AusstellungFürst lud die Kunst ins Schloss

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abstrakter Kunst der Donnerstag-Gesellschaft lud dieser Einband zu einer ersten Retrospektive.

abstrakter Kunst der Donnerstag-Gesellschaft lud dieser Einband zu einer ersten Retrospektive.

Alfter – Malerei, Holzschnitte, Gedichte – Kunst im Mittelpunkt einer Ausstellung im Haus der Alfterer Geschichte? Genau – denn ein ebenso kurzer wie bedeutsamer Abschnitt der deutschen Kunstgeschichte spielte sich 1947 bis 1950 mitten in Alfter ab, genauer mitten im damaligen Ort Alfter, nämlich auf dem Schloss: die Donnerstag-Gesellschaft.

Der Name hilft nicht viel weiter, sein Zustandekommen ist unklar, wenn nicht sogar strittig – „wohl weil sie nie donnerstags tagte“, mutmaßte einer der Zeitzeugen augenzwinkernd. Noch ziemlich am Anfang der sechs Monate zuvor gegründeten Donnerstag-Gesellschaft gab es am 20. Juli 1947 den „Tag der abstrakten Kunst“ auf dem Schloss Alfter. Und das war nicht weniger als die erste Ausstellung abstrakter Kunst im Nachkriegs-Deutschland; mehr als ein Jahrzehnt, nachdem das kulturelle Denkvermögen der Nazis in ihren Demonstrationen von „entarteter Kunst“ gipfelte.

„Schloss Alfter war nicht nur zum Treffpunkt namhafter Maler und Literaten geworden,“ urteilte Bürgermeisterin Bärbel Steinkemper 50 Jahre später, als 1997 eine Rekonstruktion der Premiere von 1947 versucht werden sollte, in ihrem Grußwort, „sondern wurde zum Impulsgeber einer neuen Epoche.“ Heute gehört Steinkemper zum aktiven Kreis des Fördervereins Haus der Geschichte Alfter um „de Bürjermeester“, Ortsvorsteher Werner Jaroch, der sich für die Ausstellung zur Erinnerung an die Alfterer Donnerstag-Gesellschaft der Unterstützung vieler engagierter Mitstreiter versichert hatte – darunter auch des Fritz-Norbert Böhme, der 1997 der Vorsitzende des Kulturkreises Alfter war.

Das malerische „Kleeblatt der abstrakten Malerei im Vorgebirge“ (nach Heribert Dietz), nämlich Hubert Berke, Joseph Fassbender und Hann Trier, stand 1947 auf der Alfterer Künstlerseite im Mittelpunkt; Berke und seine Frau etwa residierten in Stall- und Lagerräumen des Gasthofs „Krone“, die zu ihrem „Wohnatelier“ wurden.

Auf der anderen Seite als Förderer und Möglichmacher stand der Schlossherr, Franz Josef Fürst und Altgraf zu Salm-Reifferscheidt. Der kunstsinnige Adlige hatte schon die Auslagerung der Bestände des Kölner Schnütgen-Museums während der Kriegsjahre in Schloss Alfter ermöglicht, er fand Kontakt und begeisterte sich für die Kunstprojekte der vielen hungernden Maler, Dichter, Denker und Musiker, die sich nach dem Kriegsende in und um Alfter zusammenfanden. Auch Fürst Salm-Reifferscheidt gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Donnerstag-Gesellschaft am 13. Februar 1947.

Soweit wenige Facetten aus der Vorgeschichte der Ausstellung, die am kommenden Sonntag, 4. Mai, um 10.30 Uhr im Haus der Alfterer Geschichte eröffnet wird. Neben der Ausstellung selbst ist es ein Verdienst der Aktiven im Förderverein, dass sie zur Ausstellungseröffnung einen anschaulichen Werke-Querschnitt zusammengetragen haben und noch erreichbare Zeitzeugen und Nachkommen der Künstler der Donnerstag-Gesellschaft einladen konnten. Die Initiatoren verstehen ihre Ausstellung auch als Einladung zum Austausch und zur gemeinsamen Weiter-Erforschung und -Rekonstruktion der 1947 bis 1950 maßgeblichen Personen und Werke.

Unter den Mitstreitern und Gästen der Donnerstag-Gesellschaft damals finden sich in den Annalen Namen, die auch heute noch im (Kunst- und) Geschichtsunterricht der Jüngeren auftauchen sollten, darunter etwa die bildenden Künstler Gerhard Marcks, Ewald Mataré und Georg Meistermann, die Literaten Elisabeth Langgässer und Rudolf Hagelstange, aus der Politik der jungen (Bonner) Republik Carlo Schmid (SPD), der Publizist Werner Höfer (später ARD-„Frühschoppen“-Gastgeber) und viele Überraschungen mehr.

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