Sagenumwobenes RungholtDas steckt hinter der Legende um das „Atlantis der Nordsee“

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Auf den Spuren Rungholts: Hier soll das „Atlantis der Nordsee“ gelegen haben.

Pellworm/Nordstrand – Ein deutsches Atlantis in der Nordsee? Hat es das wirklich gegeben oder handelt es sich nur um ein schön klingendes Märchen? Rungholt – so der Name der sagenumwobenen Stadt – soll zwischen der Halbinsel Nordstrand und der Insel Pellworm gelegen haben, dort, wo sich die Hallig Südfall aus dem Wasser erhebt.

Rungholt ging durch eine Jahrhundertflut unter

„Rungholt war zu seiner Zeit eine bedeutende Hafenstadt“, schreibt die Tourismus-Information Pellworm auf ihrer Webseite. Die Deiche des Mittelalters seien allerdings zu niedrig und nicht sonderlich widerstandsfähig gewesen.

Im Jahr 1362 geschah schließlich die Katastrophe: Durch „eine Jahrhundertflut“ ertranken tausende Menschen und Rungholt wurde überflutet und vollkommen zerstört. „Grote Mandrenke" wird die Katastrophe heute noch genannt – also „großes Menschenertrinken“. Rungholt soll auf der einstigen Nordseeinsel „Strand“ gelegen haben, die bei einer späteren Sturmflut 1634 der zweiten „Groten Mandrenke“ komplett unterging.

War die Sturmflut die Rache Gottes?

Einer Legende zufolge sollen die Bewohner Rungholts ein liederliches Leben geführt haben, was ihnen zum Verhängnis wurde: Im von Hennig Aubel herausgegebenen „Buch der unheimlichen Orte“ heißt es, alkoholisierte Bauern hätten ein Schwein betrunken gemacht und daraufhin den Pfarrer gebeten, dem vermeintlich kranken Tier die letzte Ölung zu geben.

Der Geistliche durchschaute die Angetrunkenen jedoch und weigerte sich, worauf diese Bier über die  Hostien schütteten. Das erzürnte den Pfarrer, der Gott bat, die Blasphemie zu rächen. Kaum hatte sich der Kirchenmann in Sicherheit gebracht, kam es zur Katastrophe, der ersten „Groten Mandrenke“. „Seitdem soll die Stadt unversehrt auf dem Meeresgrund stehen“, heißt es bei Aubel. „Und noch lange hat man sich erzählt, dass bei windstillem Wetter ihre Kirchenglocken zu hören seien.“

Im Watt wurden Relikte Rungholts gefunden

Soweit die Legende, aber wie sieht die Faktenlage aus? Während es das berühmte Atlantis, das der griechische Philosoph Platon beschrieb, vermutlich nie gegeben hat, existierte Rungholt tatsächlich. Davon zeugen Fundstücke und Dokumente, die Jahrhunderte nach der Sturmflut entdeckt wurden.

„Für Rungholt  sind Handelsbeziehungen mit Hamburg und Bremen sowie Dänemark nachgewiesen, zu dem Nordfriesland in jener Zeit gehörte“, heißt es im „Buch der unheimlichen Orte“. Die Bewohner verkauften demnach Salz, das sie aus Torfsalz gewannen.  

Dem „Atlantis der Nordsee“ auf der Spur

Allerdings sind nur Siedlungsreste des „Atlantis der Nordsee“ aufgetaucht. Der Hobbbyforscher Andreas Busch fand in den 1920er Jahren im Watt etwa Keramik, Pflugspuren und Reste von Zisternen. Einige Funde sind allerdings den Gezeiten zum Opfer gefallen. Einen Teil kann man jedoch heute noch  im Rungholt-Museum auf Pellworm  und im Nordsee-Museum Husum begutachten.

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Wattwanderungen zu dem vermuteten Standort von Rungholt werden von der Insel Nordstrand aus angeboten. Noch heute kann man im Watt Relikte Rungholts, etwa Reste der Siedlungshügel, sogenannte Warften, entdecken. Auch Scherben, Knochen oder Ziegelsteine werden dort immer wieder gefunden. Rungholt, das Atlantis der Nordsee, war kein Fantasie-Gespinst – sondern Wirklichkeit. (rer)

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