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Stilkolumne„Servietten ‚dekorativ' ins Glas zu stecken, sollte verboten sein“

Lesezeit 4 Minuten
Gedeckter Tisch Getty Images

Ein schön gedeckter Tisch macht sehr viel aus – doch wie geht das überhaupt?

  • Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  • Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  • In dieser Woche erklärt Vincent Moissonnier, was es beim Tischdecken zu beachten gilt, und wie Geschirr und Gläser schön glänzen.

Köln – In meiner vorigen Kolumne habe ich Ihnen für ein festliches Essen „@home“ die Platzierung des Bestecks erläutert. Damit ist der Tisch natürlich noch nicht eingedeckt. Heute also Regeln für die perfekte Tafel Teil zwei. Beginnen wir mit der Tischdecke.

Sie sollte makellos sauber sein, glatt gebügelt bis auf eine Bügelfalte in der Mitte. Sie ist klassischerweise der Egalitätsmarker für den Service: Alle Gäste sollen gleich weit entfernt etwa von einer Vorspeisenplatte oder einer Suppenterrine sein. Stoffservietten, traditionell aus Leinen gewebt, sind im doppelten Sinne eine feine Sache. Große Servietten sind angenehm, weil sie besser auf dem Schoß liegen. Bei uns in Frankreich ist die Serviette auch ein Statussymbol: Je größer, desto wohlhabender der Haushalt. Ein handelsübliches Format ist aber völlig in Ordnung.

Mehrmals gefaltet, legen Sie die Serviette mittig auf den Teller. Aber bitte, erst nach dem Eindecken, wenn Sie einen Gesamteindruck von dem gedeckten Tisch haben. Die Servietten „dekorativ“ ins Glas zu stecken, sollte verboten sein.

Kommen wir zum Geschirr. Wenn Sie sich am eleganten 16. Pariser Arrondissement orientieren möchten, dann bekommt jeder Gast einen Platzteller aus Porzellan. Er trägt sämtliche Teller und bleibt bis zum Schluss liegen. Darauf stellen Sie den Vorspeisenteller und gegebenenfalls Suppenteller oder -tasse mit Unterteller. Der Teller fürs Hauptgericht wird später kurz vor dem Servieren nachgedeckt, am besten im Ofen vorgewärmt. Auf dem Porzellan dürfen keine Fingerabdrücke zu sehen sein. Einen schönen Glanzeffekt erreichen Sie, wenn Sie die Teller mit einem in Essigwasser getupften Tuch kurz abreiben und polieren. Das nimmt auch den muffigen Geruch weg, den Teller annehmen können, wenn sie lange im Schrank gestanden haben.

Wo kommen die Gläser auf den Tisch?

Der kleine Brotteller, wenn Sie einen solchen verwenden, kommt mit oder ohne Brotmesser auf die linke Seite neben die Gabel, und zwar auf Höhe der Zinken.

Die Weingläser sind ein Fall für sich. Weil ich so oft danach gefragt werde, widme ich mich den Gläsern in meiner nächsten Kolumne gesondert. An dieser Stelle also nur die Grundregeln. Erstens: Weil auch Gläser im Schrank einen Geruch annehmen können, unbedingt vor der Benutzung noch einmal gründlich reinigen. Mein Tipp: Erhitzen Sie etwas Wasser und halten Sie das Glas mit der Öffnung nach unten über den Dampf. Danach mit einem sauberen Trockentuch polieren.

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Auf dem Tisch platzieren Sie die Gläser an den Tellern entlang von oben nach rechts unten. Auf Französisch nennen wir das „l’axe diagonal“. Ich erwähne das, weil die Engländer es anders machen. Sie stellen alle Gläser parallel zur Tischkante auf. Auf dem Kontinent dagegen gilt die schräge Anordnung. Von links nach rechts kommt zuerst das Wasserglas, meist das größte von allen, gefolgt vom Rot- und Weißweinglas. Gläser für Sekt oder Champagner als Aperitif gehören nicht auf den Esstisch, sondern werden den Gästen eigens gereicht. Man darf aber ein nicht ausgetrunkenes Glas mit an seinen Platz nehmen und es rechts neben das Weißweinglas stellen. Ein kleines Glas für Süßwein, wenn einer vorgesehen ist, kommt oberhalb zwischen Rot- und Weißweinglas.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an: Stilkolumne@dumont.de

Bleibt noch die Frage nach der Tischdeko. Ich empfehle, sich an der Größe des Tisches zu orientieren und Blumenarrangements, farblich passend zur Tischdecke und zum Geschirr, eher dezent einzusetzen. Gerade ein eher schmaler Tisch, an dem die Gäste einander gegenübersitzen, kommt einem sonst schnell überladen vor. Ich bin kein großer Fan von Kerzen, weil sie leicht den Blick behindern. Lassen Sie einfach Ihr Geschirr, das Besteck, die Gläser und deren Arrangement wirken!

Aufgezeichnet von Joachim Frank

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