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100 Tage nach der FlutEin Besuch in den drei größten Spendenlagern in der Region

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In der Alten Kirche am Odendorfer Zehnthof arbeitet Marion Faßbender im Spendenlager mit.

In der Alten Kirche am Odendorfer Zehnthof arbeitet Marion Faßbender im Spendenlager mit.

Rheinbach/Swisttal/Meckenheim – Auch 100 Tage nach der verheerenden Flutkatastrophe in der Nacht zum 15. Juli werden nach wie vor Spenden in den Spendenlagern der Region angenommen.

„Wir können eigentlich alles gebrauchen – bis auf Textilien“, sagt sowohl Marion Faßbender, die sich in der Alten Kirche in Odendorf und im benachbarten Pfarramt am Zehnthof um das Spendenlager kümmert, als auch Eva Niemann vom Spendenzentrum in der Rheinbacher Pallottikirche. Der Bedarf an Kleidungsstücken aller Art und jeder Größe sei auf Jahre hinaus gesichert, sogar eine komplette Brautausstattung in Größe 40 ist vorrätig – aber ohne Schuhe.

Haltbares in Dosen und frische Lebensmittel gefragt

Benötigt werden hingegen haltbare Lebensmittel in Dosen sowie verpackte frische Lebensmittel für den täglichen Bedarf. Auch Werkzeuge aller Art von Meißel und Stemmeisen über Schlagbohrer und Stichsägen bis hin zu Bautrocknern und Heizlüftern werden zunehmend gesucht, weil die betroffenen Hausbesitzer nach der Trockenlegung ihrer Gebäude mittlerweile verstärkt in die Sanierung oder den Wiederaufbau einsteigen. Zurzeit werden auch Elektroheizungen gesucht, gerne auch zum Ausleihen über den Winter.

Rheinbach In der mittlerweile profanierten Pallottikirche ist eine kleine Shopping-Mall entstanden, denn die etwa 30 ehrenamtlichen Helfer haben den verschiedenen Produktkategorien jeweils eigene Bereiche in der Kirche zugeteilt. So gibt es Lebensmittel gleich rechts neben dem Eingang, im Kinderland weiter hinten ist alles von Malbüchern über Gesellschaftsspiele bis hin zu Kindersitzen und Kinderwagen zu finden. An der Wand warten Hunderte von Plüschtieren auf neue kleine Besitzer. Besonders stolz ist das Pallotti-Helfer-Team auf den „Drogeriemarkt“ in der ehemaligen Sakristei. Und als überraschend eine ganze Palette Waschmittel angeliefert wurde, sprach sich das in Windeseile herum, so dass noch am selben Abend alle Pakete verteilt waren.

In der Haushaltswarenabteilung direkt davor gibt es alles, was in einer Küche und im Esszimmer gebraucht wird. Hier können sich Flutopfer nicht nur Teller, Tassen und Pfannen aussuchen, sondern auch Kaffeemaschinen, Eierkocher, Toaster und sonstiges Küchengerät. Den größten Raum in der Mitte der Kirche aber nimmt die Kleiderabteilung ein.

Weil für eine solch große „Shopping Mall“ aber auch relativ viel Aufsichts- und Ausgabepersonal benötigt wird, hat das Spendenlager in der Pallottikirche seine Öffnungszeiten deutlich eingeschränkt. Mittlerweile ist nur noch freitags von 16 bis 18.30 Uhr und samstags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. „Mehr schaffen wir einfach nicht mit unserem ehrenamtlichen Helferteam“, erklärt Georg Schragen. Schließlich müsse immer ein Dutzend Helfer vor Ort sein, um in dem weitläufigen Gebäude stets einen Ansprechpartner zu haben und auch zu kontrollieren, dass die Spenden an die richtigen Leute ausgegeben werden. „Wir geben nur noch an Personen aus, die eine offizielle Flutopferbescheinigung vorweisen können. In der Vergangenheit wurde unser kostenloses Angebot leider auch von vielen Trittbrettfahrern ausgenutzt“, bedauert Schragen. Immerhin sorgen die eingeschränkten Öffnungszeiten aber dafür, dass hier stets rege Betriebsamkeit herrscht, und bevor die Türen sich öffnen, bilden sich oft schon lange Schlangen.

