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Geld zurück?Wer 2020 in Kurzarbeit war, muss jetzt eine Steuererklärung abgeben

Lesezeit 6 Minuten
Kurzarbeit Steuererklärung

Viele Arbeitnehmer, die im vergangenen Jahr in Kurzarbeit waren, müssen eine Steuererklärung für 2020 abgeben.

Köln – Viele Angestellte ärgern sich: Weil sie 2020 in Kurzarbeit waren, müssen sie in diesem Jahr eine Steuererklärung machen – und dann droht auch noch eine Nachzahlung. Aber nicht unbedingt: Es kann auch sein, dass sie eine ordentliche Summe zurückbekommen. Auf welche Fälle das zutrifft und welche Besonderheiten für das Krisenjahr gelten, haben uns Steuerexperten erklärt. Mit einer guten Steuer-Software bringen Unerfahrene den Papierkram schnell und ohne Steuerberater hinter sich, ein paar Anbieter sind jetzt besonders günstig.

Kurzarbeit verpflichtet zur Steuererklärung

Wer im vergangenen Jahr wegen der anhaltenden Coronakrise in Kurzarbeit war und insgesamt mehr als 410 Euro Kurzarbeitergeld bezogen hat, ist verpflichtet, in diesem Jahr eine Steuererklärung abzugeben. Das erklärt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler. Denn durch die Kurzarbeit stimmt in vielen Fällen nicht, wie viel Steuern einem Arbeitnehmer vom regulären Lohn abgezogen wurden.

1. Welche Rolle spielt Kurzarbeitergeld bei der Steuer?

Zur Erinnerung: Kurzarbeitergeld

Bei Kurzarbeit von beispielsweise 75 Prozent bekommt der Arbeitnehmer auch nur 75 Prozent des regulären Nettolohns. Um die Lücke zum regulären Lohn auszugleichen, zahlt der Staat Kurzarbeitergeld. Es beträgt in den ersten drei Monaten 60 Prozent dieser Differenz, danach 70 Prozent und nach einem halben Jahr 80 Prozent. Arbeitnehmer mit Kind bekommen jeweils 7 Prozentpunkte mehr. Das Kurzarbeitergeld bleibt steuerfrei, der Arbeitnehmer erhält es ohne Abzüge.

Das Kurzarbeitergeld selbst bleibt zwar steuerfrei. Es muss aber berücksichtigt werden, wenn der Steuersatz für die restlichen Einkünfte festgelegt wird. So läuft es auch bei anderen Lohnersatzleistungen wie dem Eltern- oder Krankengeld; sie unterliegen dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Das restliche Einkommen muss dann im Nachhinein mit dem höheren Satz versteuert werden. Dadurch kann es sein, dass Kurzarbeiter Steuern nachzahlen müssen. In anderen Fällen haben sie aber auch zu viel Steuern gezahlt und bekommen Geld erstattet.

2. Nachzahlung oder Erstattung: Was heißt das für Angestellte in Kurzarbeit?

Rechenbeispiele zeigen: Wer über lange Zeit, aber nur teilweise in Kurzarbeit war, muss eher mit einer Nachzahlung rechnen, weil der Lohnsteuerabzug in dieser Zeit zu niedrig angesetzt war. Wer dagegen einige Monate zu 100 Prozent in Kurzarbeit war, danach aber wieder normal gearbeitet hat, bekommt eher Geld zurück. Für die Monate der Kurzarbeit muss er keine Steuern zahlen. Die restlichen Monate wurden aber voll besteuert, ausgehend von zwölf Monatsgehältern.

Beispielrechnung

Eine Person verdient 3000 Euro brutto und ist in Steuerklasse I, sie hat keine Kinder und keine weiteren Einkünfte.

In Fall A ist sie 6 Monate zu 100 Prozent in Kurzarbeit, die restlichen Monate arbeitet sie wie sonst. Damit käme sie auf eine Steuererstattung von rund 500 Euro. In Fall B ist sie die vollen 12 Monate zu 50 Prozent in Kurzarbeit. Hier kommt es zu einer Nachzahlung von etwa 1312 Euro.

Zwar sei die zusätzliche Steuerlast durch den Progressionsvorbehalt in beiden Fällen etwa gleich groß. „Im Fall A wird diese aber noch durch den monatlichen Lohnsteuer-Einbehalt aufgefangen“, erklärt Gero Hagemeister.

Letztlich sei der Einzelfall zu prüfen, erklärt Gero Hagemeister, Vizepräsident des Steuerberater-Verbands Köln. Nicht berücksichtigt seien in seinen Berechnungen bislang Kinder, Sonderausgaben und Werbungskosten. Die senken die Steuerlast. „Und sobald sonstige Einkünfte dazukommen, ob durch Vermietung, Verpachtung oder etwas Gewerbliches, sieht das Ganze wieder anders aus.“ Auch für solche Einkünfte gilt der höhere Steuersatz.

Optimistisch stimmt dagegen die Prognose von Isabel Klocke und dem Bund der Steuerzahler. „Es entsteht oft der Eindruck, dass jeder Arbeitnehmer, der in Kurzarbeit war, mit einer Nachzahlung rechnen müsste“, sagt Klocke. Das sei aber nicht der Fall. „In den meisten Fällen können sie sich sogar über eine Erstattung freuen.“ Lediglich einige müssten Steuern nachzahlen.

