Trotz schlechten GewissensWarum ich jeden Tag wieder eine Umweltsünderin bin

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Sie sind schlecht für die Umwelt - dennoch fällt der Verzicht auf To-Go-Becher manchmal schwer. (Symbolbild)

Köln – Nach einem langen Arbeitstag stehe ich endlich in der Dusche, genieße das kühle Wasser und greife zum Shampoo. Und schon ist es wieder da: Das schlechte Gewissen. In der Hand halte ich die Shampooflasche – aus Hartplastik, wie fast alle Dusch-Produkte – und frage mich, wie wir den Klimawandel so heftig diskutieren und trotzdem noch guten Gewissens unseren Kopf einseifen können. 

Wer braucht schon Plastiktüten?

Diese Momente sammeln sich immer häufiger in meinem Alltag an. Momente des schlechten Gewissens, in denen hunderte Fridays-for-Future Stimmen in meinem Kopf ein Schandlied auf mich anstimmen, wenn ich doch die Orangen aus Spanien kaufe oder die Kiwi aus Neuseeland. Oder wenn ich tatsächlich zu einem dieser dünnen Obst-Plastiktütchen greife, weil ich meine Tomaten nicht einfach so auf das Kassenband legen möchte. An der Uni erreicht das schlechte Gewissen seinen Höhepunkt, wenn der Kaffee mal wieder in einen To-Go-Becher tropft.

Fortgeschrittene Klimaschützer bekommen jetzt einen erhöhten Puls. To-Go-Becher oder Plastiktütchen, das ist doch alles nicht mehr nötig.

Ganz oder gar nicht?

In all den kleinen Alltagssituationen, in denen mir klar wird, wie viel ich eigentlich falsch mache, wenn ich wirklich nachhaltig leben möchte, stelle ich mir die Frage: Wie viel ist eigentlich genug? In den vielen Artikeln und Kommentaren über den Klimawandel und nachhaltigeres Leben scheint es eine eindeutige Meinung zu geben: Ganz oder gar nicht! Mehr Verbote für Verbraucher, mehr Vorschriften für die Industrie. Oder eben das krasse Gegenteil: Das bringt doch alles gar nichts mehr,

Natürlich möchte ich, dass auch in 50 Jahren noch ein gutes Leben auf unserem Planeten möglich ist. Ich möchte keine 40-Grad-Sommer, weil sich das Klima immer weiter verschlechtert und ich bin für artgerechte Tierhaltung und plastikfreie Meere.

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Was mich stört, ist der Gedanke: Ganz oder gar nicht. Eine Freundin erzählte mir neulich, wie Menschen hämisch reagierten, weil sie, als Veganerin und Verfechterin von nachhaltigem Leben, nicht komplett plastikfrei durchs Leben gehe. „Ach, du isst keine tierischen Produkte, aber dein Sojapudding ist in einem Plastikbecher? Dann zählt das doch alles nicht!"

Jeder Schritt zählt

Ich finde, jeder Schritt zählt. Wenn ich nicht von heute auf morgen auf Eier, Milch und Fleisch verzichten will - dann fange ich eben bei den Plastiktütchen an. Oder verzichte einfach komplett auf einen Kaffee, wenn ich meinen Becher vergessen habe. Das schlechte Gewissen nervt mich zwar, aber es hilft mir auch dabei, Gewohnheiten zu hinterfragen. Wenn ich jetzt durch den Supermarkt gehe, achte ich darauf, wo mein Obst herkommt. Im Drogeriemarkt überlege ich: Gibt es Alternativen zu dem Plastikflaschen-Shampoos (Spoiler: Ja, die gibt es!) und mittlerweile verzichte ich teilweise auf Fleisch - obwohl ich es gerne esse.

Kleine Umweltsünden werde ich bestimmt auch weiterhin begehen – aber hoffentlich jeden Tag ein bisschen weniger. (chy)

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