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Nur noch mit KarteDüsseldorfer Restaurant schafft Barzahlung ab

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Kreditkarte

In Düsseldorf hat das erste Restaurant das Zahlen mit Bargeld abgeschafft.

  • Das Baba Green schafft als erstes Düsseldorfer Restaurant die Bargeldzahlung ab.
  • Bis auf ein weiteres Restaurant in Köln gibt es laut Dehoga kein weiteres Lokal in NRW, das ausschließlich auf bargeldloses Bezahlen setzt.
  • Die Vorteile sollen vor allem in der erleichterten Organisation liegen.

Düsseldorf – 2,90 Euro kosten die Fritten im Baba Green, dem orientalischen Fastfood-Restaurant am Düsseldorfer Wehrhahn. Wer noch eine hausgemachte Sauce dazu nimmt, landet bei 3,90 Euro. Ein kleiner Betrag, den wohl die meisten schnell mit ein paar Münzen aus dem Portemonnaie bezahlen würden.

Im Baba Green müssen Kunden auch solch niedrige Summen seit Oktober mittels Karte oder App zahlen. Akzeptiert werden alle Giro- und Kreditkarten sowie alle Bezahl-Apps, bei denen eine Bankkarte hinterlegt ist, also beispielsweise Google Pay oder Apple Pay. „Wir wollen als modernes Unternehmen vorangehen und haben das Zahlen mit Bargeld abgeschafft“, sagt Ozan Baran, Mitgründer und Geschäftsführer des Restaurants.

Weniger Aufwand

Die Vorteile sind aus seiner Sicht immens: Seit der Umstellung habe man einen wesentlich geringeren organisatorischen Aufwand. „Vorher war ein Mitarbeiter rund anderthalb Stunden täglich mit der Abrechnung und der Besorgung neuer Wechselgelder beschäftigt. Außerdem ist es sicherer: Niemand muss mehr mit den Tages- oder Wocheneinnahmen in der Tasche zur Bank gehen“, so Baran. Man laufe keine Gefahr mehr, Falschgeld anzunehmen, und ein Einbruch ins Lokal lohne sich ohne Bargeld in der Kasse auch nicht. Außerdem hatten die Gastronomen seit ihrer Eröffnung 2016 immer wieder Probleme mit Kassendifferenzen. Teilweise fehlten am Ende eines Arbeitstages dreistellige Beträge.

Bei mehreren Mitarbeitern, die Zugang zur Kasse haben, war der Schuldige nicht immer auszumachen. „Einmal haben wir einen Mitarbeiter dabei erwischt, wie er in die Kasse gegriffen hat“, erzählt Baran. Noch ein Problem, das sich mit der Um stellung auf bargeldlose Bezahlsysteme quasi von selbst erledigt hat.

Baba Green steht recht alleine da

Bislang steht das Baba Green mit seiner Entscheidung relativ alleine da. Außer dem Restaurant Metzger & Marie in Köln gibt es laut Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) kein weiteres Lokal in NRW, das ausschließlich auf bargeldloses Bezahlen setzt. „Dafür ist das Bargeld bei uns einfach noch zu weit verbreitet, die Kunden erwarten, dass sie auch cash zahlen können“, sagt Thorsten Hellwig vom Dehoga NRW.

Dennoch setzt sich laut einer Studie des EHI Retail Institutes in Köln, einer Forschungseinrichtung für Handel, das Bezahlen mit Karte auch hierzulande immer weiter durch. Im Jahr 2018 lag der Umsatzanteil der Kartenzahlungen im deutschen Einzelhandel mit 48,6 Prozent erstmals knapp über dem der Bargeldumsätze (48,3 Prozent). „Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass die Deutschen grundsätzlich alles mit Karte zahlen wollen. Im Gegenteil. Barge ld hat nach wie vor einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft“, erklärt Horst Rüter, Geschäftsführer des Instituts und Leiter des Forschungsbereichs für Zahlungssysteme.

Großteil der Produkte wird bar bezahlt

Laut Studie wurden immer noch 76,1 Prozent aller Einkäufe im Einzelhandel in bar bezahlt. Demnach begleichen die Deutschen vor allen Dingen kleine Beträge, wie zum Beispiel an der Supermarktkasse, im öffentlichen Nahverkehr oder am Kiosk, gerne mit Münzen und Scheinen. „Bei größeren Beträgen, ab 25 Euro etwa, greifen die meisten zur Karte“, so Rüter. Tendenz steigend.

Wer einen Blick in eine Zukunft ohne Bargeld werfen will, kommt an den skandinavischen Ländern nicht vorbei. „Es ist bestimmt zwei oder drei Jahre her, dass ich das letzte Mal Kronen in bar gesehen habe“, sagt Fredrik Öqvist. Der gebürtige Schwede lebt seit mehreren Jahren am Niederrhein und ist stellvertretender Vorsitzender der deutsch-schwedischen Gesellschaft in Düsseldorf. Mehrere Wochen im J ahr verbringt er in seinem Heimatort in der Nähe von Stockholm. „In Schweden zahlen wir alles entweder per Bankkarte oder App – sogar ein Kaugummi für umgerechnet 10 Cent“, sagt Öqvist.

App „Swish“ besonders beliebt

Besonders beliebt ist ein mobiles Bezahlungssystem namens Swish, bei dem eine App die eigene Mobilfunknummer mit dem Bankkonto koppelt und so das Bezahlen per Handynummer ermöglicht. Egal ob in einer kleinen Boutique, auf dem Flohmarkt oder im Café – das Geld wird per Fingertipp bezahlt. Besonders praktisch: Man kann auch gebührenfrei Geld unter Privatleuten austauschen. „Wenn man also abends mit Freunden in einer Kneipe steht, zahlt eben einer die Rechnung, und alle anderen schicken ihm per Swish ihre Anteile, die er dann sofort auf seinem Konto sehen kann“, beschreibt Öqvist die Praxis. Sogar seine 82-jährige Schwiegermutter zahle ihre Einkäufe online mit der App. Vor allem die Banken forcierten die Abkehr vom Bargeld. Der logistische Aufwand auch die Filialen in den en tlegensten Regionen regelmäßig mit neuen Bargeld-Reserven zu versorgen, war immens.

Eine ähnliche Strategie verfolgt auch das Baba Green in Düsseldorf, wenn auch im Kleinen. „Anfangs haben wir gezittert, ob unsere Kunden uns die Abschaffung der Bargeldzahlung übel nehmen werden“, berichtet Ozan Baran. Doch das Gegenteil war der Fall. „Die Umsätze sind in den ersten anderthalb Monaten stabil geblieben, und 99 Prozent der Rückmeldungen, die wir im Laden erhalten, sind positiv.“ Gerade den jungen Kunden erschlössen sich die Vorteile sofort. Nur Münzen fürs Trinkgeld werden im Baba Green weiterhin im Wunschbrunnen neben dem Kassenterminal gesammelt. Wer möchte, kann aber auch das per Kartenzahlung erledigen.

Bargeldlos zahlen keine Frage des Alters

Einer Verbraucherstudie zufolge legen die 16- bis 29-Jährigen Wert auf Flexibilität und Anonymität im richtigen Moment. Gerade sie wollen in jeder Situation individuell entscheiden können, ob sie mit Bargeld, Karte oder App zahlen möchten.

Ausblick Daher werden die bargeldlosen Bezahlmethoden zwar an Beliebtheit gewinnen, aber mit Bargeld koexistieren.

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