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Serie „Alfter im Wandel“Wie sich die Alanus Hochschule entwickelt hat

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Campus II mit Neubauten und Studenten (Foto: Böschemeyer)

Campus II mit Neubauten und Studenten (Foto: Böschemeyer)

Alfter – Verglichen mit dem Schloss, der Kirche oder so manchem alten Bauernhaus hat die Alanus Hochschule in Alfter eine junge Geschichte. Doch sie ist sowohl mit ihrer Bedeutung für Alfter, die hier lebenden und studierenden Menschen als auch für ihre architektonische Entwicklung beachtenswert. Dabei ging es ganz klein und auch recht ungewöhnlich los.

Gerne hätte sich Alfters frühere Bürgermeisterin Bärbel Steinkemper (CDU) dem feierlichen Anlass entsprechend einige Sonnenstrahlen gewünscht. Doch am 10. April 2008 zeigte sich das Wetter eher von seiner launigen Seite. Entsprechend zugig war es an jenem Donnerstag bei dem Pressetermin, für den ein außergewöhnlicher Ort gewählt worden war, der sicherlich auch untypisch für einen solch feierlichen Anlass ist: Das Zelt eines kleinen Wanderzirkus, der zu dieser Zeit an der Bonn-Brühler Straße gastierte.

An jenem Tag wurde Alfterer Hochschul-Geschichte geschrieben. In der Manege des kleinen Zirkus hatten sich neben der damaligen Bürgermeisterin Bärbel Steinkemper (CDU) auch Uta Gräfin Strachwitz (CDU) als Vize-Landrätin, Professor Dr. Marcelo da Veiga als Gründungsrektor der anerkannten Hochschule, Werner Zidek als Hochschul-Kanzler und – ganz wichtig – Horst Philipp Bauer versammelt.

Bauer vertrat als Vorstand die Software AG und somit den Sponsor. Vom Zirkuszelt ging es nach der Konferenz auf eine matschige Brachfläche. Dort im Nichts fand der eigentliche, feierliche Akt statt, der gemeinsame erste Spatenstich, ohne den kein Bau auskommt. So setzten die Genannten die Spaten für den Baustart eines zweiten Standorts der Alfterer Kunsthochschule an. Gut ein Jahr später gab es dann einen doch wesentlich größeren Festakt. Der moderne Campus II war fertig und die Eröffnungsfeier stilgerecht.

Mist lag in den Ställen

1973 fing alles viel weniger mondän an. Auf einem alten Bauerngut, dem Johannishof oberhalb von Alfter. Zunächst weitgehend unbeachtet von den Bürgern, der Verwaltung, der Politik und sogar von den Medien gründeten rund 30 Studierende und sechs Dozenten eine kleine, private Kunstakademie. Die Bedeutung dieser Gründung sei damals für die Gemeinde Alfter nicht absehbar gewesen, heißt es in der Broschüre „Umbrüche – Alte und neue Architektur in Alfter“ Anfang 2020, herausgegeben vom Förderverein „Haus der Alfterer Geschichte“.

„Am Anfang stand die Herkulesaufgabe, den heruntergekommenen Hof, der Überlieferung nach ein mittelalterlicher Hof der Templer, bevor er an die Johanniter ging, zu einem Ort der Lehre zu machen“, heißt es in der Broschüre. Der einstige Kuhstall wurde zur Mensa, im ehemaligen Schweinestall wurde gekocht, eine riesige Scheune zum Festsaal, im einstigen Traktorenraum waren die Bildhauer und in der Räucherkammer Malerateliers untergebracht.

Der frühere Alfterer Architekturdozent Peter Ferger schreibt hierzu in der Publikation „Alanus Hochschule, Der Gründungsimpuls“: „Noch lag der Mist in den Ställen“ und „So begann der Umbau damit, dass drei zukünftige Dozenten im Kuhstall, der die Mensa werden sollte, erst einmal die Futtertröge wegstemmten.“ Vor allem junge Leute kamen vorbei, versprengte 68er auf der Suche – um Studenten zu werden.“

Die Hochschule oben auf dem Berg wuchs zusehends. Neue Räume im Hof wurden gebaut und ausgebaut. Bereits fünf Jahre nach dem Beginn, im Jahr 1978, waren 146 Studenten eingeschrieben.

