BürgerentscheidBürger stimmen gegen Wasserlandbad in Bonn

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Rolf Beu (Grüne) und Klaus-Peter Gilles (CDU v.l.)

Rolf Beu (Grüne) und Klaus-Peter Gilles (CDU v.l.)

Bonn – Als Ashok Sridharan am Samstag um kurz nach halb drei den Ratssaal im Bonner Stadthaus betrat, wirkte er aufgeräumt und nicht besonders aufgewühlt. „Wo hätten Sie mich denn gerne?“, fragte der Oberbürgermeister routiniert die Pressefotografen und ließ sich bereitwillig genau vor der Leinwand postieren, auf der in Groß die Zahlen standen, die gerade auch für den OB selbst eine Niederlage bedeuten: 52 Prozent der Bonner haben bei einem Bürgerentscheid der Idee eine Absage erteilt, für 60 Millionen Euro ein neues Hallenbad in Dottendorf zu bauen. 48 Prozent derjenigen, die sich an der Briefwahl beteiligten, haben mit Nein votiert, also für das neue Schwimmbad.

In Zahlen heißt das: 54.932 Bonner haben die Frage „Soll der Neubau eines Schwimmbades in Bonn-Dottendorf gestoppt werden?“ mit Ja beantwortet, 50.833 kreuzten ein „Nein“ an (siehe auch Abstimmung). Von den 247.437 Abstimmungsberechtigen machten 42,3 Prozent mit – für einen Bürgerentscheid eine relativ hohe Wahlbeteiligung.

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„Es ist eine Entscheidung, mit der wir umzugehen haben“, sagte der OB im Ratssaal, nachdem die Fotos geschossen waren und kündigte an, dass sich der Stadtrat schon nach der Sommerpause mit der neuen Lage befassen müsse. Und natürlich sei er enttäuscht, räumte Sridharan ein. „Ich habe mir eine andere Entscheidung gewünscht.“ Der OB, der ausdrücklich dafür plädierte, das Hardtbergbad und die Beueler Bütt zu sanieren („Das haben wir den Bürgern schon zugesagt“), betonte, in der Bonner Bäderdiskussion gehe jetzt alles zurück auf null. Das sei auch vor dem Entscheid stets so erklärt worden.

Stellungnahmen

Der Stadtsportbund (SSB) zeigte sich „äußerst enttäuscht“ vom Ausgang des Bürgerentscheids. SSB-Chef Michael Scharf fürchtet schwerwiegende Konsequenzen für alle Bonner Schwimmfreunde, die Vereine und die Schulen. Die 20 Jahre andauernde Diskussion verlängere sich um weitere Jahre. Einen Plan B gebe es offenbar nicht. Der Zustand der Bonner Bäder lasse keine Zeit für lange Diskussionen. Für Hardtbergbad, Beueler Bütt und nun auch das Frankenbad, das „völlig veraltet“ sei, müsse viel Geld in die Hand genommen werden. Die Frankenbad-Freunde erklärten, dass nach dem Votum der Erhalt der Schwimmnutzung im Frankenbad „nicht automatisch sichergestellt ist, geschweige denn eine rasche denkmalgerechte Sanierung oder gar ein zeitgemäßer Ausbau“. Die Parteien, die eine Modernisierung des City-Bades versprochen hatten, müssten als Grundlage für ein neues gesamtstädtisches Bäderkonzept realistische Konzepte fürs Frankenbad vorlegen. (csc)

Als gegen 12 Uhr am Samstag im Ratssaal das Abstimmungsergebnis aus der Inneren Nordstadt – einer von 33 Abstimmungsbezirken – auf der Leinwand erschien, in der fast 74 Prozent der Bürger mit Ja und damit gegen das Projekt Wasserland gestimmt hatten, brandete zum ersten Mal Applaus von den Zuschauerplätzen auf. Als Kämmerin Margarete Heidler zweieinhalb Stunden später das vorläufige Endergebnis mit 52 Prozent Ja-Stimmen verkündete, brach Jubel aus und die Initiatoren des Entscheids klatschten rhythmisch.

Hans-Peter Callsen, einer der beiden Vertretungsberechtigten des Bürgerentscheids, sagte, nachdem der OB seine Erklärung vor der Presse beendet hatte, zur Rundschau: Die Wähler hätten sich „klug verhalten“ und eine große Neuverschuldung der Stadt Bonn verhindert. Die Initiativen „Frankenbad bleibt Schwimmbad“ und „Kurfürstenbad bleibt!“, die den Entscheid auf den Weg gebracht hatten, wollten sich in den nun anstehenden neuen Prozess einbringen. Callsen: „Man hätte im Vorfeld mit den Bürgern reden müssen.“ In Bonn könne man jetzt „keine Politik mehr gegen den Bürger machen“.

