Im SchlafKlarträumer können die Handlung ihrer Träume steuern – aber wie?
Klarträumer können ihre Traumhandlungen bewusst herbeiführen und steuern.
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- Fliegen lernen? Fremdgehen? Im Klar- oder luziden Traum geht fast alles! Denn wer diese Fähigkeit besitzt, kann im Schlaf nach eigenem Entschluss handeln.
- Studien haben ergeben, dass ein Viertel aller Menschen regelmäßig klarträumt und dass es fünf Prozent gelingt, die Handlung des Traums zu beeinflussen.
- Eine Expertin erklärt, was dabei in unserem Kopf vor sich geht, wie man Klarträume trainieren kann und wofür das gut ist.
Klarträumer können ihre Gedanken im Traum und die Phantasiegeschichten darin steuern, gar in sie eingreifen. Ich dachte, Träume entziehen sich unserem Willen und wir sind ihnen restlos ausgeliefert? Ursula Voss: Es ist wahr, dass wir im normalen REM-Traum weder den Traumhergang noch die – Geschichte kontrollieren können. Der Grund dafür ist, dass der Teil des Gehirns, der für die Exekutivfunktionen wie zum Beispiel entscheiden, planen, oder kontrollieren verantwortlich ist, nur sehr stark reduziert aktiv ist. Diese Hirnregion nennt sich Frontalkortex und schaltet sich im Klartraum wieder zu. Zwar nicht in dem Ausmaß, in dem er während des Wachseins aktiv ist, aber stärker als im normalen REM-Schlaf. Es ist fast so, als wachte der frontale Kortex auf, während der Rest des Gehirns weiter schläft. Dadurch werden Exekutivfunktionen wieder ausgeführt: Der Klarträumer kann seinen Zustand „Ich schlafe“ erkennen und, wenn er im Klarträumen geübt ist, auch die Handlung des Traums ein wenig planen und verändern.
Luzides Träumen nennt man diese Fähigkeit der Klarträumer. Wie lautet Ihre Definition?
Ich verstehe luzides Träumen als einen Zwischenzustand. Wenn wir das Gehirn währenddessen mit einer Fußballmannschaft vergleichen, dann ist es so, als laufe der Kapitän gemächlich aufs Feld, während der Rest der Mannschaft in der Kabine bleibt und sich über das Wochenende austauscht. Der Kapitän ist in dem Fall der Frontalkortex, der aufwacht und sich auf das vorbereitet, was da nun kommen mag – das Training oder das Fußballspiel. Und die Mannschaft symbolisiert die Teile des Großhirns, die noch anderweitig beschäftigt sind – mit all den Dingen, die während dem REM-Schlaf stattfinden.
Zur Person
Dr. Ursula Voss ist Diplom-Psychologin und Traumforscherin an der Goethe Universität Frankfurt. Die Klartraumaforschung ist eines ihrer Spezialgebiete.
2009 fand sie in ihrem Schlaflabor heraus, dass Klarträumen mit einer Veränderung der Hirnstrommuster einhergeht. Sie zeichnete dabei die erste Live-Aufnahme eines klarträumenden Gehirns auf. In einem anderen Versuch konnte sie bei Probanden innerhalb der Tiefschlafphase mit Hilfe von elektrischen Impulsen Klarträume auslösen.
Wo stoßen Klarträumer an ihre Grenzen?
Der Traum einer Studienteilnehmerin ist ein schönes Beispiel dafür, dass die Kontrolle eines Klarträumers begrenzt ist: In ihrem Traum war der Himmel grau und es regnete. Sie wünschte sich aber, dass die Sonne scheint. Dann sei auf einmal der Himmel komplett aufgerissen, leuchtete strahlend blau, auch die Sonne schien, aber es regnet weiter. Dieser Klartraum macht deutlich, dass die Träumerin zwar in die Traumhandlung eingreifen kann, dass sie aber dennoch schläft und bizarre Dinge im Traum erlebt.
Ich denke manchmal im Traum, ich sei wach, bin es aber nicht, ist das schon luzides Träumen?