Swisttal Auch in Odendorf ist die Nachfrage nach Sachspenden ungebrochen, bestätigen Marion Faßbender und Sigrid Arabin-Möhrer, die sich zusammen mit einem „großartigen Team“, wie sie sagen, ehrenamtlich um das zweigeteilte Spendenlager kümmern. In der Alten Kirche sind fast ausschließlich Textilien gehortet, auch hier werden keine weiteren Kleidungsstücke mehr angenommen. Auf der anderen Straßenseite im Pfarramt ist hingegen ein buntes Sammelsurium an Dingen zu finden für alle Lebenslagen und jeden Geschmack. Die Spendenbereitschaft ist nach wie vor sehr groß, auch hier wird alles an haltbaren Lebensmitteln, Hygieneartikeln und Desinfektionssprays gerne angenommen. Auf dem Innenhof ist sogar ein kleiner Fuhrpark für den Nachwuchs zu finden, hier gibt es Dreiräder und Fahrrädchen, Mini-Trecker mit Anhänger und Kettcars. In Odendorf nehmen es die Verantwortlichen allerdings nicht so genau mit der Flutopferbescheinigung, hier können auch nichtbetroffene Personen etwas von den Spenden erhalten – dann aber gegen eine kleine Geldspende, mit der wiederum den Flutopfern finanziell unter die Arme gegriffen wird. Geöffnet ist das Spendenzentrum am Zehnthof in Odendorf montags, donnerstags, freitags und samstags jeweils von 11 bis 15 Uhr, dienstags, mittwochs und sonntags ist es geschlossen.

Meckenheim Bei der privaten Initiative „Meckenheim hilft“ sind aktuell haltbare Lebensmittel, Putz- und Waschmittel sowie Hygieneartikel gefragt, zählte die Ehrenamtlerin Dr. Brigitte Kuchta im Gespräch auf und fügt hinzu: „Alles, was die von Flut und Hochwasser betroffenen Menschen gerade nicht für Essen ausgeben müssen, entlastet das Budget und kann in dringend anstehende Reparaturen fließen.“ Und da viele Küchen gerade noch nicht fertig seien, sei eine Dose „eine schnelle Lösung“. Gemeinsam mit dem Meckenheimer Unternehmer Stefan Pohl hatte die engagierte Bürgerin gleich nach der Katastrophennacht Unterstützung organisiert – und war dabei in der Bevölkerung auf eine riesige Welle der Solidarität gestoßen.

Pohl, der bis zum Umzug des Lagers in eine große Halle an der Buschstraße zunächst Teile seiner Büroräume im Industriegebiet zur Verfügung gestellt hatte, hatte bereits im Juli auf die gewaltige Spendenbereitschaft hingewiesen und betont: „Unsere Lager sind prall gefüllt.“ Wie viele Hilfsgüter bis heute an die Opfer von Flut und Starkregen ausgegeben worden sind, können die Organisatoren nicht beziffern. Es seien „riesige Mengen an Lebens-, Putz- und Waschmitteln, Desinfektionsmittel, Windeln, Toilettenpapier sowie Lebensmittel“ gewesen, erklärte Brigitte Kuchta: „Am Anfang hatten wir einmal so viele Nudeln, dass ich dachte, dass wir die nie wegkriegen“. War aber kein Problem.

Die Boxen in Industriegröße tauschten die Helfer mit den Meckenheimer Maltesern gegen kleinere Päckchen. Diese Tüten können Privatleute besser abholen und sie lassen sich auch besser in den Flutgebieten verteilen. Auch ein 25-Kilogramm schwerer Sack Mehl sei den Maltesern überlassen worden. Eine „Riesenspende“ von in Dreierpacks gebundenen Söckchen wurde ebenfalls aufgeteilt. Besonders wichtig bei der Organisation der Hilfe sei die Vernetzung, stellte die Koordinatorin Kuchta fest, denn was für den einen zu viel sei, könnte der andere gebrauchen. Momentan versorgen rund 40 Meckenheimer Helfer die Region bis hin zur Ahr, darunter beispielsweise eine Verteilstelle in der Alten Schule in Walporzheim. Auch die Betreiber eines kleinen Flutladens in Altenburg holen sich regelmäßig Güter in kleineren Mengen ab. Bereits Anfang August zog „Meckenheim hilft“ vom Hambuch in die Buschstraße und dort in ein ehemaliges Lager der Firma Eaton. In der Halle 3A stehen den Helfern auf rund 10 000 Quadratmetern Hochregale zur Verfügung. „Viele sind erstaunt, wie groß das bei uns ist.“

Wegen eines technischen Defekts hatte das Lager schließen müssen, ab dem heutigen Donnerstag ist jedoch wieder geöffnet und die Helfer stehen zu den gewohnten Öffnungszeiten zur Verfügung. Diese sind montags und samstags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags, 14 bis 18 Uhr. Die Adresse: „Meckenheim hilft“, Buschstraße 13, Verladerampe 22, Halle 3A. Hotline montags bis samstags, 10 bis 14 Uhr: (0 22 25) 99 89 477.

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