„Kanzler in der Karikatur“Haus der Geschichte eröffnet vergnügliche Ausstellung

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Viel mehr als „nur“ Zeichnungen: Satirische Tondokumente bis hin zu Loriot, Kabarett-Einlagen von der Münchner Lach- und Schießgesellschaft eine lebensgroße Puppe von Helmut Kohl im Stil der Muppet-Show gehören zu der neuen Ausstellung.

Viel mehr als „nur“ Zeichnungen: Satirische Tondokumente bis hin zu Loriot, Kabarett-Einlagen von der Münchner Lach- und Schießgesellschaft eine lebensgroße Puppe von Helmut Kohl im Stil der Muppet-Show gehören zu der neuen Ausstellung.

Bonn – Wer sich in die reich bestückte Ausstellung mit 300 Exponaten im Haus der Geschichte begibt, wird wahrscheinlich schnell das Manko des Titels „Kanzler in der Karikatur“ vergessen. Aber wie soll man es denn machen? Soll man titeln: „Sieben Kanzler und eine Kanzlerin in der Karikatur?“

Das scheint auch wieder nicht gut ausbalanciert, und das sollte es doch sein im langen Fluss der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, wo sich die Demokratie, aber zugleich auch die Karikaturen gleichmäßig fortsetzen. Jeder und jede wird da hochgenommen, bis hin zu Heiko Sakurais ausmündendem Statement: „Die schwarze Witwe macht weiter“. Das Besondere ist an der von Ulrich Op de Hipt eingerichteten Schau, dass über die kleinen Karikaturen von 1949 an auch andere Medien zum Zuge kommen.

Richling-Show befasst sich mit Angela Merkel

Da sind satirische Tondokumente bis hin zu Loriot, Kabarett-Einlagen von der Münchner Lach- und Schießgesellschaft mit Willy Brandt im Fokus, und sogar eine lebensgroße Puppe von Helmut Kohl im Stil der Muppet-Show. Ganz aktuell befasst sich eine jüngste Richling-Show mit Angela Merkel. Sogar das blaue Abendkleid, das der Pantomime trug, steht ausgestopft daneben.

Auch Angela Merkel ist als Bundeskanzlerin im Visier der Karikaturisten.

Auch Angela Merkel ist als Bundeskanzlerin im Visier der Karikaturisten.

Da liegt die originale schwarze Mütze von Helmut Schmidt neben einer Reihe von Karikaturen unter der Überschrift: „Der Lotse geht von Bord“ und Kurator Ulrich Op de Hipt hat festgestellt, dass dieser Satz aus Bismarcks Zeiten schon von 1890 an so ziemlich alle Kanzler der Bundesrepublik in der Karikatur begleitet hat.

Die DDR ist diesmal im Haus der Geschichte ausgeblendet. Einzig die ostzonale Satire-Zeitschrift „Frischer Wind“ zeigt Adenauer als aggressiven Faschisten und Feuerwehrmann, der mit Zündhölzern spielt. Doch auch die Übergänge der Karikatur zur westdeutschen Wahlpropaganda sind fließend, wie aus einem Brief von Willy Brandt an den Zeichner Tomi Ungerer ersichtlich wird: „Ihre geistvolle Kurzschrift für unsere SPD-Anzeigenserie sagt mit Witz das, wozu Politiker oft zu viele, manchmal auch zu grobe Worte brauchen.“

Adenauer als Fuchs

Und so darf der Besucher sich denn erfreuen lassen an einem Adenauer mit listiger Fuchsphysiognome, einem ewig Zigarre rauchenden Erhard, der als Dampflok das Wirtschaftswunder hinter sich herzieht, einem schwäbisch eifrigen Kanzler Kiesinger, der trotz des Schahbesuchs auf Sauberkeit in Stadt und Land hält, einem zunächst als ehernes Monument erscheinendem Willy Brandt, das dann mehr und mehr zerbröckelt. Er begegnet dem „Macher“ Helmut Schmidt in preußischer Uniform, einem Kanzler Schroeder in napoleonischem Imperatorenoutfit, Kanzler Kohl als Birne und schließlich einer Kanzlerin, die sich unter der Devise „Wir schaffen das“ als Gewichtheberin völlig verhebt.

Zeiten und Bilder rollen da vergnüglich ab, von Witz und Zeitkritik begleitet.

Bis zum 10. Mai 2020, Haus der Geschichte, Museumsmeile, dienstags bis freitags von 9 bis 19 Uhr, samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr.

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