Die luzide Einsicht ist das Hauptkriterium, das den Klartraum ausmacht. Wenn Sie feststellen, dass Sie träumen während Sie träumen, befinden Sie sich in einem Klartraum. Wenn Sie aber nur denken, Sie seien wach, ist das kein wesentliches Kriterium für einen Klartraum. Wir können ja im normalen REM-Traum gerade nicht zwischen Phantasie und Wirklichkeit differenzieren. Wir denken zwar meist nicht explizit „Ich bin wach“, aber wir sind sicher, dass die Dinge gerade wirklich passieren. Vielleicht meinen Sie aber etwas anderes, ein sogenanntes falsches Erwachen. Dann denken Sie, Sie seien aufgewacht, träumen aber weiter. Auch das ist kein Klartraum im eigentlichen Sinne.
Haben Klarträumer auch Klarheit über ihre Sinne im Traum? Können sie also riechen, schmecken, fühlen?
Wir wissen, dass alle sensorischen Erlebnisse im REM-Traum möglich sind, dabei ist das olfaktorische, also schmecken und riechen eher selten. Sehen, hören und fühlen sind auch im Klartraum möglich. Versuche legen nahe, dass das Schmecken und Riechen dabei häufiger angesprochen wird als im normalen REM-Traum. Was bedeutet: Im Klartraum ist die Sensorik bewusster und wird damit stärker wahrgenommen.
Handeln Klarträumer gewissenhaft?
Nicht unbedingt. Wenn Klarträumer wissen, dass alles nur ein Traum ist, erlauben sie sich auch Dinge zu tun, die nicht unbedingt mit ihrem moralischen Selbstverständnis übereinstimmen, und gehen zum Beispiel fremd oder stehlen etwas, das sie ich schon lange wünschen.
Ist luzides Träumen wissenschaftlich nachgewiesen?
Klarträume sind sowohl elektrophysiologisch als auch neurophysiologisch identifizierbar, wenn etwa ein Teil des Gehirns schläft, und ein anderer Teil aufwacht. Ein Kollege hat Klarträumer im MRT nachgewiesen und wir haben es im EEG aufgezeigt.
Was unterscheidet luzide Träume von Halluzinationen?
Im Gegensatz zu Halluzinationen weiß ich im Klartraum, dass das Geträumte nicht wahr ist. Der Unterschied liegt also in der Reflektion. Der normale REM-Traum gleicht einer Halluzination, allerdings ist ein wacher Mensch, der halluziniert, wesentlich stärker gefordert als ein träumender. In der wachen Halluzination erlebt der Betroffene Gehirngespinste, die das Hirn ohne Input von außen produziert und gleichzeitig nimmt er Dinge wahr, die wirklich passieren. Zum Beispiel hört die betroffene Person Stimmen, die ihr Befehle geben und gleichzeitig spricht jemand mit ihr. Das ist oft sehr anstrengend. Der REM-Traum dagegen kann ohne Input von außen vonstattengehen und läuft in der Regel ungestört ab.
Was für Menschen sind Klarträumer? Anders gefragt: Gibt es Charaktereigenschaften, die einen besonders dazu befähigen?
Klarträumen kann fast jeder lernen. Nach meiner Erfahrung sind besonders Menschen mit einem hohen Kontrollbedürfnis sehr vom Klarträumen angetan, auch Menschen, die eine starke interne Kontrollüberzeugung haben, die also nicht das Schicksal oder andere für ihren Erfolg oder Misserfolg verantwortlich machen sondern sich selbst.
Ist die Fähigkeit abhängig von Alter und Lebenssituation?
