Kleiner BlechschadenWann lohnt es sich, die Unfallkosten selbst zu zahlen?

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Kratzer am Auto

Bei einem Schaden am Auto übernimmt die Versicherung? Das zahlt sich nicht immer aus.

  • Es passiert schneller als man denkt: Einmal beim Einparken nicht aufgepasst und schon ist ein Kratzer im Auto.
  • „Nicht schlimm“, mag man denken, „das zahlt ja die Versicherung.“ Doch bei kleinen Blechschäden kann es sich lohnen, nachzurechnen.
  • Denn mit jedem Schaden erhöht sich der Beitrag für die Kfz-Versicherung. Ein genauer Blick kann viel Geld sparen.

Köln – Wer in Deutschland ein Auto zur Zulassung zum Straßenverkehr anmeldet, muss es auch versichern. Ob Haftpflicht, Teil- oder Vollkasko: Die zu zahlenden Beiträge richten sich zu einem großen Teil nach der Schadenfreiheitsklasse. Wer lange unfallfrei ist, zahlt weniger. Auch die kleinste Schramme kann sich jahrelang in den Beiträgen widerspiegeln. Da stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, kleinere Blechschäden lieber selbst zu zahlen.

Die SF-Klasse bestimmt darüber, wie viel Schadenfreiheitsrabatt die Autoversicherung einem Fahrer für langes unfallfreies Fahren gewährt. Fahranfänger, die ihr erstes Auto anmelden, finden sich in der Schadenfreiheitsklasse 0 wieder. Je länger sie unfallfrei bleiben und die Versicherung keine Schäden regulieren lassen, desto höher klettern sie auf der Leiter der SF-Klassen. Ist man 25 Jahre unfallfrei, werden Autofahrer beispielsweise in die Klasse 25 eingestuft. Die Klasse 35 ist die höchste, einige Versicherungen gehen auch bis zu 50. Hier lässt sich viel Geld sparen. Doch eine Schramme beim Parken oder ein leichter Auffahrunfall passieren schneller, als viele denken. Ein solches Malheur muss aber nicht gleich den Verlust der über Jahre aufgebauten Schadenfreiheitsklasse bedeuten.

Mit jedem übernommenen Schaden steigt die SF-Klasse

Autofahrer stehen im Fall eines kleinen Unfalls vor der Wahl. Soll man den Schaden selbst zahlen oder die Versicherung übernehmen lassen? Auf den ersten Schreck folgt oft der beruhigende Gedanke, dass die Versicherung einspringt. Langfristig gesehen kann dies bei kleineren Schäden allerdings deutlich teurer werden. Denn mit jedem Unfallschaden, den die Kfz-Versicherung übernimmt, stuft sie die Versicherten in der SF-Klasse herunter. Auch bei dem kleinsten Kratzer. Und auch die Anzahl der Stufen, die es zurück geht, ist gleich. Unabhängig von der Höhe des Schadens. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen den Versicherungen, wie groß die Rückstufung ausfällt. Daher kann sich beim Abschluss einer neuen Versicherung ein Blick auf die jeweilige Passage im Vertrag lohnen.

Rückstufungen bekommen Autofahrer langfristig in ihrem Portemonnaie zu spüren. Denn die verlorenen Klassen müssen mühsam Jahr für Jahr wieder aufgeholt werden. Auch die Mehrkosten des kleinsten durch die Versicherung übernommenen Kratzers enden erst, sobald man in der höchsten Schadenfreiheitsklasse angekommen ist. Über Jahre gesehen kann das mehrere Tausend Euro an zusätzlichen Versicherungsbeiträgen bedeuten. Bei Schäden im dreistelligen oder niedrigen vierstelligen Bereich kann es sich also auszahlen, genau nachzurechnen. Helfen kann dabei der Rückstufungsrechner der Stiftung Warentest, auch die Versicherung selbst teilt ihren Versicherten oft ein Grenze mit, ab der eine Übernahme der Kosten sinnvoll ist.

Selbstübernahme lohnt sich in der Regel bis über 1500 Euro

Das Verbraucherportal Finanztip schreibt, dass sich eine Selbstübernahme der Kosten bei Haftpflichtschäden bis etwa 1500 Euro, bei Vollkaskoschäden bis knapp 1300 Euro lohnt – im Durchschnitt. Denn eine goldene Regel lässt sich nicht aufstellen. Dafür sind die Voraussetzungen bei Autofahrern zu individuell. Ob es sich lohnt, den Schaden selbst zu übernehmen, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Neben der Art der Versicherung, dem Versicherer und dem eigenen Auto spielt auch der Tarif eine Rolle. Viele Versicherer bieten billige und teure Tarife an. Bei Billigtarifen wird im Schadensfall häufig stärker zurückgestuft als bei Premiumtarifen.

Auch die bisherige Einstufung spielt eine Rolle. Fahrer mit hohen SF-Klassen werden oft um mehr Stufen zurückgesetzt als Fahrer mit niedrigen Klassen. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Beitragshöhen der einzelnen Stufen in niedrigen SF-Klassen höher als in den oberen. Heißt: Wer lange unfallfrei war, wird womöglich mehr Klassen zurückgesetzt, die Mehrkosten fallen aber trotzdem geringer aus als bei Fahrern mit einer niedrigen Klasse. Die Selbstübernahme der Kosten kann sich bei niedrigen SF-Klassen also eher lohnen als bei hohen.

Rückkauf der SF-Klasse ist möglich

Einfacher haben es Versicherte, die eine Selbstbeteiligung mit ihrer Versicherung vereinbart haben. Hier ist die Lage klar: Bis zu dem vereinbarten Betrag wird der Schaden selbst beglichen. Wird es teurer, sollte gerechnet werden.

Wer erst später feststellt, dass die Übernahme der Kosten eine gute Idee gewesen wäre, die Versicherung den Schaden aber schon reguliert hat, kann sich in einigen Fällen seine Schadenfreiheitsklasse trotzdem noch zurückholen. So bieten viele Versicherungen ihren Kunden einen Schadenrückkauf an. Der Betrag kann nachträglich gezahlt werden und der Autofahrer wird wieder in die alte SF-Klasse eingestuft. Die Frist für diesen Rückkauf liegt in der Regel bei sechs bis zwölf Monaten.

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Auch andere Angebote bieten die Möglichkeit, seine Schadenfreiheitsklasse zu schützen. So können viele Versicherte mittlerweile einen Rabattschutz kaufen. Dieser kostet natürlich zusätzlich, sorgt aber dafür, dass Autofahrer ihre Schadenfreiheitsklasse bei einem Unfall oder zu regulierenden Schaden nicht direkt verlieren. Passiert dies zu oft, behalten sich die Versicherungen allerdings auch vor, diesen Rabattschutz aufzukündigen. Zudem kann diese Option bei einem Wechsel der Versicherung zu Problemen führen, da zwar die Unfälle, aber nicht unbedingt der Rabattschutz übernommen werden. In diesem Fall können sich Autofahrer plötzlich in einer niedrigeren SF-Klasse wiederfinden als zuvor.

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