3. Wem droht eine Nachzahlung der Lohnsteuer?

Hagemeister will dazu keine Pauschalaussagen treffen, erklärt aber: „Wenn jemand Steuerklasse III hat und Kurzarbeitergeld bezogen hat, wird eine Nachzahlung wahrscheinlich.“ Das betrifft insbesondere verheiratete Paare, die eine gemeinsame Steuererklärung abgeben, also das Ehegattensplitting nutzen. Derjenige mit dem höheren Gehalt wählt klassischerweise Steuerklasse III und der andere Ehepartner Steuerklasse V. Durch die Zusammenveranlagung wird dem besserverdienenden Part weniger Lohnsteuer abgezogen. Ist einer von beiden in Kurzarbeit, erhöht sich der Steuersatz für das gemeinsame Einkommen. „Allein aufgrund dieses Effektes wird hier eine Nachzahlung wahrscheinlicher“, so Hagemeister.

4. Lässt sich eine Nachzahlung noch mindern?

Wer nun vermutet, dass ihm eine Nachzahlung droht, kann diese unter Umständen noch abschwächen, vor allem verheiratete Paare, die eine gemeinsame Steuererklärung abgeben. „Ehepaare, die bislang zusammen veranlagt sind, sollten prüfen, ob es sich lohnt, die Steuererklärung getrennt voneinander zu machen“, rät Isabel Klocke. Ändern lasse sich das jedes Jahr. Wer eine Steuer-Software nutzt, könne sich das einfach ausrechnen lassen. „Für 2020 trifft das gegebenenfalls zu, wenn einer von beiden in Kurzarbeit war.“

Ansonsten rät sie: „Ob Nachzahlung oder Erstattung – Steuerzahler sollten immer alles angeben, was sich absetzen lässt.“ Zum Beispiel seien das Kosten für Krankenversicherung, Arbeitsmittel, Reisekosten für Dienstfahrten oder Kundenbesuche oder Handwerker.

5. Was gilt für 2020?

Im Krisenjahr 2020 gibt es dabei ein paar Besonderheiten. Weil viele Arbeitnehmer im Homeoffice waren, spielen vor allem Arbeitsmittel eine Rolle, wenn sie nicht vom Arbeitgeber gestellt wurden. Wer sich beispielsweise einen Laptop oder Kopfhörer angeschafft hat, kann diese Kosten absetzen. „Bei langlebigen Wirtschaftsgütern komme ich in die mehrjährige Abschreibungspflicht hinein“, erinnert Hagemeister. Die Kosten müssen auf mehrere Jahre verteilt werden.

Dazu kommt die neue Homeoffice-Pauschale von bis zu 600 Euro. „Wenn ich damit über dem Werbungskostenpauschbetrag liege, habe ich die Möglichkeit, auch mein Homeoffice steuerlich geltend zu machen“, sagt Hagemeister. Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte spielen dagegen in diesem Jahr eine weniger wichtige Rolle.

Auch wenn Angestellte lange in Kurzarbeit waren und deshalb nur wenig absetzbare Kosten hatten: „Die Krankenversicherung sollte man trotzdem angeben und zum Beispiel Handwerker oder haushaltsnahe Dienstleistungen wie den Schornsteinfeger“, rät Isabel Klocke.

6. Was sollten Steuerzahler 2021 beachten?

Steuerberater und Finanzämter sind derzeit am Anschlag und vieles ist bislang ungeklärt. „Gerade bei den Coronahilfen ändern sich die Anforderungen laufend“, berichtet Hagemeister von der massiven Arbeitsbelastung seines Berufsstands. Für das laufende Jahr gelte wegen der vielen Unklarheiten für Steuerzahler der Grundsatz: „Belege sammeln für alles, was steuerlich abzugsfähig sein könnte.“ Dazu gehörten zum Beispiel auch Krankheitskosten. „Bis zum Jahresende 2021 kann immer noch ein Steueränderungsgesetz kommen.“

7. Tipp: Steuer-Apps vergünstigt bei Kurzarbeit

Anbieter verschiedener Programme und Apps für die Steuererklärung haben derzeit vergünstigte Angebote speziell für diejenigen, die wegen der Kurzarbeit steuerpflichtig werden. Das Online-Programm „Smartsteuer“ erledigt die Steuererklärung einmalig für 10 Euro statt wie üblich für 35 Euro. Die Web-App von Haufe-Lexware, einem der führenden Anbieter, kann große Teile der Steuererklärung selbst ausfüllen. Beispielsweise zieht sie sich Daten, die dem Finanzamt bereits vorliegen. Die Smartphone-App „Taxfix“, hinter der ein Startup steht, verspricht Kurzarbeitern eine kostenlose Steuererklärung bis Ende März. „Wiso Steuer-Web“ von Buhl bietet einen Corona-Steuercheck an. „Wer in Kurzarbeit war, hat die beste Steuererklärung verdient“, verkündet die Webseite und verspricht, im Schnitt 600 Euro mehr herauszuholen. Einen Rabatt gewährt der beliebte Anbieter aber nicht.

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Im Gegensatz zu Elster, dem Programm der Finanzämter, geben die kommerziellen Anbieter Tipps, welche Ausgaben und Pauschbeträge sich gegebenenfalls noch absetzen lassen. Dazu bieten sie etwa Erklär-Videos, Rechner und Musterbriefe. Regulär kostet eine gute Software zwischen 15 und 40 Euro, die man im Folgejahr von der Steuer absetzen kann. Hier lesen Sie, welches Programm in Tests am besten abschneidet.

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