Interview mit ExpertenNachhaltig in den Urlaub – so kann es gelingen

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Urlauber auf der Insel Usedom (1)

Urlauber auf der Insel Usedom 

  • Ein klimafreundlicher Urlaub bedeutet nicht, Abstriche machen zu müssen, sagt Jürgen Schmude, Professor für Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
  • Im Interview mit Corinna Clara Röttkern erklärt er, worauf es beim nachhaltigen Reisen ankommt und warum ab und an eine Fernreise in Ordnung geht.

Herr Schmude, der Klimawandel hat bei vielen zu einem Umdenken geführt. Viele wollen umweltbewusster leben und auch ihr Reiseverhalten anpassen. Nun hat sich durch die Corona-Pandemie ein großes Bedürfnis nach Urlaub angestaut. Ist anzunehmen, dass das Thema Nachhaltigkeit hintenansteht?

Umfragen des Bayerischen Zentrums für Tourismus (BZT) zeigen, dass etwa 30 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ihr Reiseverhalten ändern wollen. Sie wollen beispielsweise seltener fahren, dafür länger, planen weniger Flugreisen oder kürzere Distanzen. Dadurch und auf Grund des „vorsichtigeren“ Reiseverhaltens profitiert das Thema Nachhaltigkeit während und nach der Pandemie stärker als vorher.

Glauben Sie den Umfragen denn auch?

Grundsätzlich ist ein Unterschied zwischen gewünschtem und tatsächlichen Verhalten festzustellen, der sogenannte Attitude-Behaviour-Gap. Dies gilt insbesondere für die Reisezeit. Während wir uns im Alltag also durchaus um Umwelt- und Klimaschutz kümmern und zum Beispiel unterschiedliche Sorten von Glas trennen, wollen wir im Urlaub mit diesem Thema nicht belastet werden.

Also bleibt alles beim Alten?

Nein, wahrscheinlich nicht. Einerseits hat es immer schon – langsame − Veränderungen im Reiseverhalten gegeben, andererseits wirkt die Pandemie nun bezüglich mancher Aspekte als Katalysator. Veränderungsprozesse werden etwas beschleunigt, vermutlich auch in Richtung nachhaltigeres reisen.

Ist es angesichts des Klimawandels noch vertretbar, ferne Länder zu bereisen?

Selbstverständlich ist das vertretbar, denn dort schafft der Tourismus Arbeitsplätze, trägt im positiven Fall auch zum Kulturverständnis und zur Offenheit bei. Allerdings sollten wir nicht jedes Jahr eine Fernreise unternehmen und bei unseren Fernreisen länger in der besuchten Destination bleiben. So wird unser Reisefußabdruck zumindest relativ gesehen verringert.

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Wie sehen Sie die Zukunft der Kreuzfahrt-Branche?

Die Kreuzfahrtbranche wird sich schwer tun, die Wachstumsraten von vor der Pandemie wieder zu erreichen. Sie stand allerdings auch schon vor der Corona-Krise in der Diskussion. Durch die langen Lebenszyklen der Schiffe wird es lange dauern, bis die technischen Verbesserungen wie etwa Antriebe mit Flüssigerdgas Standard werden. Andererseits wird häufig vergessen, dass Kreuzfahrtschiffe nur rund 1 Prozent des gesamten weltweiten Schiffsverkehrs ausmachen.

Haben Sie einen Tipp, wie ein klimafreundlicher Urlaub ohne Abstriche gelingen kann?

Ein Klimafreundlicher Urlaub bedeutet nicht, Abstriche machen zu müssen − die Erlebnisqualität ist durchaus mit konventionellen Reisen vergleichbar. Ansonsten gilt: nicht so häufig reisen, dafür länger in der Destination bleiben. Und auf manche Reise, wie den Shopping-Trip am Wochenende nach Paris oder den Junggesellenabschied in Barcelona kann man gänzlich verzichten.

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