Hochwirksame Antikörper entwickeltWie Alpakas beim Kampf gegen Corona helfen

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Die Alpakas Britta (von links), Xenia und Nora vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. 

Göttingen – Was für eine schöne Nachricht! Göttinger Forschern ist es gelungen, hochwirksame Mini-Antikörper gegen Covid-19 zu entwickeln. Nicht im Reagenzglas im Labor, sondern aus dem Blut von drei Alpakas. Wenn die neuen Antikörper die klinischen Tests bestehen, könnten sie zu einem wichtigen Medikament gegen Covid-19 werden und sogar dessen neue Varianten bekämpfen. „Sie vereinen erstmals extreme Stabilität und höchste Wirksamkeit gegen das Virus und dessen Alpha-, Beta-, Gamma- und Delta-Varianten“, teilt Dirk Görlich, Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, auf der Seite der Max-Planck-Gesellschaft mit. Die Mini-Antikörper seien zudem bis zu 95 Grad hitzebeständig. 

Antikörper aus dem Blut von Alpakas

Hergestellt wurden die als Nanobodies bezeichneten Antikörper aus dem Blut von Alpakas, die das Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie zu Forschungszwecken hält, genauer gesagt aus dem Blut von Britta, Nora und Xenia. Und so funktioniert es: Das Corona-Virus nutzt das sogenannte Spike-Protein, um an die Zellen anzudocken und die Aufnahme des Virus in die Zelle zu vermitteln. Die Göttinger Forscher injizierten den drei Alpaka-Stuten mehrmals einen Teil dieses Proteins. Die Tiere bildeten daraufhin Antikörper gegen diesen Proteinteil. Nach der letzten Injektion entnahmen die Forscher den Tieren dann eine kleine Menge Blut, aus dem sie im nächsten Schritt mithilfe von Enzymen, Bakterien und Hefen die Baupläne für rund eine Milliarde verschiedener Nanobodies gewannen, die immer weiter verfeinert und verbessert wurden. Die Belastung für die Tiere sei den Wissenschaftlern zufolge insgesamt sehr gering gewesen und mit einer Impfung oder Blutuntersuchung beim Menschen vergleichbar.

Mehr über die Forschungsergebnisse

Die Studie der Göttinger Forschungsgruppe wurde im Fachjournal The Embo Journal veröffentlicht. Hier können Sie das Original nachlesen.   In einem YouTube-Video erklären die Forscher noch einmal anschaulich dargestellt ihre Ergebnisse. 

Antikörper helfen dem Immunsystem dabei, Krankheitserreger abzuwehren, indem sie sich an Viren binden und sie so unschädlich machen. Die industrielle Herstellung ist allerdings ziemlich teuer. Auch hier könnten die neu entdeckten Nanobodies eine Lösung sein, weil sie unkompliziert zu gewinnen sind.

Wie andere im Labor hergestellte Mini-Antikörper auch richten sich die Nanobodies aus dem Alpaka-Blut gegen die Rezeptor-Bindedomäne – jenen Bereich des Spike-Proteins, mit dem das Virus seine Wirtszellen erkennt und in sie eindringen kann. Die Nanobodies heften sich an die Bindedomäne, blockieren sie und verhindern so, dass das Virus Zellen infiziert.

Auch wirksam gegen die Delta-Variante

Den Forschern zufolge binden sich bereits die einfachsten Mini-Antikörper bis zu 1000-Mal stärker an das Spike-Protein als zuvor entwickelte Nanobodies gegen Covid-19. Zudem hefteten sie sich auch sehr gut an die mutierten Rezeptor-Bindedomänen der Alpha-, Beta-, Gamma- und Delta-Stämme und seien damit auch gegen bekannte Varianten des Coronavirus wirksam. Das fanden die Forscher allerdings eher zufällig heraus, denn sie hatten die Alpakas eigentlich nur mit dem ersten bekannten Sars-CoV-2-Virus geimpft. Trotzdem produzierten die Tiere auch Antikörper gegen die anderen Varianten. Noch besser funktioniere dieser Effekt im Zweier- oder Dreierpack, bei dem drei identische Nanobodies so miteinander verknüpft werden, dass sie zur Symmetrie des Spike-Proteins passen.

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Antikörper können einfach inhaliert werden

Und es gibt noch einen weiteren Vorteil: „Unsere einfachen Nanobodies eignen sich möglicherweise dafür, inhaliert zu werden, um so das Virus in den Atemwegen einzudämmen. Da sie sehr klein sind, können sie zudem leicht ins Gewebe eindringen und das Virus direkt am Infektionsort an einer weiteren Ausbreitung hindern“, glaubt Matthias Dobbelstein, Professor und Direktor des Instituts für Molekulare Onkologie an der Universitätsmedizin Göttingen. Da bereits geringste Mengen ausreichten, um den Erreger zu stoppen, könnten die Medikamente deutlich günstiger als bisher produziert werden. Das Göttinger Team bereitet die Nanobodies nun für den therapeutischen Einsatz vor. 

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