Mit welchen Therapien werden Darmbeschwerden behandelt?

Um die Ursachen für Beschwerden herauszufinden, wird meist Blut abgenommen und in jedem Fall eine Stuhlprobe durchgeführt. Ärzte müssen wissen, ob Patienten im Ausland waren oder zuvor Antibiotika eingenommen haben. Beispielsweise im Fall von blutigem Durchfall nach einer Antibiotikatherapie kann dann eine Endoskopie durchgeführt werden. „Das geht ohne große Vorbereitung. Und danach ist die Diagnose oft klar und man kann sofort reagieren“, so Julia Morgenstern.

Was bringen Stuhltransplantationen?

Eine Behandlungsmethode für verschiedene Darmerkrankungen, die aber noch Gegenstand der Forschung ist, sind Stuhltransplantationen. Wie und ob diese für Patienten zu Verbesserungen führen, wird beispielsweise gerade bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und dem Reizdarmsyndrom untersucht.

Bei Clostridien – Bakterien im Darm, die zu Durchfall führen – die nicht mit anderen Medikamenten in den Griff zu bekommen sind, sind Stuhltransplantation schon eine gängige Therapie. Während der Pandemie sind Stuhltransplantationen allerdings ausgesetzt. Corona ist auch im Darm nachweisbar. „Stuhltransplantationen sind eine etablierte Methode für Patienten, die immer wieder eine Infektion mit Clostridien bekommen oder bei denen andere Therapeutika nicht anschlagen", so Morgenstern. "Allerdings liefern Studien bisweilen auch unerwartete Ergebnisse".

Beispielsweise hätten Mäuse den Stuhl von ängstlichen Mäusen transplantiert bekommen und seien danach selbst ängstlicher geworden. Tiere, denen man den Stuhl dickerer Mäuse transplantierte, wurden selbst dick. Ältere Mäuse, denen man den Kot jüngerer Mäuse transplantierte, zeigten einen verlangsamten Alterungsprozess.

Was bringen Kuren und spezielle Diäten für den Darm?

Ökogramme, mit denen Patienten selbst ihre Darmtätigkeit bewerten sollen, hält Julia Morgenstern für wenig sinnvoll. „Oft bringen Patienten ein Stuhl-Ökogramm mit, für das sie selbst um die 300 Euro gezahlt haben. Das ist etwas, das würde ich nicht empfehlen. Von den Billionen Organismen im Darm kann man nur einen winzigen Teil erfassen. Daraus eine Diät zu machen, nach der sich der Patient richten soll, das führt oft nicht zum Erfolg“, so die Ärztin. Das Geld solle man besser in gesunde Ernährung oder einen Kochkurs investieren.

Viele Patienten mit Darmbeschwerden würden anfangen, beim Essen auf unzählige Dinge zu verzichten. „Denen fehlt dann das gesellige miteinander Essen, was für das Wohlbefinden ganz wichtig ist“, so Morgenstern. Und oft helfe den Betroffenen der Verzicht auf spezielle Lebensmittel nicht einmal wirklich weiter. Die Patienten müssten dann zuerst wieder lernen gut zu essen. Kuren wie Heilfasten machen für Morgenstern Sinn, wenn Patienten dabei lernen sich anders zu ernähren – und dies auch nach der Kur beibehalten.

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