Vorsicht MaststoffeWie Sie die fiesen Dickmacher im Essen entlarven

Lesezeit 8 Minuten
Neuer Inhalt

Auch Lebensmittel, die wir für gesund halten, können echte Dickmacher sein (Symbolfoto).

  • In unserer Serie „Gesund durchs Jahr” widmen wir uns in jedem Monat einem anderen Themenbereich.
  • Im Januar beantworten Expertinnen und Experten Fragen rund ums Abnehmen.
  • In der vierten Folge erklären wir, welche Lebensmittel auf dem Speiseplan uns das Abnehmen besonders schwer machen.

Köln/Hamburg – Kalorienbomben wie Sahnetorte oder Tiramisu haben Sie schon vom Speiseplan gestrichen? Auf dem Sofa knabbern Sie schon lange nicht mehr die Lieblingschips? Doch trotz eiserner Disziplin beim Essen und sportlicher Übungen im Lockdown wollen die überflüssigen Kilos auf der Hüfte einfach nicht verschwinden. Die Erklärung für misslungene Abnehmversuche könnten bestimmte Stoffe im Essen sein. Diese fiesen Dickmacher verleiten uns dazu, mehr zu essen als nötig und manipulieren unseren Stoffwechsel.

Medizinjournalist Golo Willand geht in seinem Buch „Dickmacher Maststoffe“ den Antreibern für unsere Rettungsringe auf den Grund. Welche Dickmacher es genau sind, die der Ernährungsexperte als Maststoffe bezeichnet, wie sie wirken, in welchen Lebensmitteln sie stecken und wie man diese am besten vermeidet.

Durch Maststoffe essen wir zu viel

„Maststoffe sind der Hauptgrund dafür, dass wir so schwer aufhören können zu essen. Lust am Essen, Geschmack oder Geselligkeit spielen nur eine untergeordnete Rolle“, sagt Golo Willand. Doch warum scheinen wir dazu verdammt, immer wieder in dieselben Fallen zu tappen? Normalerweise reguliert das Hormon Insulin den Blutzuckerspiegel. Es sorgt dafür, dass die Energie aus unserer Nahrung in Form von Glukose an die Zellen und somit an unsere Muskeln weitergegeben wird. „Nehmen wir Maststoffe auf, entsteht eine Insulinresistenz. Die Folge: Die Muskeln nehmen die Energie nicht mehr richtig auf. Der Körper produziert vermehrt Insulin, um den Blutzucker zu senken. Dies führt dazu, dass die Energie nicht verbraucht wird, sondern in Fett umgewandelt wird und in den Speicher wandert.“

Statt Adenosintriphosphat (Verbindung, die dem Körper als Energiequelle dient) produzieren die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, zudem bei einem solchen gestörten Stoffwechsel selbst Fett. Es entsteht ein Energiedefizit und der Körper sehnt sich nach mehr Nahrung. Gleichzeitig sinkt der Wille, sich zu bewegen. „Durch das Defizit wird der Verbrauch runtergefahren, weil Energie gespart werden soll“, erklärt Willand. Eine Veranlagung, die der Menschheit in Zeiten mit kargen Wintern das Überleben sicherte, führt in Zeiten des Nahrungsüberflusses zu Übergewicht. Viele Menschen kämpfen nicht nur gegen lästige Kilos, sondern leiden unter gesundheitlichen Problemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes, die durch diesen Umstand bedingt werden.

Sechs verschiedene Maststoffe

Die Lösung dieses Dilemmas: „Um nicht in der Maststofffalle festzustecken, ist es wichtig, die Dickmacher in der eigenen Ernährung zu erkennen und zu reduzieren.“ In einem gesunden Maß komme der Körper mit ihnen gut zurecht. Es gibt sechs verschiedene Maststoff-Typen:

Umami

Bei Umami handelt es sich um die fünfte Geschmacksrichtung. Der Chemiker Kikunae Ikeda entdeckte das Geheimnis des Geschmacks 1908. Dashi, eine klassische Brühe in Japan, deren Geschmack durch das lange Kochen von Kombu, eine Alge, und Katsuobushi, fermentierte Flocken einer bestimmten Thunfischart, erzeugt wird. Der Zauber des Geschmacks liegt am Glutamat aus der Alge, was natürlicherweise in Kombu steckt. „Glutamat wirkt stark appetitanregend und kann so den Fettaufbau fördern“, erklärt Willand. Diese Eigenschaften mache sich die Lebensmittelindustrie zunutze und verwendet Glutamat in vielen Fertigprodukten. „Die Schwächen des Essens, die entstehen, weil es nicht frisch und handwerklich gut zubereitet wird, werden mit Glutamat und Zucker ausgeglichen.“ Problematisch ist die Tatsache, dass der Verzehr von Glutamat die Harnsäurewerte in die Höhe treibt, was zu einer Insulinresistenz beitragen kann. Der Maststoff Umami tritt auch noch in Form von Nucleotiden und Hefe auf. Hefe sei ein echter Fetttreiber. „Schon zehn oder 20 Gramm Hefe sind eine hohe Belastung“, erklärt der Experte.

