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Teuer aber sinnvoll?Für wen sich eine Zahnzusatz-Versicherung wirklich lohnt

Lesezeit 5 Minuten
Getty Zähne

Lohnen sich Zahnzusatzversicherungen? Wir geben einen Überblick.

  • In unserer Serie „Gesund durchs Jahr” widmen wir uns in jedem Monat einem anderen Themenbereich.
  • Im Juni geht es um das Thema gesunde Zähne, in dieser Folge um die Frage, ob man seine Zähne zusätzlich versichern sollte.
  • Größere Zahnbehandlungen werden schnell teuer, viele Patienten schließen gegen solche Fälle Policen ab. Das lohnt sich nicht immer.

Köln – Ob Krone, Brücke oder Prothese – wer schon einmal Probleme mit seinen Zähnen hatte, weiß, dass auch die Zahnarztrechnung richtig wehtun kann. Der Zahnersatz kann schnell ins Geld gehen – denn gesetzliche Krankenkassen übernehmen nicht alle Kosten der Behandlung. Um den Eigenanteil etwas abzufedern, kann eine Zahnzusatzversicherung sinnvoll sein. Das Problem: Die Angebotsvielfalt ist riesig. Stiftung Warentest hat untersucht, worauf es bei einer Zusatzversicherung ankommt. Dazu erklärt Tanja Wolf von der Verbraucherzentrale NRW, warum Verbraucherschützer diese Zusatzleistung durchaus kritisch sehen.

Ein Test der Stiftung Warentest für die Zeitschrift „Finanztest“ von 244 Tarifen und Tarifkombinationen zeigt: Bei der Wahl hilft nur ein gründlicher Vergleich. Doch worauf kommt es dabei an und für wen lohnt sich eine Zahnzusatzversicherung überhaupt?

„Sie lohnt sich ganz besonders für diejenigen Leute, die beim Zahnersatz auch teurere Versorgungen in Anspruch nehmen wollen, also sich zum Beispiel anstelle einer Brücke auch ein Implantat einsetzen lassen wollen. Oder die vollständig verblendete Zähne anstelle von Metallkronen haben wollen“, sagt Ulrike Steckkönig, Expertin bei „Finanztest“. Bei solchen Eingriffen kommen Kosten in erheblichem Umfang zusammen, an denen sich die Krankenkasse aber trotzdem nur mit einem festen Zuschuss beteiligt.

Alles zum Thema Stiftung Warentest

Welche Leistungen sollte eine solide Zahnzusatzversicherung abdecken?

„Wir setzen unseren Fokus ganz klar auf den Zahnersatz – Kronen, Brücken, Implantate – und nicht auf andere Leistungen, die manchmal auch noch in einer Zahnzusatzversicherung enthalten sind“, sagt Steckkönig. Weniger wichtig seien Leistungen wie professionelle Zahnreinigung oder Kostenübernahmen bei Parodontitis-Behandlungen. Wichtig sei der Blickwinkel: Welche Kosten können im Ernstfall große finanzielle Schwierigkeiten bereiten? „Und da ist ein Implantat, das beispielsweise auch mal die 4000 Euro übersteigen kann, wenn vorher noch ein Knochenaufbau erforderlich ist, schon eine andere Hausnummer als eine professionelle Zahnreinigung, wo man etwa 70 bis 120 Euro bezahlt.“ Wer zusätzlich Wert auf irgendeine bestimmte Sache legt, könne das ja in seine Überlegungen immer noch einbeziehen.

Expertinnen im Video-Chat

Foto: VZ NRW

Wie viel kosten gesunde Zähne und brauche ich eine Zahnzusatzversicherung? Zu diesen Themen stehen Tanja Wolf (Foto) und Astrid Schenk am 24. Juni ab 17.30 Uhr im Video-Chat für Fragen von Leserinnen und Lesern bereit. Wolf ist Projektleiterin im Bereich „Verbraucherschutz im Markt der digitalen Gesundheitsinformationen und individuellen Gesundheitsleistungen“ bei der Verbraucherzentrale NRW, Schenk ist dort Beraterin für Versicherungen. 

