Der lange Weg zum Bio-HofBurg Ramelshoven stellt die Rinderhaltung um

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Seit zehn Jahren ziehen Peter und Meike Frizen nur hornlose Rinder auf. 

Seit zehn Jahren ziehen Peter und Meike Frizen nur hornlose Rinder auf. 

Alfter-Impekoven – Ohne den Begriff „Bio“ lassen sich landwirtschaftliche Produkte kaum noch vermarkten. Das haben Meike (34) und Peter Frizen (32) von Burg Ramelshoven in Impekoven schnell eingesehen. Ohnehin fand sich Peter Frizen nie dazu berufen, Dinge zu organisieren. Er wollte viel lieber mit Tieren arbeiten. Darum stellt das Paar, das sich 2009 in Bonn beim Studium fand, gerade seinen Traditionsbetrieb auf Bio-Viehhaltung um.

Die Frizens leben schon seit 1880 in dem Haus, das gemäß der Inschrift über der Haupttür im Jahr 1665 erbaut und seitdem wohl wunschgemäß vom Heiligen Donatus vor Blitz und Feuersbrunst beschützt wird. „Dem Alter entsprechend groß sind auch die Ritzen. Alles hat eine Kehrseite“, sagt Frizen, der zur Freude seines Vaters Johannes mit gutem Blick für das Hier und Jetzt die Tradition seiner Familie fortsetzt. Allerdings hat er dazu nach Lehre und Studium zu Hause zuerst den Obstanbau abgeschafft und ganz seinem Schwager überlassen, der mit ihm Tür an Tür wohnt. „Für den Obstbau ist man sehr auf Saisonarbeitskräfte angewiesen und kommt nicht ohne Hofladen und Stand auf dem Markt aus.“

Umstellung

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Monate dauert die Umstellung eines konventionellen Landwirtschaftsbetriebs auf einen Bio-Hof. In diese Zeit können „Umstellungsprodukte“ vermarktet werden, die aber noch Spuren der vorigen Bewirtschaftungsart tragen dürfen. Außerdem darf ein Teil der Produkte zugekauft werden.

Ein Bio-Hof muss die biologische Herstellung umfangreich dokumentieren. Bei Rinderhaltung muss auch der Schlachter bio-zertifiziert sein. (mfr)

Die Liebe zu den Tieren ist nicht nur an den rund 90, meist hornlos gezüchteten Rindern zu sehen, sondern auch am „Ziergeflügel“ hinterm Haus am wunderschönen, großen Teich. Die beiden Hausgänse sind bereits acht Jahre alt und haben Gesellschaft von zwei ausgewilderten Pekingenten. „Die sind erst dieses Jahr geboren. Aber sie müssen sich selbst gegen den Fuchs verteidigen“, sagt Peter Frizen. Er ist kein Romantiker, wenn es um Tiere geht, aber er lässt sich von ihrer Aura einfangen. So kennt er jede Kuh mit Namen, hat jeden Stammbaum im Kopf und auch alle Ohrmarkennummern zu jedem Tier.

Lieblingskuh heißt Magdalena

„Magdalena“, geboren im März 2012, hat er besonders gern. „Sie hat eine unglaublich ausgeglichene Art und ist die Beschützerin der Schwachen“, rühmt Fritzen sie. Die Eltern von Magdalena sind freilich längst aufgegessen. So geht es jeder Kuh hier, die keine Kälber mehr tragen kann. Gerade hat Magdalena aber ein Kalb, das noch ein oder zwei Monate bei ihr bleiben wird, und sie ist auch schon wieder tragend, so dass es im nächsten Frühjahr erneut Nachwuchs von ihr geben wird. „Solange sie kalbt, hat sie hier eine Daseinsberechtigung“, sagt der Bauer und verwiest auf „Nadu“, die 2006 geboren ist, und jedes Jahr diese Grundregel erfüllt. Steaks von alten Kühen schmecken übrigens genau so gut wie die von jungen, weiß Peter Frizen.

Zwei sehr ähnliche Rinderrassen leben auf dem Hof: Limousin und Blonde d'Aquitaine. Letztere hat der Vater bei seinen Reisen nach Südfrankreich entdeckt, und der Junior bewundert sie wegen ihrer Ausstrahlung. „Sie haben eine besondere Eleganz beim Laufen, etwas, das man nicht in der Größe und Form der Keulen messen kann. Zudem sind die Blonden etwas magerer vom Fleisch her, haben also eine geringere Fettauflage“, schwärmt Peter Frizen. Dafür nimmt er gern in Kauf, dass sie schon von Natur aus langsamer wachsen (24 statt 20 Monate) und nun im Bio-Betrieb auch kein Kraftfutter erhalten. „Solches Futter gäbe es zwar auch in Bio-Qualität, aber wir erzeugen hier unser eigenes, ganz normales Futter von unseren Wiesen.“

40 Hektar hat der Hof, meist eigener Besitz, und die sind auf gut 30 verschiedene Parzellen verteilt. Also einiges an Aufwand, um das „Weidetagebuch“ zu führen. Die Anforderung von zehn Quadratmetern Stall und 30 Quadratmetern Weide je Zuchtbullen wird hier weit übererfüllt. Stress erleben die Tiere nur zweimal in ihrem Leben: Beim Verladen für die Fahrt zum Schlachter und beim Ausladen dort. „Auf der Fahrt entspannen sie, aber eine neue Umgebung ist immer stressig“, sagt Frizen. Er sorgt dafür, dass immer zwei zusammen reisen. „Rinder sind Herdentiere. Alleine fühlen sie sich unwohl.“ Er sucht derzeit eine EU-Gesetz-konforme Möglichkeit, auf dem Hof zu schlachten. „Einen Kühlanhänger habe ich. Vielleicht geht es per Schlachtbox.“

Zwischen 6 und 7 Uhr stehen die Landwirte auf, und sie haben auch noch einen anderen Beruf: Sie bei einer Stiftung, er als Landwirtschaftslehrer. Zweimal am Tag werden die Tiere gefüttert. „Das ist automatisch die Kontrolle. Wer nicht zum Fressen kommt, dem fehlt etwas“, sagt Frizen. Dreimal in der Woche gibt es im Stall eine frische Strohmatratze. Ansonsten verlangt jeder Tag andere Tätigkeiten. „Das macht dieses Leben so charmant“, findet Peter Frizen. Die Tiere danken es mit Gesundheit Sie sehen den Tierarzt nur für den Pflichttermin einmal im Jahr. Jede Kuh, die geht, wird zudem untersucht, dass sie nicht unerkannt tragend ist. Wer Fleisch vom Hof kaufen will, findet es beim Naturhof Wolfsberg in Witterschlick. „Da gehen wir auch kaufen“, sagen die Frizens.

www.burg-ramelshoven.de

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