Wo ist der Maststoff drin?

Da Glutamat häufig als Geschmacksverstärker eingesetzt wird, steckt es unter anderem in Maggi-Würze, Sojasauce, Ketchup, Brühwürfeln oder Tütensuppen. Hefeextrakt ist in manchen Gemüseaufstrichen oder Brühen enthalten. Hefebrot oder Gebäck mit Hefe.

Wie lässt er sich vermeiden?

Brot mit Hefe sollte durch Sauerteigbrot ersetzt werden, empfiehlt Willand. Generell sollten wir Lebensmittel vermeiden, die mit Zusatzstoffen vollgepackt sind. Wer kein Glutamat oder Hefeextrakt essen möchte, sollte beim Kauf auf E-Nummern achten und E620 bis E625 sowie E626 bis E635 vermeiden.

Fruktose

Der Fruchtzucker ist ein natürlicher Maststoff. Manche Tierarten, wie beispielsweise der Schwarzbär, nutzen dies, um Fettreserven für den Winter aufzubauen und fressen im Herbst Unmengen an Beeren. Frisches Obst ist hingegen bei den meisten Menschen nicht der Grund, warum sie zu viel Fruktose aufnehmen. Problematisch ist der viele Haushaltszucker, der zur Hälfte aus Fruktose besteht, sagt der Experte. „Haushaltszucker ist isoliert – ihm fehlen Vitamine und Antioxidantien für eine gesunde Verwertung.“ Zu viel Fruktose macht nicht nur dick, sondern kann auch die Leber schädigen.

Wo steckt Fruktose drin?

Fruktose findet sich natürlicherweise in Obst, doch es ist beispielsweise auch in Honig, Haushaltszucker, Karamell- und Fruktosesirup, Invertzucker, Saccharose. Die Zuckerart kann in fertigem Brot, Salatsaucen, Frühstücksflocken, Süßigkeiten, Limonade, Fruchtsaft oder Fruchtjoghurt vorkommen.

Wie lässt sie sich vermeiden?

„Den Durst mit ungesüßten Getränken wie Wasser, Tee oder Kaffee stillen. Viele sitzen dem Irrglaube auf, dass sie mit Fruchtsaft die Vitamine und Vorteile von Obst aufnehmen, doch durch die Zubereitung wandelt sich die Wirkung.“ Wichtig sei es, präventiv zu essen, denn mit steigendem Hunger werde die Lust auf Süßes immer größer. Süßigkeiten sollten zur Ausnahme werden. Das Frühstück sollte herzhaft und proteinreich ausfallen und auf Marmelade oder Honig verzichtet werden. Und „verbannen Sie Ketchup aus Ihrer Küche“, rät Willand.

Süßstoffe

Süßstoffe sollen den süßen Geschmack ohne die negativen Folgen des Zuckers erbringen. Doch das geht laut Golo Willand nicht auf. Saccharin, Sucralose, Thaumatin oder Neotam sind solche Stoffe. Kalorien enthalten sie zwar kaum, doch wer Diät-Produkte nascht, um auf seine Linie zu achten, nimmt trotzdem zu. Das liegt unter anderem daran, dass die Süßstoffe den Energieverbrauch verringern.

Wo steckt der Stoff drin?

Süßstoffe sind in Diät-Produkten wie beispielsweise Diät-Limonade oder Diät-Aufstrich. Sie können sich auch in Kaugummis oder Konservierungsstoffen für Brot verstecken.

Wie lässt er sich vermeiden?

Vorsicht gilt bei Diät-Produkten, da in ihnen oft Süßstoffe enthalten sind. Süßstoffe lassen sich zum Beispiel an diesen E-Nummern erkennen: E954, E955, E957 und E961.

Glukose

Glukose, Traubenzucker, ist ein großer Energielieferant für den Körper. Wandert sie zu großen Teilen in den Verbrauch, ist alles in Ordnung. Kohlenhydrate werden im Verdauungstrakt zerlegt. Die dabei entstehende Glukose wird dabei über die Blutbahn verteilt und versorgt Muskeln und Gehirn mit Energie. Doch auch Glukose kann zu einem Maststoff werden. Golo Willand rät trotzdem nicht dazu, gänzlich auf Kohlenhydrate zu verzichten.

