HaushaltsschockAlfter droht Rückfall in die Haushaltssicherung

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Am Herrenwingert sind die Aufzugstürme schon sichtbar.

Alfter – Bürgermeister Rolf Schumacher (CDU) sprach von einer „Schreckensnachricht“.  Kämmerer Nico Heinrich musste sie am Donnerstagabend dem Alfterer Rat überbringen, denn sie betrifft die aktuelle Haushaltssituation: „Die Gefahr ist groß, dass wir wieder in die Haushaltssicherung zurückfallen. Wir werden Konsolidierungspläne in den Doppelhaushalt für 2023/2024 einbringen.“ Laut Schumacher ist es daher nicht zu schaffen, den Etat wie geplant im Dezember zu verabschieden. Der Bürgermeister geht von Januar aus.

Angesichts der steigenden Mehrbelastungen für die Bürger durch den Ukrainekrieg und die Energiekrise sei „nun keine Zeit für Steuererhöhungen“, betonte Schumacher. Kämmerer Heinrich appellierte an die Politiker: „Wir müssen alles auf den Prüfstand stellen. Wir brauchen Mut.“ Dies gelte vor allem für freiwillige Ausgaben, um die Finanzierung der notwendigen Infrastruktur zu sichern.

Nach vielen Jahren in der Haushaltssicherung gelang es der Gemeinde mit dem Doppelhaushalt 2021/2022 endlich einen ausgeglichenen Etat darzustellen. Prognosen sahen dies auch für die kommenden zwei Jahre vor. Doch nun befinde sich die Gemeinde „in schwersten Gewässern“, wie Schumacher sagte. Es komme vieles zusammen.

Nico Heinrich sprach von einer „dramatischen Lage“, die „das bisherige Maß bei weitem übertrifft, wir gehen in eine Rezession“.  Daher müssten dringend finanzielle Reserven schaffen. Der ein oder andere Rechentrick sei vielleicht noch anzuwenden, so Heinrich, doch das könne nur zu minimalen Entlastungen führen. Der Kämmerer hatte nur „rudimentäre“ Zahlen vorzuweisen, die „auf ersten Prognosen“ beruhten. Demnach verringerten sich die ordentlichen Erträge der Gemeinde 2022  um rund 2,7 Millionen Euro auf 46 Millionen Euro – trotz eines höheren Gewerbesteueraufkommens von etwa 6,4 Millionen Euro (Stand 31. August).

Die Mindererträge beruhen unter anderem auf gestiegene Kosten für die Unterbringung von  Geflüchteten und höhere Personalkosten. Der Kämmerer kritisiert die um etwa 20 Prozent angehobene Kreisumlage. Dagegen werde sich die Gemeinde wehren, so Heinrich. In  einem Schreiben an Landrat Sebastian Schuster (CDU) schreibt der Kämmerer: „Dies wird die Haushalte der umlagepflichtigen Kommunen überfordern. In fast allen Kommunen des Kreises droht die neuerliche Aufstellung von Haushaltssicherungskonzepten und damit einhergehende Restriktionen bei der Aufgabenerfüllung.“

Die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie, die ursprünglich bis 2025 isoliert vom Gemeindehaushalt aufgelistet werden hätten durften, sollen gemäß einer neuen Bestimmung nun doch nur bis 2023 nicht in die Rechnung einfließen. Dadurch werde die Haushaltslage noch einmal deutlich verschärft, so Heinrich. Wie hoch die Belastungen durch diese neue Regelung ausfallen, hatte der Kämmerer jedoch noch nicht berechnet.

ISEK samt Schlosspark betroffen

Eigentlich sollte im Zuge des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (ISEK) 2023 mit dem Umbau des Schlossparks begonnen werden. Doch daraus wird möglicherweise erst einmal nichts. Die Planungen könnten um ein Jahr verschoben werden. Grund sind die explodierenden Kosten für den Bau der neuen Kultur- und Sporthalle (KSH) am Herrenwingerrt. Aufgrund der allgemeinen Krisensituation schießen diese um 3,7 Millionen Euro in die Höhe. Bislang waren die Baukosten auf knapp acht Millionen Euro veranschlagt, von denen das Land 70 Prozent förderte.

„Das Ende der Kostensteigerungen ist noch nicht abzusehen“, erklärte René Nürnberger von der DSK Stadt- und Regionalplanung am Dienstag im Gemeindeentwicklungsausschuss. Daher wird die Gemeinde nun auf Empfehlung Nürnbergers für das kommende Jahr im Rahmen des ISEKs nur Fördergelder für die Gestaltung der Außenanlagen beantragen und nicht die weiteren Fördergelder für die geplante Neugestaltung des Schlossparks und für den Abriss der maroden Turnhalle der Anna-Schule. Stattdessen soll ein Antrag zur Förderung für die Mehrkosten gestellt werden.

Die Ausschussmitglieder sprachen sich dafür aus, bei der Bauausführung noch einmal Einsparungsmöglichkeiten zu prüfen. Eventuell müsste laut der Ausschussvorsitzenden Luise Wiechert (CDU) hier und da auf günstigere Baumaterialien zurückgegriffen werden. Auf jeden Fall soll es weiterhin auf dem Dach der neuen Mehrzweckhalle die geplante Bolz- und Spielfläche geben und die alte, marode Turnhalle der Anna-Schule wird wie geplant abgerissen, auch wenn dafür noch keine Fördergelder fließen. Laut Wiechert liegen die Arbeiten nach wie vor im Zeitplan, so dass die Gemeinde weiterhin davon ausgeht, dass die Halle Ende 2023 stehen wird. Eine Möglichkeit, die Umgestaltung des Schlossparks doch noch 2023 in Angriff zu nehmen gibt es eventuell.

Auf Vorschlag Nürnbergers wird die Gemeinde Gelder aus dem Bundesförderprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ beantragen. Der Antrag dafür muss bis zum 15. Oktober beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung eingereicht werden. Sollte die Gemeinde die Zusage erhalten, wird das mit 1,5 Millionen Euro veranschlagte Projekt sogar mit 85 Prozent  – bei ISEK bloß mit 70 Prozent – gefördert. Die Gemeinde könnte damit rund 150 000 Euro an Eigenkapital einsparen. Sollte der Antrag scheitern, wird die Gemeinde für die Neugestaltung des Schlossparks die ISEK-Förderung für 2024 beantragen.

Für alle Punkte gab es einen einstimmigen Beschluss – wie schon in der Vorberatung.

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