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Neue StudienWie viel Alkohol der Gesundheit schadet

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Ein Glas Rotwein zum Entspannen: Alkohol gehört für viele zum Alltag.

Ein Glas Rotwein zum Entspannen: Alkohol gehört für viele zum Alltag.

In Maßen genossen soll Alkohol sogar gesund sein, Rotwein etwa das Herzinfarkt-Risiko senken. Doch die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen machen die Risiken deutlich, aufgrund von Alkohol an bestimmten Krankheiten zu sterben. So erhöht Alkohol das Krebsrisiko, starker Konsum schädigt die Leber, den Magen und auch das Gehirn.

1,8 Millionen Deutsche sind alkoholabhängig

Dazu kommt: Millionen Menschen haben ihren Konsum nicht im Griff. Die Anzahl der Alkoholabhängigen in Deutschland ist innerhalb weniger Jahre stark angestiegen, zeigt der gerade veröffentlichte Suchtbericht des Münchner Instituts für Suchtforschung. Etwa 1,8 Millionen Deutsche gelten laut dem Bericht als abhängig. Weitere 1,6 Millionen trinken sehr viel, gelten aber noch nicht als süchtig.

Doch welches Trinkverhalten ist unbedenklich und welches schädlich? Erkenntnisse dazu liefern zwei neue Studien. Die erste ist eine europäische Langzeitstudie mit mehr als 380.000 Teilnehmern. Die Untersuchung von Manuela Bergmann und Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) zeigt, dass Frauen und Männer, die lebenslang im Schnitt nicht mehr als ein Glas beziehungsweise zwei Gläser Alkohol am Tag trinken, ein vermindertes Risiko haben, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben. Das Erstaunliche ist: Das Risiko fällt nicht nur gegenüber Vieltrinkern geringer aus, sondern auch gegenüber Wenigtrinkern.

Vieltrinker konsumieren 60 Gramm täglich

Als Vieltrinker bezeichnen die Autoren Männer, die mehr als 60 Gramm Alkohol pro Tag trinken, etwa fünf Gläser eines alkoholischen Getränks. Für Frauen gilt die Hälfte, also 30 Gramm Alkohol. Diese Menge entspricht zweieinhalb Gläsern, wenn man im Durchschnitt von 12 Gramm Alkohol pro Getränk ausgeht. Wenigtrinker sind laut der Studie Menschen, die nicht mehr als 12 Gramm (Frauen) und 24 Gramm (Männer) Alkohol in der Woche konsumieren.

Die Daten der im Fachmagazin International Journal of Epidemiology veröffentlichten Studie zeigen: Personen, die seit jeher nicht mehr als die empfohlene Menge Alkohol trinken, haben ein um bis zu 14 Prozent verringertes Sterberisiko, vor allem bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gesundheitsorganisationen wie die American Heart Association oder der World Cancer Research Fund halten bei gesunden Männern eine Tagesmenge von 24 Gramm Alkohol für akzeptabel, für gesunde Frauen sind es 12 Gramm. Beide Angaben sollen als Obergrenzen verstanden werden und nicht als Empfehlung, jeden Tag diese Menge zu trinken.

Ehemalige Vieltrinker, die ihren Konsum zu Beginn der Studie auf ein bis zwei Gläser reduzierten, konnten davon nicht profitieren. Ihr Sterberisiko blieb weiterhin deutlich erhöht, zum Teil um das siebenfache.

Alkohol in moderaten Mengen

Die Schlussfolgerung moderater Alkoholkonsum fördere die Gesundheit, ziehen die Autoren der Studie nicht. Obwohl sie bei den gemäßigten Konsumenten ein geringeres Sterberisiko feststellten, sehen die Wissenschaftler den Alkohol nicht als Ursache. „Vielmehr bestärken unsere Ergebnisse die Vermutung, dass gesunde Menschen Alkohol in moderaten Mengen ohne größere nachteilige Folgen für die Gesundheit verkraften“, erklärt Heiner Boeing.

Wie schwerwiegend Vieltrinken bereits für Männer im mittleren Alter sein kann, verdeutlicht die Studie des Teams um Séverine Sabia vom University College London. Die in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlichte Untersuchung erfasst die Trinkgewohnheiten von mehr als 5000 Männern und 2000 Frauen, die zu Beginn der Studie zwischen 45 und 69 Jahre alt waren. Die Teilnehmer wurden innerhalb von zehn Jahren insgesamt dreimal befragt. Außerdem testeten die Wissenschaftler Gedächtnis und Gehirnleistung der Teilnehmer. Diese Tests wurden innerhalb der nächsten zehn Jahre zwei weitere Male durchgeführt.

Ergebnis: Die Studie liefert Hinweise darauf, dass ein starker Alkoholkonsum schon bei Männern mittleren Alters einen schnelleren Rückgang der Gedächtnisleistungen zufolge hat. Unter starkem Alkoholkonsum verstehen die britischen Wissenschaftler mehr als 36 Gramm Alkohol täglich, also etwa drei Gläser. Trinken Männer mehr als zehn Jahre lang viel Alkohol, ist ihre Gedächtnisleistung laut der Studie auf dem Level eines etwa sechs Jahre älteren gemäßigten Trinkers.

Zwischen Teilnehmern, die nicht oder nur mäßig Alkohol tranken, stellten die Wissenschaftler keine Unterschiede fest. Weil zu wenige Frauen unter den Vieltrinkern waren, konnten die Wissenschaftler nicht sicher feststellen, ob bei Frauen das Gedächtnis durchs Trinken ähnlich beeinträchtigt wird.

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