Zum Weiterlesen

Golo Willand: „Dickmacher Maststoffe: Die heimtückischen Stoffwechselbremser entlarven und ausschalten.” Gräfe und Unzer, 256 Seiten, 19,99 Euro

Foto: Gräfe und Unzer

Wo steckt Glukose drin?

In Popcorn, Chips oder Reiswaffeln ist Glukose beispielsweise vorhanden. Auch Kohlenhydrate (in Reis, Nudeln oder Brot) dienen unserem Körper als Glukosequelle.

Wie lässt sich Glukose vermeiden?

Popcorn oder Knabberzeug sollte man besser meiden. Kohlenhydrathaltige Lebensmittel wie Nudeln oder Reis sollten immer mit Gemüse gegessen werden. Auch ausreichend viel zu trinken, sei für die Verstoffwechselung von Glukose wichtig, sagt Willand.

Eiweiße und Transfette

Zwar sind Eiweiße und Fette in der Ernährung wichtig, doch auch sie können zu Dickmachern werden. In Milch stecken besondere Eiweiße. Ihr Konsum steigert stark die Insulinausschüttung und senkt so den Blutzuckerspiegel, wodurch wir immer wieder Appetit bekommen. „Für Babys ist es eine gute Idee, dass sie nicht satt sind und immer nach mehr Nahrung fragen – sie sollen ja wachsen. Milch ist eine Babynahrung.“ Transfette entstehen bei der künstlichen Härtung von Pflanzenölen. „Zwischen dem Konsum von Transfetten und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht ein Zusammenhang“, sagt Willand.

Wo sich Maststoffe im Frühstück, Mittag- und Abendessen verstecken

Maststoffe im Frühstück

Drei maststoffreiche Lebensmittel:

• Spiegelei

• Toast

• Honig

Drei maststoffarme Alternativen:

• Rührei

• Sauerteigbrot

• frische Früchte

Maststoffe beim Mittagessen

Drei maststoffreiche Lebensmittel:

• Nudelauflauf mit geschmolzenem Käse

• fertiges Salatdressing

• Bratwurst mit Pommes und Ketchup

Drei maststoffarme Alternativen:

• Nudeln mit gekochter Sauce

• selbstgemachtes Dressing

• Fleisch, Salzkartoffeln, Gemüse

Maststoffe beim Abendessen

Drei maststoffreiche Lebensmittel:

• Bier

• Formschinken

• Anchovipaste

Drei maststoffarme Alternativen:

• Wein, Weinschorle

• Roastbeef

• Salami, Wurst, Käse

Wo stecken die Stoffe drin?

Eiweiße und/oder Transfette sind in frittiertem Fast-Food, fertigen Backwaren wie Croissants oder Donuts, Tiefkühlpizza, Müsliriegeln oder Frischmilch.

Wie lassen sie sich vermeiden?

Wer zu Übergewicht neigt, sollte seinen Milchkonsum einschränken und zum Beispiel auf einen Latte Macchiato verzichten. Fast-Food, Croissants oder Donuts sollten nicht zu oft auf dem Teller landen.

Das könnte Sie auch interessieren:

AGEs

Dieser Maststoff entsteht durch die Verschmelzung von Zuckerarten mit Eiweißen oder Fetten. „Sie sind ein Stoffwechseldesaster allererster Güte.“ Sie machen stark insulinresistent. Studien belegen, dass die Entzündungsneigung im Körper steigt, wenn häufig AGEs aufgenommen werden, sagt Golo Willand.

Wo steckt der Stoff drin?

AGEs sind zum Beispiel in Crunchy-Müsli, Hähnchen-Nuggets, Fischstäbchen, Croissants, gegrilltem Fleisch, geschmolzenem Käse und Hamburgern.

Wie lässt er sich vermeiden?

AGEs werden durch die Bratpfanne und den Backofen gebildet. Wer AGEs reduzieren möchte, sollte häufiger dünsten oder kochen. In der Pfanne lässt Gemüse sich auch mit Wasser, statt mit Fett anbraten. Panierte Lebensmittel sollten vom Speiseplan nahezu gestrichen werden. Käse sollte erst wenige Minuten vor Schluss auf den Auflauf und nur geschmolzen und nicht gebräunt werden, rät der Experte. Es sollten nur gute, nicht raffinierte Öle verwendet werden.

Rundschau abonnieren