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Rechtsanwalt gibt TippsKann ich die Zeugnis-Noten meines Kindes anfechten?

Lesezeit 4 Minuten
Zeugnis Vergabe trauriger Junge Schule Noten

Was tun, wenn die Noten viel schlechter ausgefallen sind, als erwartet?

Mit den Sommerferien steht auch die Zeugnisvergabe an. Bei vielen Schülern und ihren Eltern sind die ersten Tage der Ferien aber oft durch schlechte Laune wegen der Notenvergabe getrübt. Gerade wenn die Versetzung gefährdet ist, überlegen sich viele Eltern, gegen die Notenvergabe vorzugehen.

Der Anwalt Jörg Sion beschäftigt sich schon seit 25 Jahren mit den Themen Schul- und Prüfungsrecht. Er erklärt, wie Eltern sich gegen Noten wehren können

Können Eltern Noten auf dem Endjahres-Zeugnis anfechten?

Jörg Sion: Wenn die Noten schon auf dem Zeugnis stehen, ist es für außerrechtliche Schritte meist zu spät. Normalerweise sollten die Eltern schon im Laufe des Schuljahres Hinweise dazu wahrnehmen, welche Note es am Ende wird. Die Schüler schreiben Arbeiten, Eltern nehmen an Elternsprechtagen teil oder bekommen auch mal konkrete Hinweise von Lehrern. Wenn dann überraschend eine schlechte Note auf dem Endjahres-Zeugnis steht, bleibt nur noch die Möglichkeit, eine Beschwerde oder einen Widerspruch einzulegen.

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Was ist der Unterschied zwischen Widerspruch und Beschwerde?

Jörg Sion: Wer beispielsweise eine Klausur in der achten Klasse schreibt und nicht mit der Note einverstanden ist, legt Beschwerde ein. Das gleiche gilt für das Halbjahreszeugnis. Der Widerspruch greift bei Noten, die Relevanz für den Abschluss haben oder für die Noten in der gymnasialen Oberstufe. Dort zählt ja jede einzelne Klausurnote für das Abitur.

Wie können Eltern Widerspruch einlegen?

Jörg Sion: Man muss den Widerspruch schriftlich in der Schule einreichen. In dem Schreiben sollte man deutlich machen, dass man mit der Note nicht einverstanden ist und sie deswegen prüfen lassen möchte. Dann muss sich die Schule erneut mit der Notengebung befassen. Das passiert in einer Widerspruchskonferenz. Es ist ganz wichtig, hier schnell zu sein.

Je eher das Widerspruchsverfahren überhaupt in Gang kommt, desto höher ist die Chance darauf, dass man das Ergebnis zu Anfang des nächsten Schuljahres schon kennt. Deshalb sollte der Widerspruch zu der Note noch vor den großen Ferien eingelegt werden, da ist noch Betrieb in den Schulen.

Was müssen Eltern beachten, wenn wegen schlechter Noten keine Versetzung erfolgt?

Jörg Sion: Wenn es darauf ankommt, dass die Note angehoben wird, um eine Versetzung zu erhalten, gibt es noch eine weitere Möglichkeit: Hier könnte man zum Widerspruchsverfahren auch noch das Verwaltungsgericht einschalten. Das Ziel ist dabei, mit einem vorläufigen Rechtschutzverfahren eine Berechtigung auszusprechen, dass der Schüler zunächst vorläufig in die nächst-höhere Klasse kommt. Das ist wichtig, weil man damit einen Zeitverlust ersparen kann. Mit dem Verfahren kann man schneller eine – vorläufige - Entscheidung herbeiführen.

Der Rechtsanwalt

Jörg Sion arbeitet als Rechtsanwalt in seiner Düsseldorfer Kanzlei unter anderem in den Rechtsgebieten Schulrecht, Bildungsrecht und Prüfungsrecht.

Können Eltern mündliche Noten anfechten?

Jörg Sion: Bei mündlichen Noten ist es schwierig, weil man keine richtige Grundlage hat. Die Sichtweise auf die Leistung von Lehrern und Schülern sind oft unterschiedlich, da steht Beobachtung gegen Beobachtung. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass im Zweifel eher auf die Beurteilung des Lehrers vertraut wird. Man findet auch kaum Mitschüler, die die eigene Darstellung bestätigen.

Denn die wenigsten sind geneigt, hier in Erscheinung zu treten, weil sie Angst davor haben, dass es zum eigenen Nachteil gereicht. Da kann man allenfalls auf den Vergleich zu den letzten Schuljahren gehen. Wenn der Schüler da durchweg gut war, spricht etwas dafür, dass eine plötzlich eintretende schlechte mündliche Note nicht die richtige Beurteilung war.

Welche Erfolgsaussichten hat ein Widerspruch gegen schlechte Noten?

Jörg Sion: Das kann man pauschal nicht sagen, da muss man sich immer den einzelnen Fall anschauen. Wenn ein Schüler viele Fünfen auf dem Zeugnis hat, kann man schon eher sagen: Das hat weniger Sinn. Denn die Chance, dass man so viele Noten geändert bekommt, ist äußerst gering. Wenn man in einem Bereich ist, wo nur ein bis zwei Punkte fehlen, empfiehlt es sich hingegen oft, Widerspruch einzulegen, denn es kann die Möglichkeit bestehen, dass sich ein Punkt finden lässt und der Schüler so die Note bekommt, die ihm fehlt.

In Fällen, in denen beispielsweise unangemessene Anforderungen vorlagen, gibt es in der Regel gute Chancen, die Noten geändert zu bekommen. Auch dann, wenn es darzulegen gelingt, dass ein Lehrer unfair war oder willkürlich handelte, stehen die Chancen für den Erfolg eines Widerspruchs gut.

Das Gespräch führte Christina Scholten.

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