Plage in der RegionExperten verraten, was wirklich gegen Wühlmäuse hilft

Lesezeit 5 Minuten
Obstbauer

Obstbauer Hans Josef Schmitz aus Meckenheim-Erdorf zeigt einen von Wühlmäusen angenagten und dann abgestorbenen Obstbaum

  • Die Nager sind für viele Gartenbesitzer in der Region eine Plage.
  • Experten klären auf und geben Tipps zur Vorbeugung – nicht nur mit Chemie.

Für viele Gartenbesitzer sind die Nager eine echte Plage: Die Rede ist von Wühlmäusen. Die possierlichen Tierchen können nämlich erhebliche Schäden an Obstgehölzen, Beerenobststräuchern, Ziergehölzen, Blumenzwiebeln und Gemüsekulturen verursachen, sagt Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW in Köln. Davon kann auch der Obstbauer Hans Josef Schmitz aus Meckenheim-Ersdorf ein Lied singen: „Vor einigen Jahren sind von 1000 Obstbäumen 800 durch den Fraß von Wühlmäusen eingegangen.“ Das sei für seinen Betrieb schon dramatisch gewesen. Aber auch in privat genutzten Gärten von Immobilienbesitzern beobachtet Mathias Forster, Geschäftsführer des gleichnamigen Alfterer Garten- und Landschaftsbauunternehmens, seit ein bis zwei Jahren eine drastische Zunahme von Schäden durch Ratten und vor allem durch Wühlmäuse.

Der richtige Zeitpunkt ist jetzt

Wer etwas gegen die Wühlmäuse unternehmen will, sollte das aus Sicht von Jürgen Lowis jetzt tun, denn im Frühjahr beginnen sich die Wühlmäuse zu vermehren. Lowis ist Sprecher des Arbeitskreises „Drüber und Drunter“, gegründet 1985 von Landwirten und Wasserwerksbetreibern aus dem Rhein-Sieg-Kreis und dem rechtsrheinischen Köln zum Schutz für Boden und Wasser im Langeler Bogen.

Bei der Frage, was zur Abwehr und Bekämpfung von Wühlmäusen im Haus- und Kleingarten taugt, geben Experten Tipps: Aus Sicht von Lowis muss es dabei nicht immer Chemie sein, die zum Erfolg führt. Bei der Bekämpfung der Wühlmäuse gilt es allerdings, auf den Maulwurf zu achten: Der ist durch die Bundesartenschutzverordnung geschützt.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Ob ein Garten besiedelt wird, kann regional sehr unterschiedlich sein“, sagt Claudia Koch, Expertin beim Umweltbundesamt: „Für Gärten in Gebieten mit regelmäßig erhöhtem Wühlmausvorkommen und Gärten, die an landwirtschaftlich genutzte Flächen oder naturnahe Lebensräume angrenzen, besteht eher ein Risiko, dass sich Wühlmäuse ansiedeln.“ Auch in Obstplantagen sei mit Wühlmäusen, auch Schermäusen genannt, zu rechnen. Kleine Erdhaufen neben den Gängen sind sozusagen das Erkennungszeichen der Tiere, die in ganz Europa verbreitet sind. Dabei unterscheiden sich die Erdhaufen von denen der Maulwürfe dadurch, dass diese niedriger und in der Form unregelmäßiger sind, „die Erde feiner und meist mit Pflanzenresten vermischt ist. Der Maulwurf schiebt gleichmäßig geformte, hohe Erdhaufen ohne Pflanzenreste“, so Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW weiter: „Sein Gang endet mitten unter einem Erdhaufen.“

Schaden entsteht vor allem im Winter

Unstrittig ist aus Sicht der Kammer der mit Blick auf Pflanzen höchst zerstörerische Lebenswandel der Wühlmäuse: „Die Tiere schädigen durch das Benagen und Fressen von Wurzeln, Rhizomen, Knollen und Zwiebeln verschiedenste Pflanzenarten“, betont Pressesprecher Rüb. Bei Bäumen seien vorwiegend jüngere gefährdet, wie Apfelbäume auf schwach wachsenden Unterlagen. „Die Schäden entstehen vor allem unbemerkt während des Winters. Sie werden erst entdeckt, wenn im Frühjahr Bäume beziehungsweise Sträucher schwach oder gar nicht mehr austreiben“, gibt er zu bedenken. Die Pflanzen würden dann nämlich nicht mehr fest im Boden sitzen, und sich leicht herausziehen lassen.

