Nach dem HochwasserAn Urlaub ist nicht zu denken – bekomme ich mein Geld zurück?

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt (1)

Mit Koffern werden viele in diesem Jahr nichts anfangen können. 

Köln/Düsseldorf/Mainz – Nach der Hochwasserkatastrophe sind die Menschen in den betroffenen Gebieten damit beschäftigt, die entstandenen Schäden zu beseitigen, aufzuräumen, zu retten, was zu retten ist. An Urlaub kann hier niemand denken. Und doch fällt die Krise mitten in die Sommerferien, viele Familien hatten Urlaub geplant. Welche Chancen sie jetzt haben, ihr Geld zurückzubekommen. Und wie die Lage für die erwarteten Gäste aussieht.

Ich bin selbst betroffen und muss meinen Urlaub absagen. Bekomme ich das Geld zurück?

Einen rechtlichen Anspruch, gebuchte Flüge oder Unterkünfte kostenlos zu stornieren, haben Betroffene nicht – nur wenn es vertraglich vereinbart wurde. Dasselbe gilt für Umbuchungen, erklärt Jan Philipp Stupnanek, Reiserechtsexperte der Verbraucherzentrale NRW. Dabei spielt hier keine große Rolle, ob es sich um eine Pauschalreise oder eine individuell gebuchte Reise geht. Betroffenen gibt er dennoch Grund zur Hoffnung: Sie sollten möglichst früh Kontakt zur Fluggesellschaft, zum Reiseveranstalter oder zum Vermieter der Unterkunft aufnehmen, um ihre Situation zu erklären.„Unter Umständen werden in einer solchen Lage verbraucherfreundliche Regelungen getroffen.“ Das kann etwa heißen, dass sie ihre Reise günstig stornieren oder auf einen späteren Zeitpunkt umbuchen dürfen.

Zahlt in diesem Fall die Reiserücktrittsversicherung?

Eine Chance, die Kosten für ihre abgesagte Reise wiederzubekommen, haben Menschen aus den betroffenen Gebieten außerdem, wenn sie eine Reiserücktrittsversicherung haben. Die müssen sie nicht speziell für diesen Urlaub dazu gebucht haben. Möglicherweise haben sie einen Jahrestarif abgeschlossen oder die Reise mit einer Kreditkarte gezahlt, bei der die Reiseversicherung mit inbegriffen ist. Entscheidend ist, dass die Versicherung auch Schäden durch Elementarereignisse wie zum Beispiel Überschwemmungen abdeckt, erklärt Stupnanek. Das können Betroffene den Vertragsbedingungen entnehmen. Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, sei die Versicherung verpflichtet, die Kosten bis zur Höhe der vertraglich vereinbarten Versicherungssumme zu erstatten. Der Versicherungsschutz gilt in der Regel ab Vertragsschluss bis zum Reiseantritt.

Ich habe Urlaub in Deutschland geplant. Wohin kann ich noch reisen und wohin besser nicht?

Bayern Besonders beliebt bei Urlaubern aus dem Inland sind in Deutschland traditionell die Ost- und Nordsee, die nicht betroffen sind, sowie Bayern. Zwar hatten Hochwasser-Fluten und Erdrutsche im Berchtesgardener Land Verwüstungen angerichtet. Touristenunterkünfte blieben aber offenbar weitgehend verschont.

Mosel und Eifel Die Vulkaneifel und die Moselregion sind beliebte Urlaubsziele. Beide Regionen hat die Flutkatastrophe hart getroffen. Nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Rheinland-Pfalz gibt es beispielsweise im stark betroffenen Kreis Ahrweiler so gut wie keine Wirtshäuser oder Hotels, die innerhalb der kommenden zwölf Monate wieder Gäste bedienen könnten. „Die zerstörte Infrastruktur, die kaputten Gebäude aber beispielsweise auch die fehlende Gasversorgung geben wenig Anlass zur Hoffnung“, sagte Dehoga-Präsident Gereon Haumann.