Axel Bergfeld, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens und des Bürgerentscheids, freute sich naturgemäß über die Mehrheit für einen Stopp des Wasserland-Projekts. Die im Verfahren geführte Debatte hätte „vor einer Entscheidung“ des Bonner Rates für ein Bäderkonzept, das den Neubau des Bades in Dottendorf als Kernelement enthielt, stattfinden müssen. Die inzwischen drei Bürgerbegehren in Bonn – zum Viktoriaviertel, zum Kurfürstenbad und zum Wasserland-Schwimmbad, von denen zwei bis zum Bürgerentscheid geführt haben – zeigen nach Bergfelds Einschätzung, dass es in Bonn „ein hohes Maß an Unzufriedenheit gibt“.

Die politischen Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Die Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP, die im Dezember 2017 mit ihrer Mehrheit das Bäderkonzept beschlossen hatte, das den Neubau im Wasserland, aber eben auch die Schließung des Kurfürstenbads in Bad Godesberg (schon seit 2016 zu) und des Frankenbades in Bonn vorsah, bedauerte, dass sie die Wähler nicht von ihrem Konzept haben überzeugen können: „Wie die Finanzierung der Bäder in der Stadt gesichert und die zukünftige Bäderlandschaft in Bonn aussehen kann, darüber muss der Stadtrat mit der Fachverwaltung angesichts der beiden Bürgervoten (2017 hatte bei einem ersten Bürgerentscheid eine Mehrheit gegen die Sanierung des Kurfürstenbades gestimmt; d.Red.) nun in einen neuen Beratungsprozess eintreten.“ Die Bürger sollten daran „breitmöglichst“ beteiligt werden. Der Beratungsprozess schließe das Hardtbergbad und die Beueler Bütt mit ein. „Denn nur nach der ursprünglichen Rechnung konnten mit den bisherigen finanziellen Mitteln die beiden Bäder saniert werden.“ Gleiches gelte für das Frankenbad, das anderweitig genutzt werden sollte.

SPD-Chef Gabriel Kunze sprach von einer „unmissverständlichen Absage an die Zentralisierungspläne“ bei den Bonner Bädern. Die Bürger seien „klar für den Erhalt unserer dezentralen wohnortnahen Bäder-Infrastruktur“. Er forderte, Hardtbergbad und Beueler Bütt zügig zu sanieren und Bürgerbeteiligungsverfahren zur Umgestaltung des Frankenbades und für einen Neubau des Kurfürstenbades einzuleiten.

Der Bürgerbund Bonn forderte, dass die Sanierung von Kurfürsten- und Frankenband „unverzüglich geplant und umgesetzt wird“. Wie der BBB werten auch die Sozialliberalen im Rat die hohe Beteiligung am Bürgerentscheid als Hinweis darauf, dass die Bonner stärker an politischen Entscheidungen beteiligt werden müssten. Vor allem müsse jetzt verhindert werden, dass ein weiteres Schwimmbad – wie das Kurfürstenbad – wegen Mängel geschlossen werden müsse. Die Allianz für Bonn im Rat und die Linksfraktion begrüßten das Ergebnis ebenfalls.

Nach dem Stopp der Pläne für das neue Wasserland-Bad muss die Stadt jetzt den Bonner Stadtwerken (SWB), die das Schwimmbad bauen und betreiben sollten, alle entstandenen Kosten in Höhe von rund 6,7 Millionen Euro erstatten. Das Grundstück in Dottendorf werde, kündigten die Stadtwerke am Samstag an, nun anders vermarktet. Peter Weckenbrock, Vorsitzender der Geschäftsführung der SWB: „Die baureifen Pläne und Konzepte werden wir nun der Auftraggeberin Stadt Bonn übergeben. Das Kapitel Wasserlandbad wird geschlossen.“

Abstimmung

Die Frage beim Bürgerentscheid lautete: „Soll der Neubau eines Schwimmbades in Bonn-Dottendorf gestoppt werden?“

Das Gesamtergebnis für die Stadt Bonn:

Ja: 52 % (54 932 Stimmen)

Nein: 48 % (50 833 Stimmen)

Abstimmungsberechtigte insgesamt:

247 437

Abstimmende: 106 070

Wahlbeteiligung insgesamt: 42,87 %

Stadtbezirk Bad Godesberg:

Ja: 63 % (16 040 Stimmen)

Nein: 37 % (9325 Stimmen)

Wahlbeteiligung 47 %

Stadtbezirk Beuel:

Ja: 49,7 % (11 146 Stimmen)

Nein: 50,3 % (11 283 Stimmen)

Wahlbeteiligung 42 %

Stadtbezirk Bonn:

Ja: 49 % (23 443 Stimmen)

Nein: 51 % (24 692 Stimmen)

Wahlbeteiligung42 %

Stadtbezirk Hardtberg:

Ja: 44 % (4303 Stimmen)

Nein: 56 % (5533 Stimmen)

Wahlbeteiligung 39 %

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