StilkolumneWas „Mann“ beim Betreten eines Restaurants alles falsch machen kann

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  • Stil und gutes Benehmen, das klingt schnell altmodisch. Doch Orientierung im richtigen Umgang mit unseren Mitmenschen suchen viele.
  • In unserer neuen Stilkolumne „Wie geht's?” beantworten Experten genau diese Fragen – von der angemessenen Kleidung bis zur richtigen Wortwahl.
  • Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, gibt Tipps, wie man sich seiner Meinung nach beim Essengehen präsentieren sollte.

Köln – Leserfrage: Früher sagte man, beim Betreten eines Restaurants „geht der Herr voran“. Gilt das auch heute noch? Wilfried B. Betrachten Sie den ersten Schritt in das Lokal Ihrer Wahl als eine großartige Inszenierung. Sie kommen von einer vielleicht schäbigen Straße, womöglich ist es kalt, oder es regnet. Sie öffnen die Tür – und sind in einem anderen Universum. Je nach Lage des Eingangs und der Beschaffenheit des Restaurants richten sich, wie bei einer Theaterbühne, die Blicke der anderen Gäste auf Sie: „Oh, wer kommt denn da herein?“

Klar, dass Sie nicht abschätzig gemustert werden wollen. Selbstbewusstsein, heißt die Devise. Oft aber nehme ich ein Moment der Peinlichkeit bei den Neuankömmlingen wahr, besonders bei Männern. Die wissen plötzlich nicht mehr, wohin mit ihren Händen. Sie greifen nach dem Arm ihrer Begleiterin, oder sie schauen etwas ziellos in die Runde.

Verantwortung liegt laut Moissonnier beim Mann

Nehmen Sie es also als Bewährungsprobe für den galanten, gut erzogenen Mann von heute: Gehen Sie – wie es immer war – voran! Öffnen Sie vor Ihrer Begleitung die Tür, und bahnen Sie ihr den Weg. Sie sind es dann auch, der das Wort ergreift. Überlassen Sie es nicht Ihrer Begleitung, das Service-Personal anzusprechen und nach Ihrer Reservierung oder nach einem freien Tisch zu fragen. Das ist nämlich Ihre Verantwortung. Seien Sie entspannt, setzen Sie ein freundliches Lächeln auf – und man wird Ihnen, bildlich gesprochen, den roten Teppich ausrollen.

Es gibt immer wieder Gäste, die sehen aus, als hätten sie eigens einen Schluck Essig genommen, um nur ja säuerlich dreinzuschauen. Das registriert die geschulte Service-Kraft sofort, auch wenn sie es sich nicht anmerken lassen wird. Aber wenn Sie einen anderen Tisch haben möchten als den für Sie vorgesehenen, dann macht die Atmosphäre, in der diese Frage geklärt wird, schon einen Unterschied.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an: Stilkolumne@dumont.de

Klare Ansage machen

Beim Hereinkommen wartet der Gast in der Regel, bis er in Empfang genommen wird und seinen Platz gezeigt oder an den Tisch begleitet wird. Versuchen Sie, direkt Blickkontakt mit einem Kellner oder einer Kellnerin aufzunehmen. Nun kann es passieren, dass sich doch nicht gleich jemand um sie kümmert und Sie das Gefühl bekommen, ignoriert zu werden. Das ist natürlich unangenehm, und es gibt keinen Grund, dass Sie sich das gefallen lassen müssten.

Wenn Sie sich aber nicht gleich geschlagen geben und das Restaurant wieder verlassen wollen, dann gehen Sie auf jemanden zu, der aussieht, als hätte er oder sie etwas zu sagen, und sagen Sie klipp und klar: „Ich habe das Gefühl, wir stören. Sollten wir besser morgen wiederkommen?“ Darauf werden Sie ganz automatisch eine Reaktion erhalten – im Idealfall eine höfliche Entschuldigung. Sollte die Antwort wider Erwarten patzig ausfallen, dann ist das ein Indiz, dass Sie in dem Lokal mit Ihrem Wunsch nach einem schönen Abend fehl am Platz sind.

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Dazu möchte ich Ihnen eine Geschichte erzählen, die der Schauspieler Axel Prahl erlebt hat. In seinem Wohnort am Rand von Berlin gibt es nur eine Bäckerei mit einer Verkäuferin, die – wie Prahl feststellte – niemals lacht. Irgendwann hat er sie gefragt, ob das ein Prinzip sei oder ob es auch Tage gebe, an denen sie eine Ausnahme macht. Ihre Antwort: „Ick verkoofe keene Freundlichkeit, ick verkoofe Brot.“ Ich würde sagen: Det is Berliner Humor!

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