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Nicht harmlosRegelmäßiger Gebrauch von Nasenspray kann zu „Stinknase“ führen

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Ja, Nasenspray kann süchtig machen, schon ab zwei Wochen treten deutliche Gewöhnungseffekte ein.

Ja, Nasenspray kann süchtig machen, schon ab zwei Wochen treten deutliche Gewöhnungseffekte ein.

Es ist verlockend: nur ein, zwei Sprühstöße und die Nase ist selbst bei der dicksten Erkältung innerhalb weniger Minuten wieder frei. Dazu ist Nasenspray günstig, ist ohne Rezept in jeder Apotheke verfügbar und kostet nur wenige Euro. Dass es sich dabei um ein Medikament mit Suchtfaktor handelt, ist vielen Patienten nicht klar. Im schlimmsten Fall kann das Dauersprayen die Nase sogar so schädigen, dass sie schmerzt und faulig riecht. 

Wie viele Deutsche tatsächlich abhängig sind, weiß niemand genau. Die „FAZ“ zitiert Pharmakologe Gerd Glaeske, der ausgehend von den Verkaufszahlen der Präparate schätzt, dass mindestens 100.000 bis 120.000 Deutsche regelmäßig zum Nasenspray greifen – auch ohne Erkältung. Wer in der Apotheke ein Nasenspray kauft, wird in der Regel vom Apotheker darauf hingewiesen, das Mittel nicht länger als eine Woche anzuwenden. Zudem sind Apotheker laut Apothekenbetriebsordnung dazu verpflichtet, „einem erkennbaren Arzneimittelmissbrauch in geeigneter Weise entgegenzutreten“ und können die Ausgabe des entsprechenden Medikaments verweigern. Das können Patienten mit einem einfachen Apothekenwechsel aber schnell umgehen.

Zugeschwollene Schleimhäute machen das Atmen schwer

Haben wir Schnupfen, schwillt die Nasenschleimhaut an und verengt so den Atemweg. Zudem bildet sich Schleim, der die Erkältungserreger aus der Nase transportieren soll, unsere Nase läuft. Benutzen wir Nasenspray, sorgt das Medikament zunächst dafür, dass die durch den Schnupfen angeschwollenen Nasenschleimhäute abschwellen. So weit, so gut.

Wirkstoffe, die für das Abschwellen sorgen, sind sogenannte Alpha-Sympathomimetika. Sie verengen – ähnlich wie Adrenalin, das der Körper bei Gefahr ausschüttet – die Gefäße. Stoffe, die man häufig in Nasenspray findet, sind Xylometazolin sowie Oxymetazolin. Auch wenn das Nasenspray die Erkältung nicht lindert oder verkürzt, empfinden viele Patienten eine freie Nase als Wohltat – und greifen daher immer wieder zum Nasenspray.

Gefäße weiten sich – und schwellen umso heftiger wieder zu

Das Problem dabei: Der Körper ist ein Gewohnheitstier und der Körper gewöhnt sich an den Wirkstoff. Darum produziert er immer weniger Botenstoffe, die dafür sorgen, dass die Nase von allein frei wird. Wer regelmäßig Nasenspray anwendet, wird bald feststellen, dass – auch wenn keine Erkältung vorliegt– die Nase dicht ist und man nur schlecht Luft bekommt.

„Um eine ausreichende Durchblutung sicherzustellen, reagiert der Körper mit einer Weitstellung der Gefäße und bildet zusätzlich Gefäße aus. Wenn die abschwellenden Medikamente weggelassen werden, schwellen die Nasenschleimhäute deshalb besonders heftig zu – für die Betroffenen Anlass, das Medikament weiter zu gebrauchen“, beschreibt Graeske für die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) den Teufelskreis der betroffenen Patienten.

Bei der Nasentropfen-Nase schrumpft die Schleimhaut

Es entsteht ein medikamentenbedingter „Schnupfen“, der wiederum abschwellende Medikamente erforderlich macht. Es kommt zu einer so genannten „Nasentropfen-Nase“. Dabei bleiben die Blutgefäße in der Schleimhaut dauerhaft eng gestellt, die Schleimhaut beginnt zu schrumpfen und sondert kaum noch Sekret ab, sie trocknet aus. Die Folge: Die Nase wird anfällig für Viren und Bakterien, kann sich erneut entzünden.

Übel riechende Stinknase durch abschwellendes Nasenspray

Ein fortgeschrittenes Stadium stellt die sogenannte Stinknase, unter Fachleuten Ozäne genannt, dar. Dabei bildet sich die Nasenschleimhaut zurück, Bakterien können sich in der Nase ansiedeln. Diese verursachen einen unangenehmen, fauligen Geruch, den der Betroffene jedoch nicht wahrnimmt, sein Umfeld dagegen umso heftiger. Doch es zieht sich nicht nur die Schleimhaut zurück, auch die schleimproduzierenden Drüsen sind betroffen: sie produzieren weniger Schleim und können weder das feuchte Milieu der Nase aufrechterhalten, noch Fremdkörper, Schmutz und Keime aus der Nase schwemmen.

Ein zähflüssiges, gelb-grünes bis gräulich-schwarzes Nasensekret ist daher ein Symptom der Stinknase. Aufgrund dieser dauerhaften Verstopfung kann der Betroffene unter Schmerzen in der Nase oder auch Kopfdruck oder Nasenbluten leiden.

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Schritt für Schritt vom Nasenspray entwöhnen

Wer dauerhaft Nasenspray verwendet hat und abhängig geworden ist, kann sich Schritt für Schritt entwöhnen. Die Dosis sollte zunächst langsam verringert werden, etwa mit einem Nasenspray für Kinder, rät das Deutsche Grüne Kreuz (DGK). Die Wirkstoffe seien darin niedriger konzentriert. Das Spray sollte zudem abwechselnd immer nur in ein Nasenloch gesprüht werden. So könne das jeweils andere Nasenloch regenerieren.

Der nächste Schritt sei es, nur noch nachts einen Nasenflügel mit dem Nasenspray freizuhalten. Nach einigen Tagen könne der künstliche Helfer schließlich abgesetzt werden. Ist die Nasenschleimhaut sehr gereizt, könnten spezielle Sprays mit Dexpanthenol, Aloe Vera oder Ölen wie Sesam- oder Mandelöl helfen. Nach ein bis zwei Wochen habe sich die Nasenschleimhaut soweit erholt, dass die Nase nicht ständig verstopft sei. (sar mit dpa)

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