Das könnte Sie auch interessieren:

Zahlreiche Urlaubsgäste würden ihre Buchungen aber auch in Landesteilen stornieren, die überhaupt nicht von den Überflutungen betroffen waren, so Haumann. Zum Beispiel Rheinhessen oder die Pfalz. Das liege daran, weil das Bundesland insgesamt als Katastrophengebiet betrachtet werde. Dabei seien selbst Urlaubsgebiete entlang der Mosel mittlerweile schon wieder auf Gäste eingestellt.

Camping Nach ersten Schätzungen des Bundesverbandes der Campingwirtschaft (BVCD) in Deutschland sind vier Campingplätze in Nordrhein-Westfalen und elf in Rheinland-Pfalz so verwüstet, dass sie auf unbestimmte Zeit nicht öffnen können. Bundesweit gibt es mehr als 3000 Campingplätze.

Flusskreuzfahrt Die Folgen für Anbieter von Flusskreuzfahrten halten sich nach Einschätzung des Reiseverbandes DRV in Grenzen. Einige Kreuzfahrten mussten abgesagt werden, bei anderen wurde der Fahrplan geändert. Es werde damit gerechnet, dass die Donau ab Passau zum Wochenende wieder befahrbar sei, ebenso die Mosel und die gesamte Rheinstrecke.

Ich habe Urlaub in einer Hochwasserregion gebucht. Kann ich kostenlos stornieren?

Pauschalreise Nur in zwei Fällen haben Verbraucher ein Recht darauf, kostenlos von ihrer Pauschalreise zurückzutreten: Entweder es ist vertraglich so vereinbart. Oder „wenn unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe die Reise erheblich beeinträchtigen“, erklärt Stupnanek. Ein solcher Fall liegt nach Einschätzung der Verbraucherzentrale NRW bei einem unerwarteten Hochwasser vor, beispielsweise wenn der Katastrophenfall in der Urlaubsregion ausgerufen wurde. Verbraucher dürfen dann kostenlos stornieren, am Ende sei jedoch der Einzelfall zu bestimmen.

Hotel, Individualreise Im Normalfall haben die Anbieter einen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung – abzüglich ersparter Aufwendungen, erklärt Stupnanek. Wer storniert, muss dann trotzdem 60 bis 90 Prozent des vereinbarten Preises zahlen, je nach der gebuchten Verpflegung, die nun entfällt. Nur wenn die Unterkunft aufgrund des Hochwassers unbenutzbar sei, müsse sie nicht bezahlt werden. Die wichtigste Frage ist daher, ob und wie sehr der Reisende die Unterkunft nutzen kann oder dabei eingeschränkt ist. Er hat unter Umständen das Recht auf Mietminderung, bei einem erheblichen Mangel kann er den Vertrag außerordentlich kündigen. „Der Mangel muss dabei so gewichtig sein, dass Hotel oder Ferienwohnung nicht oder nur in geringem Umfang nutzbar ist“, erklärt Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ). Das könne nach gravierenden Flutschäden zutreffen.

Wenn die Unterkunft geöffnet ist und Gäste empfängt, gilt aber: „Der Vermieter einer Ferienwohnung oder der Hotelier schulden mir allein die Zurverfügungstellung der Unterkunft“, erklärt Julia Gerhards von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Nicht verantwortlich sei er dagegen dafür, dass die Unterkunft erreichbar ist und die Freizeitangebote in der Region geöffnet sind. „Das ist das Risiko, das der Individualreisende trägt.“

Bitte der Verbraucherzentrale NRW:

Hilfe für die Betroffenen kann auch darin bestehen, nicht auf sein Recht zu beharren, wenn man nicht selbst dringend auf das Geld angewiesen ist. „Unabhängig von den Rechten, die Reisenden zweifelsfrei zustehen, sollten wir bedenken, dass die Anbieter von Unterkünften in Hochwasserregionen teils existentiell von der Katastrophe getroffen wurden“, gibt die Verbraucherzentrale NRW zu bedenken. Und bittet Verbraucher, diesen Punkt zu berücksichtigen, wenn sie darüber nachdenken, ihre Reise zu stornieren. (mit dpa/tmn)

Rundschau abonnieren