Zum Video-Chat anmelden unter: www.forumblau.de/videochat-zaehne

In welchem Alter macht der Abschluss Sinn?

„Eigentlich wäre es gescheit, wenn man sich schon mit Mitte 30 auf den Weg machen würde, weil die Versicherer in den ersten Vertragsjahren eine gestaffelte Leistungsbegrenzung haben“, so Ulrike Steckkönig von der Stiftung Warentest. Wer dann mit Anfang 40 eine größere Sache hätte, könnte, wenn er mit Mitte 30 eine Versicherung abgeschlossen hat, die Leistungen in vollem Umfang abrufen. Wer sowieso vorbelastet sei, zum Beispiel mit vielen Füllungen oder Zahnfleisch-Problemen, der sollte sich also frühzeitig kümmern.

Dass Zusatzversicherungen im Zweifel gar nicht greifen, weil die Versicherungen Wartezeiten von einigen Jahren haben, bis alle Leistungen abgerufen werden können, sieht Tanja Wolf von der Verbraucherzentrale NRW als eines der größten Probleme. Denn das heißt im Umkehrschluss: Wer sich mit seinen Zähnen bereits in einer akuten Gesundheitslage befindet, dem nutzt der Abschluss einer Versicherung folglich erstmal wenig.

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„Ob sich eine Zahnzusatzversicherung im finanziellen Sinn lohnt, ist schwer zu sagen, vor allem, da es ja kein Sparvertrag ist“, sagt Wolf deshalb. „Wir als Verbraucherzentrale betonen immer, dass eine Zahnzusatzversicherung kein Muss ist, auch nicht aus Angst vor hohen Kosten. Denn es gibt weiterhin sehr taugliche Kassenleistungen beim Zahnarzt.“

Das größere Problem seien mangelnde Informationen bei Zahnärzten über Behandlung, Kosten und Methoden. Die Aufklärung in diesem Bereich sei deutlich verbesserungswürdig, oft auch sehr unzureichend: Patienten dürften nicht erst im Zahnarztstuhl über Kosten, mögliche Risiken oder Behandlungs-Alternativen aufgeklärt werden, so die Verbraucherschützerin. Im Gegenteil sollten Patientinnen und Patienten wissen, dass sie sogar rechtlich darin abgesichert sind, Entscheidungen über eine Zahnbehandlung wohlüberlegt treffen zu dürfen.

Patienten beim Zahnarzt oft im Nachteil

Weiterführende Informationen

Bei der Verbraucherzentrale NRW

Eine Seite für Patientenbeschwerden klärt die Rechte beim Zahnarzt

Eine weitere Seite informiert über Risiken und Vorteile einer Zahnzusatzversicherung

Bei der Stiftung Warentest

Der aktuelle kostenpflichtige Test von Zahnzusatzversicherungen

Das schließt auch den wirtschaftlichen Aspekt einer solchen Behandlung mit ein, der oftmals der Hauptbestandteil von Verbraucherbeschwerden ist. So gaben in einer repräsentativen Umfrage des Projektes „Kostenfalle-Zahn“ Anfang 2017 etwa 39 Prozent der 1.000 Befragten an, vor Behandlungsbeginn nicht schriftlich über die Kosten informiert worden zu sein. Im Rahmen der therapeutischen Aufklärung geht es bei mehr als 70 Prozent der Beschwerden um eine unzureichende Aufklärung über wesentliche, allgemeine Aspekte der Behandlung. Und dies sei nur eine von vielen Untersuchungen, die belegen: Beim Zahnarzt fühlen sich Patienten oft im Nachteil.

Ob die Zähne zusätzlich abgesichert werden sollen, will also gut überlegt sein. Und auch in welchem Umfang. Wer sozusagen auf eine Vollkasko-Versicherung bei den Zähnen setzt, muss laut Finanztest, je nach Alter, mit einem monatlichen Beitrag zwischen 33 bis zu 88 Euro rechnen. Genügt dem Verbraucher oder der Verbraucherin eine kassenärztliche Regelversorgung, gegebenenfalls mit Eigenbeteiligung bei Zahnersatz, kann es günstiger sein, Geld hierfür privat anzusparen, rät Tanja Wolf von der Verbraucherzentale. (mit dpa)

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