Kinder träumen oft spontan luzide. Bei ihnen ist das Gehirn noch nicht vollständig vernetzt, insbesondere ist der Frontalkortex noch nicht vollständig zugeschaltet. Da kann es passieren, dass er sich zufällig nachts dazugesellt, was dann – sofern dies während einer REM-Phase geschieht – einen Klartraum zur Folge hat. Was die Lebenssituationen betrifft, sind die Berichte nicht ganz eindeutig. Viele unserer Teilnehmer sagen, sie bräuchten Ruhe und Konzentration, um klarträumen zu können, andere berichten, es funktioniere am besten nach extremer Anspannung und geringer Schlaftiefe. Beides ist plausibel: Wenn ich ausgeruht bin, benötige ich Kraft und Konzentration, um den REM-Zustand zu verändern. Wenn ich eh unruhig schlafe, ist es mir ein Leichtes in einen weniger tiefen REM-Schlaf einzutauchen.
Inwiefern ist Klarträumen trainierbar? Gibt es bestimmte Techniken?
Ja, Klarträumen kann man sich aneignen, manche lernen es schnell, andere nicht. Der britische Traumforscher und Psychiater Allan Hobson hat einmal in einem Seminar, das er während meiner Zeit in Bonn gegeben hat, einem Teilnehmer, der wohl seit Monaten erfolglos versucht hat, luzide zu werden, Folgendes geraten: „Entspann Dich, versuche es nicht zu angestrengt!“ Am nächsten Morgen hat der Teilnehmer von einen Klartraum aus der Nacht berichtet.
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Stichwort „Luzides Träumen als Lebenshilfe“ – was bringt es mir, den eigenen Traumzustand zu erkennen?
Ich träume gerne und viel und es ist nachgewiesen, dass wir, wenn wir viel erlebt oder gelernt haben, intensiver träumen. Das bedeutet: Der Traum hat eine wichtige Funktion für die Verarbeitung von Erfahrungen, insbesondere emotionalen. Warum sollte ich versuchen, meinem Gehirn vorzuschreiben, wie es diese Erfahrungen sortiert? Der Klartraum allerdings ist interessant für die Erforschung von Bewusstseinsbildung und auch als persönliche Herausforderung: Kann ich das? Manche Menschen haben Angst vor ihren Träumen, zum Beispiel Albtraum-geplagte Menschen. Sie versuchen den REM-Schlaf unbewusst zu unterdrücken und darunter leidet der gesamte Schlaf – und die Erholung. Hier bietet sich der Klartraum als therapeutisches Mittel an, um dem REM- Schlaf seinen Schrecken zu nehmen.
Klarträume - Definition, Studien und Lebenshilfe
Klarträume oder luzide Träume (von lateinisch „lucis“ = Licht) sind Träume, in denen man sich sehr klar darüber ist, dass man träumt und nach eigenem Entschluss handeln kann. Klarträumer nennt man auch „Oneironauten“ (von griechisch „oneiros“ = Traum und „nautēs“= Seeahrer).
Eine britische Studie des Schlafforschers W.B. Saunders aus dem Jahr 2016 ergab, dass fast die Hälfte aller Erwachsenen einmal im Leben bewusst geträumt hat, rund ein Viertel aller Menschen tut das regelmäßig und fünf Prozent gelingt es, die Handlungs des Traums bewusst zu beeinflussen.
Der Heidelberger Sport- und Traumforscher Daniel Erlacher beobachtete in einer Studie von 2005 geübte Klarträumer in seinem Schlaflabor. Zuvor vereinbarte er mit ihnen ein Zeichen: Sobald sie merkten, dass sie sich in einem Traum befinden, sollten zweimal die Augen hin und her bewegen. Diese Bewegung ist auch bei geschlossenen Lidern zu erkennen und unterscheidet sich von den schnellen Bewegungen des REM-Schlafs (Rapid Eye Movement).
Die Probanden waren Sportler, die bestimmte Übungen im Traum machen sollten, etwa Kniebeugen. Tatsächlich konnte Erlacher messen, dass sich die Atemfrequenz erhöhte und bewies damit, dass durch das Training im Schlaf ein körperlicher Effekt erzielt werden kann.
Psychiater und Therapeuten trainieren mit Patienten Techniken des Klarträumens - oder sie führen Klarträume mittels elektrischer Impulse bei ihnen herbei - um damit etwa deren Albträume oder posttraumatischen Belastungsstörungen zu behandeln.