In Sachen LiebeMeine Frau will nach Feierabend immer reden, ich aber nicht – was tun?

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„Erzähl' doch mal von der Arbeit, Schatz!!!“

  • Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
  • Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und Kindererziehung.
  • In dieser Woche erklärt Daniel Wagner, wie man als Paar damit umgehen kann, wenn es unterschiedliche Gesprächs-Bedürfnisse gibt.

Köln – Meine Partnerin und ich sind seit über zehn Jahren weitestgehend glücklich liiert. Allerdings gibt es ein wiederkehrendes Problem. Meine Frau arbeitet schon länger, auch schon vor Corona, im Homeoffice. Ich hingegen bin Führungskraft bei einem größeren Unternehmen und eigentlich den ganzen Tag außer Haus. Wenn ich abends nach Hause komme, werde ich direkt von meiner Frau vereinnahmt. Sie hat dann ein großes Bedürfnis, sich auszutauschen. Da ich weiß, dass Sie den ganzen Tag alleine zu Hause war, versuche ich, mich dann auch auf Sie einzulassen. Dabei bin ich eigentlich gar nicht in der Stimmung, da ich den ganzen Tag in Hektik und viel in Kontakt mit anderen war. Das führt dann dazu, dass ich sehr gereizt bin. Das merkt meine Partnerin. Das führt immer wieder auch zu Streitigkeiten. Zwar kann ich den Ablauf gut beobachten und reflektieren, finde aber irgendwie keinen Ausweg. Ist es falsch, dass ich nicht sofort, wenn ich nach Hause komme, Lust auf ein Gespräch habe? Haben Sie hilfreiche Ideen, wie wir konstruktiv damit umgehen können? Michael, 46

Tatsächlich ist das, was Sie beschreiben, ein Klassiker der Herausforderungen in Paarbeziehungen. Das Muster, welches sich hier abzeichnet, gibt es in vielen Facetten und Variationen. Im Grunde geht es um die Vereinbarung eigener Bedürfnisse und der Bedürfnisse meines Gegenübers, und in diesem speziellen Fall um das Bedürfnis nach Grenzen oder auch um die Ausbalancierung von Nähe und Distanz.

Dr. Daniel Wagner

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Psychotherapeut und Dozent Dr. Dr. Daniel Wagner aus Köln

Foto: Daniel Wagner

Privatdozent Dr. Dr. Daniel Wagner ist Psychotherapeut und habilitiertes Mitglied der medizinischen Fakultät der Universität zu Köln. Neben Dozenten-, Vortrags-, Lehr- und Forschungstätigkeiten ist er niedergelassen in eigener Privat- und Lehrpraxis in Köln mit den Schwerpunkten Psychotherapie, Paarberatung und Coaching. Als Experte beantwortet er in der Kolumne „In Sachen Liebe" Leserfragen.

Viele von uns tragen die Grundannahme in sich, dass wir uns immer auf unseren Partner, auf unsere Partnerin freuen und stets zur Verfügung stehen sollten. Schließlich handelt es sich doch um die wichtigste Person, oder?

Dabei ist es auch und vielleicht gerade in einer Paarbeziehung immens wichtig, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen, für diese einzustehen und sich – wenn nötig – abgrenzen zu können. Andernfalls geraten wir genau in den Teufelskreis, den Sie exemplarisch beschreiben. Wir vernachlässigen uns selbst, werden unzufrieden – und die Beziehung leidet. Was ist also zu tun? Einfach immer ganz egoistisch nur sich selbst im Blick haben?

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Auch das wäre sicher zu einseitig gedacht. Nehmen wir Ihren konkreten Fall. Sie kommen eigentlich mit einem Bedürfnis nach Ruhe und Stille nach Hause. Zunächst könnten Sie natürlich prüfen, ob es möglich ist, in anderer Verfassung nach Hause zu kommen. Können Sie den Arbeitsalltag so gestalten, dass Sie ihn entspannter beenden (weniger Termine, mehr Pausen etc.)?

Sollten Sie hier nicht weiterkommen, ist es sicher sinnvoll, mit Ihrer Partnerin zu sprechen. Vielleicht können Sie Ihr erklären und verständlich machen, wie es Ihnen geht, wenn Sie nach Hause kommen. Überlegen Sie gemeinsam, wie Sie mit der Situation umgehen können. Ist es denkbar, dass Sie sich zunächst für eine gewisse Zeit in Stille zurückziehen? Häufig führt das dazu, dass Sie schon nach einer kurzen Phase der Regeneration wieder Lust haben, Ihrer Partnerin nahe zu sein.

Leseraufruf

Regelmäßig beantwortet jemand aus unserem „In Sachen Liebe“-Team Ihre Fragen. Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt; was Ihnen schwerfällt, wo Sie sich einen guten Rat wünschen!

Ihre Zuschriften unterliegen dem Redaktionsgeheimnis und werden von uns in anonymisierter Form zur Beantwortung weitergegeben. 

Schicken Sie Ihre Frage an:  in-sachen-liebe@dumont.de

Experimentieren Sie damit, was für Sie funktioniert. Wenn Sie dann weniger angespannt und gereizt sind, wird es für Sie und auch für Ihre Partnerin viel schöner sein, sich auszutauschen und gemeinsame Zeit miteinander zu verbringen.

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