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Schädigt Gehirne von FötenMandarinen mit gefährlichem Insektengift belastet

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Mandarinen stecken viele Vitamine, doch importierte Früchte sind mit oft mit einem umstrittenen Insektengift belastet. 

Köln – Mandarinen und Orangen sind in der Adventszeit beliebt, doch neben viel Vitamin C sind die Früchte oft mit einem gefährlichen Insektizid belastet: Chlorpyrifos. Das Insektengift ist laut Experten sehr schädlich und kann das Gehirn von Föten schädigen. In Europa könnte das Mittel bald verboten werden. 

Deutsche Bauern dürfen das Insektengift nicht verwenden – es ist hier nicht zugelassen. Verbraucher kommen mit dem umstrittenen Mittel trotzdem in Kontakt. An importierten Waren haften Rückstände von Chlorpyrifos: unter anderem an Mandarinen, Orangen, Grapefruits, Bananen, Paprika und Reis. Allein im Jahr 2017 fanden Sonderkontrolleure nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung” in Deutschland bei jeder dritten untersuchten importierten Orange und Grapefruit sowie jeder vierten Mandarine Rückstände des Insektizids. 

Insektengift Chlorpyrifos schädigt Gehirn von Ungeborenen

Bei den Zitrusfarmen im Süden von Europa wird das Mittel häufig gesprüht, um gegen Schädlinge anzukämpfen. Das könnte sich nun ändern: Die EU-Kommission will am 5. und 6. Dezember über ein Verbot des Insektizids in der Europäischen Union beraten. Die Zulassung des Mittels läuft im Januar 2020 aus. Seit 2006 darf das Schädlingsbekämpfungsmittel in den Mitgliedsländern der Europäischen Union eingesetzt werden.

Schon 2011 haben US-Forscher herausgefunden, dass Chlorpyrifos bleibende Schäden im Gehirn von ungeborenen Kindern verursachen kann. Wichtige Bereiche des Großhirns werden durch das Insektizid angegriffen und schrumpfen. Hirnregionen, die für die Aufmerksamkeit, Emotionen, Impulskontrolle und soziale Beziehungen zuständig sind, seien vor allem betroffen. Die geistige Leistungsfähigkeit von Kindern wird beeinträchtigt und es kann zu Aufmerksamkeitsstörungen kommen.

Gefahr für die Gesundheit schon durch Tierversuche bekannt

Der Wissenschaftler Axel Mie vom schwedischen Karolinska-Institut und der Umweltmediziner Philippe Grandjean, Professor an der Universität Harvard, haben 2018 Rohdaten einer bis dahin unveröffentlichten Studie zu Chlorpyrifos des Herstellers Dow Agro Scienes eingesehen. Diese Studie war Teil des Zulassungsvertrages für das Mittel in der Europäischen Union. Die Wissenschaftler stießen dabei auf große Unstimmigkeiten.

„Wir haben in diesen Rohdaten deutliche Hinweise darauf gefunden, dass bei allen getesteten Dosen der Aufbau des Gehirns signifikant beeinträchtigt wird“, sagte Mie gegenüber dem Bayrischen Rundfunk. „Aber es findet sich davon nichts in dem Report der Studie wieder.“ Nach Angaben der Wissenschaftler zeigen die Rohdaten, dass Chlorpyrifos in Tierversuchen den Aufbau des Gehirns bereits in geringer Dosis schädigte. Nach Recherchen des Bayrischen Rundfunks hatten die Zulassungsbehörden in der EU diesen Widerspruch nicht bemängelt.

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Nun könnte das umstrittene Schädlingsbekämpfungsmittel von den Feldern in Europa verbannt werden. Schon in diesem Sommer hat die europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) eine Empfehlung für ein Verbot des Insektizids ausgesprochen.

Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung, des Bayrischen Rundfunks, Le Monde und dem Investigative Reporting Denmark wird sich Deutschland bei der Abstimmung der EU-Kommission für ein Verbot des Schädlingsbekämpfungsmittels einsetzen. Spanien, Griechenland, Italien und Portugal, wo viele Zitrusfrüchte angebaut werden, könnten für eine weitere Zulassung stimmen. Damit das Mittel verboten wird, müssen sich 65 Prozent der Kommissionsmitglieder dafür einsetzen. (rha)

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