Als im selben Jahr Alanus in das Schloss Alfter einzog und dort auch Wohnungen für Studenten mietete, rückte die Hochschule stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung. Mehre Ausbau- und Erweiterungsphasen folgten. So kam in den 80er Jahren die Architekturausbildung hinzu. Nach dem Abzug der Regierung aus Bonn wurde eine strukturelle Neuausrichtung von Alanus notwendig: „Die kulturelle, bildungspolitische und wirtschaftliche Dimension der Hochschule rückte in den Mittelpunkt des Interesses“, heißt es in dem Heft „Umbrüche“.

Unter Federführung des Gründungsrektors da Veiga wurde die Bildungsstätte 2002 schließlich staatlich als Hochschule anerkannt. Durch Fördermittel des Bundes konnte die Einrichtung ab 2003 erweitert werden, und zwar um das Werkhaus Alanus für Weiterbildung sowie um Seminare und Malerateliers und einen Begegnungssaal, dem Glashaus.

Alanus

Der Namenspatron der Alfterer Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft ist der französische Scholastiker, Dichter und Zisterziensermönch Alanus ab Insulis. Alanus wurde um das Jahr 1120 in Lille, in der Grafschaft Flandern im heutigen Frankreich, geboren. Er ist im Jahr 1202 im französischen Citeaux gestorben. Zunächst studierte Alanus die „sieben freien Künste“, später Theologie. Lehre und Forschung von Alanus stehen ganz in der Tradition des Begründers der Anthroposophie von Rudolf Steiner (1861–1925). Steiner soll Alanus als früheren Wegbereiter der Anthroposophie gesehen haben. (fes)

Vor einigen Jahren eröffnete auf dem Campus I zudem das Hoftheater, in dem Schauspielstudenten ihre Theateraufführungen präsentieren.

Doch die Kapazitäten reichten schon bald nicht mehr aus. Zudem sollte die Alanus Hochschule mit weiteren Studiengängen eine neue Ausrichtung erfahren. Der Bau eines zweiten Standortes wurde forciert. Und so ging es tatsächlich schnell: Seit 2009 steht auf einem gut 25 000 Quadratmeter großen Areal an der Villestraße/Buschdorfer Weg der neue Campus. Er ist nach modernsten, energetischen Standards in Holz-Systembauweise gebaut worden – oder wie es vom Haus der Alfterer Geschichte dazu heißt: „Statt Landgut-Idylle am Waldrand mit Blick über das Rheintal und auf das Siebengebirge wurden nun moderne Bauten im Tal am Rande des Gewerbegebietes errichtet. Welch ein Umbruch.“

Ein Wohnheim entsteht

Mit dem Campus-Neubau hat sich die Zahl der Studenten von rund 800 auf derzeit etwa 1600 verdoppelt. Das Ausbildungsangebot wurde erweitert und angepasst. Sind bis heute auf dem Johannishof die Fachbereiche der Künste, der Schauspielerei oder – bundesweit einzigartig – Eurythmie beheimatet, heißt es in der Ebene „Wirtschaft neu denken.“ Hier werden in Studiengängen wie Betriebswirtschaftslehre, Pädagogik, Architektur oder Kunsttherapie anthroposophische und künstlerische Inhalte mit modernen wirtschaftlichen Aspekten kombiniert.

Der architektonische Umbruch ist noch längst nicht abgeschlossen. Die Rohbauten gegenüber dem Campus II stehen bereits. Zum Wintersemester 2021/22 sollen dort die ersten jungen Leute ihre Apartments in dem neuen Studentenwohnheim beziehen können. 122 Studierende werden dann hier wohnen können.

Im vergangenen Herbst hatten der amtierende Rektor der Alanus Hochschule, Professor Dr. Hans-Joachim Pieper, gemeinsam mit dem Alfterer Bürgermeister Rolf Schumacher (CDU), dem CDU-Landtagsabgeordneten Oliver Krauß sowie dem Investorenpaar Sabine und Erich Schütz zum ersten Spatenstich für das Projekt angesetzt. Pieper sprach dabei von „einem weiteren Baustein für Alfter als geistige Metropole in der Region.“

Das Heft „Umbrüche – Alte und neue Architektur in Alfter“ gibt es beim Förderverein „Haus der Alfterer Geschichte“ für vier Euro über Bärbel Steinkemper, Ruf (0 22 22) 5225, E-Mail: subs-alfter@gmx.de oder kontakt@hdag.info.

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