Auch wenn die Schäden nirgends systematisch erfasst werden, sagt Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW: „Wühlmäuse können gerade bei den Obstbauern in der Region erhebliche Schäden verursachen.“ Von einer regelrechten Plage will er allerdings nicht sprechen: „Dieses Problem gehört zur Natur und ploppt immer wieder einmal auf.“ Zeit zum Handeln wäre auch aus Sicht der Landwirtschaftskammer vor Beginn des Frühjahrs gegeben: „Das Weibchen bringt von März bis Oktober zwei bis vier Würfe mit je zwei bis fünf Jungen zur Welt“, erklärt Pressesprecher Rüb.

Was alles nicht hilft, ist unstrittig

Bei der Frage, was sich gegen die Schädlinge tun lässt, ist die Erkenntnislage höchst unterschiedlich. Auf jeden Fall kann Jürgen Lowis vom Arbeitskreis „Drüber und Drunter“ aufzählen, was bislang in aller Regel nicht funktioniert hat: „Duftstoffe etwa wie Buttermilch-Molke.“ Auch Geräte, die beispielsweise Wellen oder Geräusche erzeugen, wie etwa schräg auf einem Feld oder einer Wiese aufgestellte Flaschen, entfalteten laut Lowis „kaum oder keine messbare Wirkung“, ebensowenig bestimmte Pflanzen wie Knoblauch.

Das Rezept gegen die Nager-Plage: Lärm

Was allerdings laut Lowis funktioniert hat, um die Wühlmäuse loszuwerden: „Krach und Unruhe.“ So habe sich bei einigen der rund 40 Landwirte, die in dem Arbeitskreis Drüber und Drunter zusammengeschlossen sind, das regelmäßige Mähen des Rasens bewährt. „Auch das Umgraben und Harken von Beeten hat in manchen Fällen seine Wirkung getan“, fasst Lowis die Erfahrungen der Mitglieder zusammen.

Baumscheiben als Mittel

Ferner habe sich im Alttag noch bewährt, Baumscheiben in einem Radius von einem Meter rund um den Stamm frei von Beikräutern zu halten. „Da dann keine Deckung mehr vorhanden ist, meiden Wühlmäuse diesen Bereich“, so Lowis.Was nach seiner Ansicht ebenso hilft: „Neue Bäume und Sträucher vorbeugend mit einem Drahtkorb pflanzen, Maschenweite rund 15 Millimeter.“ Im Erwerbsobstbau können Migrationsbarrieren in Form eines engmaschigen Drahtzauns, der in den Boden eingegraben wird, die erneute Zuwanderung von Wühlmäusen in ein frei gemachtes Gebiet verhindern, heißt es dazu auch auf der Internetseite des Umweltbundesamtes (www.umweltbundesamt.de): „Bei neuen Pflanzungen können Drahtkörbe den Wurzelballen schützen.“ Bei starkem Befall würden jedoch nur Lebend- oder Schlagfallen helfen. Solche Fallen haben vor allem bei Obstbauer Schmitz aus Meckenheim Wirkung gezeigt: „Wir konnten mit rund 50 Fallen hunderte Wühlmäuse fangen, aber das war sehr, sehr viel Arbeit und dauerte Jahre.“ Inzwischen habe man die Wühlmaus-Population weitgehend im Griff, allerdings neue Probleme mit Feldmäusen.

Zink- und Calziumphosphid mit Risiko

Darüber hinaus kommt eine chemische Bekämpfung in Frage. Für die chemische Abtötung von Wühlmäusen im Haus- und Kleingartenbereich seien Pflanzenschutzmittel mit Zink- und Calziumphosphid als Fraßköder beziehungsweise zur Baubegasung zugelassen, erklärt Claudia Koch vom Umweltbundesamt. Diese Art der Bekämpfung von Wühlmäusen sei aber „mit hohen Risiken behaftet“. Denn so Koch weiter: „Die Fraßköder sind auch für Nichtzieltiere wie etwa Vögel, andere Kleinsäuger und Haustiere sehr toxisch.“

Bei der Anwendungsart „Baubegasung“ würden alle anderen Wirbeltiere, etwa Maulwurf, Erdkröte Spitzmaus, Mauswiesel und Hermelin, die die Schermausgänge nutzen, ebenfalls abgetötet. „Aus den genannten Gründen sollte auf den Einsatz von chemischen Bekämpfungsmitteln im Haus- und Kleingartenbereich verzichtet werden und stattdessen vorbeugende Maßnahmen angewendet werden“, fasst Koch zusammen. Nicht zuletzt rät der Alfterer Gartenbauer Mathias Forster jetzt gerade mit Beginn des Frühjahrs, bei Neupflanzungen im Garten ein Auge auf einen möglichen Befall von Wühlmäusen zu haben. Seiner Erfahrung nach werden etwa Zwiebelpflanzen, Narzissen oder Schneeglöckchen in der Regel nicht befallen, so Forster: „Dafür stehen Krokusse ganz oben auf dem Speiseplan.“

Rundschau abonnieren